FeV § 11 Abs. 6 S. 2, Abs. 8 § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c § 46 Abs. 1 S. 1; Anlage 4 zur FeV Nr. 8.1
Leitsatz
Es genügt den formalen Anforderungen des § 11 Abs. 6 S. 2 FeV, in die Begutachtungsanordnung einen Hinweis auf die im Internet verfügbaren Listen der Begutachtungsstellen für Fahreignung auf den Internetseiten der Bundesanstalt für Straßenwesen (www.bast.de) aufzunehmen. Daneben bedarf es keiner Auflistung von im Umkreis des Wohnorts des Betr. gelegenen Begutachtungsstellen.
BayVGH, Beschl. v. 8.8.2018 – 11 CS 18.1494
1 Aus den Gründen:
"[1] I. Der im Jahr 1993 geborene ASt. wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klasse B einschließlich Unterklassen."
[2] Am 16.9.2017 nahm er mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,44 Promille mit einem Fahrrad am öffentlichen Straßenverkehr teil. Das Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr stellte die StA L. am 2.1.2018 nach § 153a Abs. 1 StPO endgültig ein.
[3] Mit Schreiben vom 7.12.2017 forderte das Landratsamt L. (im Folgenden: Landratsamt) den ASt. auf, bis 5.3.2018 ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Es sei u.a. zu klären, ob zu erwarten ist, dass der ASt. zukünftig ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen wird und ob insb. gewährleistet ist, dass das Führen eines Kfz und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum zuverlässig getrennt werden. Beigefügt war eine Liste mit 24 Begutachtungsstellen für Fahreignung. Auf der Liste ist vermerkt, dass auch jede andere Begutachtungsstelle für Fahreignung ausgewählt werden könne, die von der Bundesanstalt für Straßenwesen akkreditiert sei. Auf der Internetseite www.bast.de würden Listen mit aktuellen Begutachtungsstellen gezeigt.
[4] Da der ASt. kein Gutachten vorlegte, entzog ihm das Landratsamt mit Bescheid vom 5.4.2018 die Fahrerlaubnis aller Klassen, forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, den Führerschein innerhalb einer Woche abzugeben und ordnete die sofortige Vollziehung an. Da der ASt. das zu Recht angeordnete Gutachten nicht beigebracht habe, müsse auf seine Ungeeignetheit geschlossen werden. Der ASt. hat den Führerschein am 12.4.2018 abgegeben.
[5] Über den gegen den Bescheid vom 5.4.2018 erhobenen Widerspruch hat die Regierung von Niederbayern nach Aktenlage noch nicht entschieden. Dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das VG Regensburg (Beschl. v. 28.6.2018 – RN 8 S 18.524) hinsichtlich der Pflicht zur Vorlage des Führerscheins stattgegeben, da diesbezüglich das besondere Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs nicht hinreichend begründet worden sei. Im Übrigen hat das VG den Antrag abgelehnt. Die Gutachtensaufforderung sei rechtmäßig und der ASt. habe kein Gutachten vorgelegt. Es sei unbedenklich, dass das Landratsamt nicht alle in Betracht kommenden Untersuchungsstellen in einem bestimmten Umkreis zum Wohnort des Betr. aufgezählt, sondern nur eine Liste mit 24 in Betracht kommenden Stellen beigefügt habe.
[6] Dagegen wendet sich der ASt. mit seiner Beschwerde, der der AG entgegentritt. Der ASt. macht geltend, die Gutachtensaufforderung sei rechtswidrig, da nicht alle Begutachtungsstellen genannt gewesen seien, die für den ASt. in einer zweistündigen Autofahrt erreichbar seien. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 6 S. 2 FeV, wonach die für die Untersuchung in Betracht kommende Stelle oder Stellen angegeben werden müssten. Die beigefügte Liste sei nicht vollständig gewesen. Sieben Begutachtungsstellen in München, Augsburg, Buchloe, Nürnberg und Erlangen seien nicht genannt worden. Eigene Internetrecherchen seien nicht zumutbar, denn es sei nicht erkennbar, ob es sich bei Anbietern im Internet um amtlich anerkannte Begutachtungsstellen handele. (…)
[8] II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der VGH beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 S. 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Entziehungsbescheid rechtswidrig wäre.
[9] Nach § 11 Abs. 8 S. 1 FeV vom 13.12.2010 (BGBl I, S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3.5.2018 (BGBl I, S. 566), darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betr. schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die Anordnung ihrerseits rechtmäßig, insb. anlassbezogen und verhältnismäßig war (st. Rspr., zuletzt BVerwG, Urt. v. 17.11.2016 – 3 C 20.15, NJW 2017, 1765 Rn 19 m.w.N. [= zfs 2017, 474 =]). Da die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens nicht isoliert anfechtbar ist, stellt die Rspr. an sie strenge Anforderungen, die im Falle einer Folgemaßnahme (hier die Entziehung der Fahrerlaubnis) inzident zu prüfen sind.
[10] Zu den Anforderungen an die Beibringungsaufforderung gehört u.a., dass die Behö...