Im selbstständigen Beweisverfahren muss kein konkreter Antrag gestellt werden. § 487 ZPO verlangt allein die Bezeichnung des Gegners und die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll. Anders als bei der Leistungsklage (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) muss sich der Antragsteller im selbstständigen Beweisverfahren zur Höhe eines Anspruchs (noch) nicht äußern, sondern er kann sich zunächst allein auf die beweiskräftige Feststellung von Tatsachen beschränken. Entsprechendes folgt aus § 487 Nr. 2 und Nr. 4 ZPO. Die Tatsachen sind so konkret wie möglich anzugeben, damit ausreichend Anknüpfungstatsachen für ein Sachverständigengutachten vorliegen. Hierbei sind die Anforderungen an die Konkretisierung nicht zu überspannen.
Anders als im gerichtlichen Erkenntnisverfahren bleibt die Beweisaufnahme in der Hand der Parteien, das heißt zunächst in der Hand des Antragstellers, auf dessen Kosten und Risiko das Verfahren letztlich geführt wird. Insoweit hat der Bundesgerichtshof schon im Jahre 1999 ausgeführt:
"Der Antragsteller bestimmt in eigener Verantwortung in einem selbstständigen Beweisverfahren durch seinen Antrag auf Einleitung dieses Verfahrens den Gegenstand der Beweisaufnahme und die Beweismittel. Das Gericht ist an die Tatsachenbehauptungen des Antragstellers gebunden, es darf die Beweisbedürftigkeit und die Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Tatsachen nicht überprüfen."
Gleichwohl werden durch Instanzgerichte entsprechende Anträge häufig als angeblich unzulässig abgewiesen. Diese ablehnenden Beschlüsse werden dann regelmäßig durch die obergerichtliche Rechtsprechung korrigiert. Dies mit dem Hinweis, dass es auf eine "Gütebereitschaft" der Antragsgegnerin nicht ankommt. Die Instanzgerichte verkennen regelmäßig, dass eine Ausforschung im selbstständigen Beweisverfahren ausdrücklich zulässig ist. Entsprechendes hatte der Bundesgerichtshof bereits mit Beschl. v. 24.9.2013 judiziert. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich ausgeführt, dass auch die Frage an einen gerichtlichen Sachverständigen gestellt werden kann, ob ein möglicher Behandlungsfehler als grober Behandlungsfehler anzusehen ist. In der gleichen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass es durchaus möglich sein kann, dass zu späterer Zeit noch weitergehende Fragen zu klären sind. Gleichzeitig hat er klargestellt, dass dies die Zulässigkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens nicht berührt. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof mit weitergehendem Beschl. v. 19.5.2020 wie folgt konkretisiert:
"Beweisfragen zu Inhalt und Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht kommen als Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO in Betracht."
Das Gericht ist indes nicht gehindert, darauf hinzuwirken, dass nach seiner Auffassung gegebenenfalls ergänzende Fragen gestellt werden, wenn dies zur Befriedigung eines Streits zweckdienlich erscheint. Dies dürfte bereits aus § 139 ZPO folgen. In der Kommentierung von Prütting/Gehrlein wird darauf hingewiesen, dass § 139 ZPO in allen Instanzen und Verfahrensarten gilt, mithin auch im selbstständigen Beweisverfahren Anwendung findet. Hierfür besteht auch deshalb ein Bedarf, weil selbst vor dem Landgericht ausweislich § 486 Abs. 4 ZPO ein Antrag im selbstständigen Beweisverfahren zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden kann. Von daher besteht aber einmal mehr ein Bedürfnis dafür, dass auch im selbstständigen Beweisverfahren rechtzeitige und konkrete richterliche Hinweise erfolgen sollten, wenn das Gericht hier im Einzelnen bei Formulierungen Bedenken sieht. Entscheidend ist indes, dass der Beweisbeschluss nicht hinter dem Begutachtungsbegehren des Antragstellers zurückbleiben darf.