Innerhalb dieser Urteile ist an erster Stelle auf die o.g. Entscheidung einzugehen, welche für eine Veröffentlichung in dem amtlichen Entscheidungsband des BGH vorgesehen ist und die wichtigsten Grundlagen darlegt, die sich auch in allen weiteren Entscheidungen des BGH vom gleichen Tag wiederfinden.
1. Zum Sachverhalt
Wie bei allen fünf Entscheidungen geht es um einen Schadensersatzanspruch nach einem Verkehrsunfall, welcher bei klarer Haftung gegenüber der gegnerischen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung geltend gemacht wird. Die Klägerin hatte in diesem Fall ihr Fahrzeug durch ein Sachverständigen begutachten lassen, der die Reparaturkosten mit gerundet 4.400 EUR geschätzt hat. Sodann wurde das Fahrzeug auf Basis des Gutachtens repariert. Die Beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung regulierte einen um gut 1.000,00 EUR (gerundet) reduzierten Betrag und stützte sich dabei auf die Einwendungen aus einem von ihr in Auftrag gegebenen Prüfbericht. Die Parteien stritten in der Folgezeit bei Gericht über die Höhe des zu ersetzenden Schadens. Seitens des Amtsgerichts wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt, in welchem der Gutachter lediglich weitere Reparaturkosten in Höhe von lediglich 389,00 EUR für erforderlich gehalten hat. Entsprechend dem Gerichtsgutachten haben die Instanzgerichte der Klage lediglich zu einem Teil stattgegeben und ansonsten abgewiesen. Die Klägerseite hat ihre Ansprüche gegenüber der Beklagtenseite weiter verfolgt und dabei auch die Abtretung eines Regressanspruchs gegenüber der eingeschalteten Werkstatt an die Haftpflichtversicherung des Gegners angeboten.
2. Zur Entscheidung
Ihre Revision hatte beim BGH in der letzten Instanz Erfolg. Die wichtigste Kernaussage in der Entscheidung des BGH liegt dabei darin, dass sich der Geschädigte auch unter bestimmten Voraussetzungen bei einer unbezahlten Rechnung auf das sogenannte Werkstattrisiko berufen kann. Übergibt der Geschädigte nämlich das beschädigte Fahrzeug einer Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne das ihn insoweit ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft, sind die dadurch angefallenen Reparaturkosten im Verhältnis Geschädigten zum Schädiger unter Berücksichtigung seiner eingeschränkten Fachkenntnis auch dann vollumfänglich zu ersetzen, wenn die Reparaturkosten wegen überhöhter Ansätze von Material und Arbeitszeit oder unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise als unangemessen und mithin nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB zu beanstanden sind.
Um in den Genuss dieser Schutzwirkung zu kommen, müssen allerdings weitere Voraussetzungen durch den Geschädigten beachtet werden: Anders als bei einer bezahlten Rechnung kann der Geschädigte sich zu seinen Gunsten nur auf dieses Werkstattrisiko berufen, wenn er eine Auszahlung gegenüber der Werkstatt verlangt. Wenn er dagegen eine Zahlung an sich selber verfolgt besteht ansonsten aus Sicht des BGH das Risiko, dass der Geschädigte vom Haftpflichtversicherer des Unfallgegners einen vollen Schadensersatz erhält, bei berechtigten Einwendungen des Haftpflichtversicherers dann aber im Verhältnis zur Werkstatt eine eigene Kürzung vornimmt und in diesem Fall ungerechtfertigt bereichert wäre. Deshalb muss aus Sicht des BGH bei einer unbezahlten Rechnung die Zahlung an die Werkstatt verfolgt werden, wenn der Geschädigte unter Berufung auf das Werkstattrisiko geschützt werden soll.
Der Geschädigte hat es also selber durch seinen eigenen Antrag im gerichtlichen Verfahren in der Hand, ob die Grundsätze des Werkstattrisikos zu seinen Gunsten eingreifen. Nach den Vorgaben des BGH kann er nunmehr eine Zahlung direkt an den von ihm beauftragten Werkunternehmer als Dritten verlangen und diese Vorgehensweise ist von einem Freistellungsantrag oder einer an sich selber begehrten Zahlung zu unterscheiden.
Der bisher in der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Lösung, bei einer unbezahlten Rechnung eine Aufrechnung oder die Dolo agit-Einrede im Verhältnis zum Geschädigten gelten zu lassen, folgt der BGH dabei nicht: Bei einem solchen Antrag auf Zahlung an die eingeschaltete Werkstatt bleibt nämlich nach Ansicht des BGH der Geschädigte selber der Gläubiger des verfolgten Anspruchs, so dass eine Aufrechnung mit einem unterstellten Gegenanspruch der Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber der Werkstatt nicht eingreifen kann. Gleiches gilt für die sogenannte Dolo-Agit-Einrede, die ein "Hin- und Her-Verschieben von Zahlungsbeträgen" verhindern soll. Auch dieser Einwand kann aus Sicht des BGH nur im Verhältnis der jeweiligen Parteien zueinander eingreifen und geht daher ins Leere, wenn der Geschädigte selber auf Zahlung an die Werkstatt klagt.
Sodann stellt sich die Frage, inwieweit hier der Tatrichter überhaupt einen Beweis hätte erheben müssen: Konsequent hebt der BGH hierzu hervor, dass in dem vorliegenden Fall gar nicht in die Beweisaufnahme zu dem Umfang der objektiv erforderlichen Reparaturkosten hätte eingetreten werden dürfen. Selbst wenn dies erfolgt wäre, könne dem Geschädigten aber nicht entgegengehalten werden, ...