[8] 1. Das BG hat zu Recht angenommen, dass die sogenannte "erweiterte Schlüsselklausel" in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G (der AVB 2014), die den Versicherungsschutz bei einem Eindringen des Täters in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel davon abhängig macht, dass die Schlüsselvortat "ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers" erfolgt ist, nicht unwirksam ist.
[9] a) Die Frage der Wirksamkeit einer Klausel wie in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G (AVB 2014) wird allerdings in Rspr und Schrifttum unterschiedlich beurteilt.
[10] Die überwiegende Auffassung hält – wie das BG – Klauseln, nach denen der mittels eines durch Diebstahl erlangten richtigen Schlüssels begangene Diebstahl versichert ist, der Versicherungsschutz aber davon abhängig gemacht wird, dass der Täter den Schlüssel ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers – oder Gewahrsamsinhabers – an sich gebracht hat, für wirksam (OLG Braunschweig r+s 2013, 498; OLG Köln r+s 2013, 175; OLG Koblenz VersR 2002, 1146 unter 2; OLG Frankfurt VersR 1989, 623, 624; … Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 31. Aufl. Einl. Rn 117, § 1 AERB 2010 Rn 28; …), wobei teilweise danach unterschieden wird, ob der VN oder ein sonstiger – berechtigter – Gewahrsamsinhaber den Diebstahl des Schlüssels ermöglicht hat (OLG Hamm VersR 2005, 220; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. A. § 3 VHB 2010 Rn 11 f.; Rüffer in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 33 Rn 45 f.).
[11] Die Gegenauffassung nimmt demgegenüber an, dass der Teil der Klausel, der den Versicherungsschutz auf ein schuldloses Verhalten des berechtigten Besitzers an der Ermöglichung des Schlüsseldiebstahls beschränkt, wegen der Abweichung vom Verschuldens- und Beweismaßstab des § 81 VVG und einer Ausdehnung der Haftung des VN für das Verhalten Dritter, die nicht zugleich Repräsentanten des VN sind, unwirksam ist (OLG Karlsruhe VersR 1997, 1230 f.; Baumann in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 81 Rn 188, 209; Johannsen/Johannsen in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. Band III Anm. H 78; Klimke in Prölss/Martin, VVG 31. Aufl. A. § 3 VHB 2016 Rn 13 f. …
[12] b) Die erstgenannte Ansicht trifft zu. Die Klausel in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G 2014 ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Sie ist gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen.
[13] aa) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf Klauseln, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Kontrollfrei bleiben bloße Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistungen festlegen. Es ist nach dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie den Vertragsparteien im Allgemeinen freigestellt, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen; mangels gesetzlicher Vorgaben fehlt es insoweit regelmäßig auch an einem Kontrollmaßstab (st. Rspr., vgl. BGH VersR 2018, 685 Rn 15 m.w.N.). Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, sind hingegen inhaltlich zu kontrollieren. Damit bleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (vgl. Senat r+s 2022, 695 Rn 15 m.w.N.).
[14] bb) Ob die vom Bekl. verwendete Klausel das Hauptleistungsversprechen unmittelbar regelt oder dieses nur einschränkt, verändert, ausgestaltet oder modifiziert, kann der Senat selbst feststellen. Die formularmäßig gestalteten Vertragsbedingungen des Bekl. unterliegen der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung und können vom Revisionsgericht selbst ausgelegt werden (Senat r+s 2022, 695 Rn 17 m.w.N.). AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (Senat BGHZ 232, 344 Rn 10; st. Rspr.).
[15] cc) Die Auslegung auf der Grundlage dieses Maßstabs ergibt, dass die Klausel in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G (AVB 2014), soweit sie den Versicherungsschutz davon abhängig macht, dass der Täter den zur Begehung des Diebstahls verwendeten Schlüssel "ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers" an sich gebracht hat, die vom Bekl. geschuldete Leistung unmittelbar festlegt.
[16] Nach § 27 Nr. 2 (AVB 2014) leistet der VR Entschädigung für versicherte Sachen, die unter anderem durch Einbruchdiebstahl zerstört oder beschädigt werden oder abhandenkommen...