II. Die Beklagte hat im Umfang einer Haftungsquote von 50 % die der Klägerin entstandenen unfallbedingten Fahrzeugreparaturkosten und die Mahnkosten zu tragen (§ 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, § 249 BGB). Dagegen sind die außergerichtlichen Anwaltskosten und die Sachverständigengebühren nicht ersatzfähig …
2. Von den geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten kann die Klägerin lediglich die Mahnkosten im Umfang von 50 % ersetzt verlangen.
a. Materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Rechtsverfolgungskosten ist §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, § 86 VVG.
Der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch umfasst grundsätzlich auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Bei Versicherungen ist wie folgt zu differenzieren:
aa. Zum einen können Schadensersatzansprüche nach § 86 VVG übergehen.
Maßgebend ist, ob es sich um eigene Aufwendungen zur Feststellung der Eintrittspflicht des Versicherers handelt. Solche sind nicht von § 86 VVG erfasst und daher nicht ersatzfähig (BGH, Urt. v. 18.10.2018 – III ZR 236/17). Demgegenüber sind Kosten, die dem Zweck dienen, dem Versicherungsnehmer (bzw., nach Forderungsübergang gem. § 86 VVG, der Versicherung) die Schadensdarlegung gegenüber dem Schädiger zu ermöglichen, von § 86 VVG erfasst (BGH, Urt. v. 18.10.2018 – III ZR 236/17; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 86 VVG, Rn 33-34a).
Im Streitfall dienten die die Anwalts- und die Mahnkosten weder allein noch vornehmlich zur Feststellung der Leistungspflicht der Versicherung, sondern vorrangig zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung. Solche Kosten sind von § 86 VVG erfasst (Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 86 VVG, Rn 33-34a; Hormuth in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Auflage 2015, § 22. Übergang des Ersatzanspruchs (§ 86 VVG), Rn 70; a.A. für die Unfallkostenpauschale Wimber in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. 2022, § 249 BGB, Rn 253).
Dagegen dienten die Kosten für das Kasko Gutachten zunächst der Prüfung der Regulierungspflicht der Klägerin gegenüber ihrem Versicherungsnehmer. Diese Feststellungen dienten jedenfalls nicht in erster Linie dazu, die Schadensgeltendmachung gegenüber dem Schädiger zu ermöglichen, sondern zunächst zur Feststellung der Regulierungspflicht. Diese aufgewandten Sachverständigenkosten stellen nach der Rechtsprechung des BGH Aufwendungen des Versicherers in eigener Angelegenheit dar, die er selbst zu tragen hat (BGH, Urt. v. 18.10.2018 – III ZR 236/17).
bb. Zum anderen kommen Ansprüche aus Verzug in Betracht (Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 249 BGB, Rn 57 a.E.).
Zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters befand sich die Beklagte jedoch nicht in Verzug. Weder hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits eine Mahnung ausgesprochen, noch hatte die Beklagte die Regulierung ernsthaft und endgültig verweigert.
b. Im Streitfall sind auch die Anwaltskosten nicht ersatzfähig.
Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, dass die Rechtsverfolgungskosten aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19 –, Rn 21). Maßgebend ist der Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, sodass es darauf ankommt, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus Sicht des Geschädigten darstellt. In einfach gelagerten Fällen, bei denen die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe klar ist, kann der Geschädigte den Schaden grundsätzlich selbst geltend machen. Handelt es sich hingegen nicht um einen einfach gelagerten Fall, kann auch einem mit der Schadensabwicklung vertrauten Unternehmen – wie einer Kfz-Haftpflichtversicherung – grundsätzlich nicht verwehrt werden, einem Rechtsanwalt zu beauftragen (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19 –, Rn 22).
Nichts anderes kann für die Beauftragung eines Gutachters geltend. Denn die Abwicklung eines Verkehrsunfalls, an dem zwei Fahrzeuge beteiligt waren, stellt regelmäßig jedenfalls im Hinblick auf die Schadenshöhe keinen einfach gelagerten Fall dar (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19 –, Rn 24).
Rechtsverfolgungskosten sind allerdings nicht ersatzfähig, wenn ihr Anfall nicht erforderlich oder zweckmäßig war (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19 –, Rn 21). Sofern zweifelsfrei ist, dass und inwieweit der Unfallgegner oder dessen Haftpflichtversicherer den Schaden regulieren wird, bedarf es der Beauftragung Dritter zur Rechtsverfolgung nicht (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19 –, Rn 22). Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Beauftragung, also die Sicht ex ante (BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19 –, Rn 22). Bei der Beauftragung von Inkassobüros ist in Rechtsprechung und Literatur aner...