BGB § 823 I; StVG § 7 I
Leitsatz
1) Wird ein Kfz auf einem Förderband in einer Waschstraße bewegt, liegt kein Betrieb des gezogenen Fahrzeuges vor, sodass bei einer Schädigung anderer Fahrzeuge keine Gefährdungshaftung eingreift.
2) Bricht die nichteingefahrene Antenne eines Fahrzeuges in einer Waschstraße ab und beschädigt die abgebrochene Antenne ein folgendes Fahrzeug, ist davon auszugehen, dass die abgebrochene Antenne in dem Waschlappen der Reinigungsanlage aufgefangen worden ist und die Lackschäden am folgenden Fahrzeug verursacht hat.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Dortmund, Urt. v. 14.11.2018 – 21 S 47/18
Sachverhalt
Der Kl. macht Schadensersatz wegen einer Beschädigung seines Kfz in einer Autowaschstraße geltend. Der Kl. behauptet, Lackschäden an seinem Kfz, die nach dem Waschvorgang festgestellt wurden, seien darauf zurückzuführen, dass bei einem davor durchgeführten Waschvorgang des Kfz des Bekl. zu 1), das bei der Bekl. zu 2) haftpflichtversichert war und von dem Bekl. zu 3) benutzt wurde, die nicht eingefahrene Antenne abgerissen wurde und bei dem folgenden Waschvorgang des Fahrzeuges des Kl. die Lackschäden verursacht habe. Beide Fahrzeuge waren unmittelbar hintereinander auf dem Förderband der Waschstraße bewegt worden. Das AG wies die auf Ersatz des Schadens an dem Fahrzeug des Kl. gerichtete Klage ab. Die Berufung des Kl. hatte hinsichtlich des Bekl. zu 3) Erfolg, im Übrigen keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
"… [16] II. Die vom AG festgestellten Anknüpfungstatsachen reichen aus, um der Kammer die Überzeugung zu vermitteln, dass die Lackschäden am Fahrzeug des Kl. dadurch entstanden sind, dass die metallischen Teile der abgerissenen Antenne des Taxi-Fahrzeugs gegen das Fahrzeug Golf geraten sind. Dafür spricht nicht nur der unmittelbare zeitliche Zusammenhang. Die beiden Fahrzeuge haben die Waschstraße unmittelbar hintereinander benutzt."
[17] Erheblichen Beweiswert hat es darüber hinaus, dass ein weiteres Fahrzeug, das unmittelbar hinter dem Kl. die Waschanlage benutzte, ebenfalls Lackschäden erfahren hat, an anderen Fahrzeugen aber keine Beschädigungen eingetreten sind. Ähnliche Vorfälle sind weder bekannt geworden, bevor das Taxifahrzeug der Beklagtenseite die Waschstraße benutzte, noch in einem späteren Zeitraum. Die Möglichkeit, dass sich aus früheren Waschvorgängen bereits andere Metallteile in den Waschlappen der Anlage verfangen hätten und hier ausgerechnet und ausschließlich an den beiden Fahrzeugen, die [sich] unmittelbar hinter dem Taxifahrzeug [befanden,] für die Beschädigungen gesorgt hätten, ist nur theoretischer Natur. Sie ändert nichts an der erforderlichen persönlichen Gewissheit über den erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Abreißen der Antenne an dem Taxifahrzeug und dem insb. am Fahrzeug des Kl. entstandenen Schaden.
[18] Der Bekl. zu 3 hat gem. § 823 I BGB diesen Schaden zu ersetzen. Er war, als er den Fahrzeugwaschvorgang für das an diesem Tag von ihm benutzte Taxi-Fahrzeug startete, verpflichtet, die Antenne einzuschieben. Die Gefahr, dass die Waschbürsten bzw. Waschlappen hervorstehende empfindliche Teile abreißen können, ist allgemein bekannt. Unstreitig wurde vor dem Erreichen der eigentlichen Waschhalle darauf schriftlich auch hingewiesen.
[19] Diese Verpflichtung bestand nicht nur im eigenen Interesse, um eine Beschädigung des Taxifahrzeugs zu vermeiden, sondern auch mit Rücksicht auf andere Fahrzeuge, die die Waschstraße benutzen würden. Die Gefahr, dass es durch abgerissene Teile zu einer Beschädigung der anderen Fahrzeuge kommen konnte, lag auf der Hand.
[20] Die Höhe der erforderlichen Netto-Reparaturkosten ist durch den vorgelegten Kostenvoranschlag hinreichend belegt. Konkrete Einwendungen sind dagegen nicht erhoben.
[21] Neben dieser Hauptforderung schuldet der Bekl. zu 3 lediglich die Rechtshängigkeitszinsen. Er war vorgerichtlich gar nicht im Hinblick auf Schadensersatzverpflichtungen kontaktiert worden. Insb. ist der vorgerichtlich beauftragte Anwalt nicht tätig geworden, gerade den Bekl. zu 3 zur Leistung aufzufordern.
[22] Die Bekl. zu 1 und zu 2 haften nicht.
[23] Denkbare Grundlage für eine Haftung der Bekl. zu 1 und zu 2 wäre es, wenn das Fahrzeug des Kl. "beim Betrieb" des Fahrzeugs der Beklagtenseite beschädigt worden wäre. Dann lägen die Voraussetzungen nach § 7 I StVG, § 115 VVG vor.
[24] Das ist aber nicht der Fall.
[25] Der Begriff "bei dem Betrieb" ist zwar weit zu fassen. Danach ist ein Kfz in Betrieb, solange es sich im Verkehr befindet und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Fahrtzweck und Fahrerabsicht sind insoweit irrelevant. Ausreichend ist, dass bei einer wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kfz zumindest mitgeprägt worden ist (vgl. Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, StraßenverkehrsR, 25. Aufl. 2018, StVG § 7 Rn 7).
[26] Hier war zu berücksichtigen, dass das Taxifahrzeug hier – wie normalerweise jedes Fahrzeug, das in der Waschanlage gewaschen werden soll – mit eigener Motorkraft an die Anlage herangefahren war, eine Person während des Waschvorgangs ...