1. Der Klagepartei gelang es nicht, den Beweis zuführen, dass der Kl. in einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten seit 6.2.2017 krankheitsbedingt den zuletzt ausgeübten Beruf als Servicetechniker zu mindestens 50 % nicht hat ausüben können.
Zwar bestätigte der gerichtlich bestellte SV Prof. Dr. K., dass der Kl. unter einer Tendovagintis stenosans de Quervain, einer TFCC-Läsion sowie an einem Ulna-Impaction-Syndrom des rechten Handgelenks leidet. Der Kl. hatte sich deswegen einer Spaltung des ersten Strecksehnenfaches in Kombination mit einer Arthroskopie und Rissumwandlung des TFCC im Januar 2014, sowie einer Ulna-Verkürzungsosteotomie rechts im Oktober 2014 unterzogen. Trotz dieser Behandlungen leidet der Kl. an Belastungsschmerzen mit einem Schmerzfokus über den ulnokarpalen Handgelenk sowie einer schmerzhaften Umwendbewegung, einer schmerzhaften Dorsalextension bzw. Dorsalstress und schließlich einem allgemeinen Kraftverlust in der rechten Hand, Ein sogenanntes Complex Regional Pain Syndrome (CRPS) konnte hingegen ausgeschlossen werden.
Unter Berücksichtigung der genannten Erkrankungen/Beschwerden kann beim Kl. eine zeitliche Limitierung bei klassischen Büro-/Verwaltungstätigkeiten – wie dem Erstellen von Angeboten, allgemeinen Aufträgen und Wartungsverträgen, Erarbeitung von Serviceberichten und Kundenneuanlagen, dem Telefondienst mit Headset und der Bildschirmarbeit – nicht angenommen werden. Eine Limitierung ist lediglich bei Ablagearbeiten vorhanden, die mit einem Heben von Gewichten über 5 kg verbunden sind bzw. eines kraftvollen Grobgriffs bedürfen sowie von Tätigkeiten, die mit Drehbewegungen im rechten Handgelenk verbunden sind, z.B. Schraubarbeiten oder handwerkliche Tätigkeiten mit ähnlich intensiver Beanspruchung der rechten Hand bzw. des rechten Handgelenks. Bei dem beruflichen Tätigkeitsbild, welches der Kl. selbst vortrug, führt die angesprochene Limitierung nicht dazu, dass anzunehmen wäre, dass der Kl. zu mindestens 50 % nicht in der Lage wäre, diese Tätigkeiten auszuüben.
2. Das Gericht stützt seine Überzeugungen auf die ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des SV Prof. Dr. K., die er in seinen beiden schriftlichen Gutachten sowie im Rahmen seiner Vernehmung am 9.11.2022 getätigt hat.
Der Gutachter führte für das Gericht nachvollziehbar aus, dass Arbeiten an Tastaturen mit Hilfe einer Schiene auch schmerzfrei möglich seien. Das Handgelenk würde bei solchen Arbeiten nicht stark beansprucht. Sollten Schmerzen trotzdem auftreten, gebe es andere Möglichkeiten, wie etwa die Nutzung von Einhandtastaturen und ähnlichem.
Das sogenannte CRPS sei von Prof. Dr. K. anhand der sogenannten Budapest-Kriterien überprüft worden. Da insbesondere keine Rötungen, Handüberwärmungen, keine Probleme bei der Schweißsekretion und auch keine Unterschiede im Hautkolorit oder in der Hauttextur hätten festgestellt werden können, habe ein CRPS ausgeschlossen werden können.
3. Ein Anspruch auf Leistung aus der Berufungsunfähigkeitsversicherung ergibt sich auch nicht auf Grundlage eines fingierten Anerkenntnisses der Bekl.
Gemäß § 173 Abs. 1 VVG hat der VR nach einem Leistungsantrag bei Fälligkeit in Textform zu erklären, ob er seine Leistungspflicht anerkennt. Erklärt sich der VR nicht, obwohl er sich bedingungsgemäß erklären musste, ist er gleichwohl so zu behandeln, als ob er anerkannt hätte. Es ist dann von einem fingierten Anerkenntnis auszugehen, von dem sich der VR nur im Wege eines Nachprüfungsverfahren lösen kann (vgl. nur Lücke in: Prölss/Martin VVG, 31. Auflage 2021 § 173 Rn 13 m.w.N.). Voraussetzung dieser Bindungslücken ist danach allein, dass ein Anerkenntnis objektiv geboten war, weil bedingungsgemäß Berufsunfähigkeit vorgelegen hat (BGH NJW-RR 2020, 353, Rn 19).
Vor diesem Hintergrund ist von einem fingierten Anerkenntnis vorliegend nicht auszugehen: Ein solches liegt nicht bereits vor, wenn der VR aufgrund der ihm vorliegenden Gutachtenslage von einer Berufsunfähigkeit hätte ausgehen müssen. Vielmehr ist – wie der BGH in der zitierten Entscheidung klarstellt – erforderlich, dass ein Anerkenntnis objektiv geboten war. Wie ausführlich unter Ziffer I.1 der Entscheidungsgründe dargestellt, bestand jedoch beim Kl. im streitgegenständlichen Zeitraum gerade keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit. Dass die von der Bekl. in den Jahren 2019/2020 eingeholten Gutachten womöglich zu einem anderen Ergebnis kamen, ist für die Frage des objektiven Vorlegens der Berufsunfähigkeit nicht maßgebend.
Es ist stellt sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar, dass die Kl. von der Einschätzung des von ihr selbst beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. H. abwich und eine berufsbedingte Berufsunfähigkeit ablehnte. Die Frage der Berufsunfähigkeit ist letztlich juristisch zu beantworten. Einer Bindungswirkung unterlag die Kl. nicht.
zfs 10/2023, S. 577 - 578