StVG § 25; OWiG § 71 Abs. 1 i.V.m. StPO § 267
Leitsatz
1. Ein Absehen vom Fahrverbot kommt dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene einen ggf. drohenden Arbeitsplatzverlust mit zumutbaren Mitteln abwenden kann. Es müssen dann aber auch ausreichende Feststellungen zu der Frage getroffen werden, wie viel Urlaub dem Betroffenen ggf. noch zur Verfügung steht, der ggf. zur Abwicklung des Fahrverbots eingesetzt werden könnte.
2. Zumindest der normale Durchschnittsverdiener mit entsprechenden Unterhaltspflichten dürfte durch die Ausschöpfung der Höchstsätze des § 17 Abs. 1 u. 2 OWiG bei einem erstmaligen Verstoß nicht selten auch ohne Fahrverbot von der erneuten Begehung vergleichbarer Verstöße abzuhalten sein.
(Leitsätze 1 des Einsenders, Leitsatz 2 der Schriftleitung)
OLG Hamm, Beschl. v. 7.8.2008 – 2 Ss OWi 505/08
Sachverhalt
Das AG hat die Betroffene wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 100 EUR verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt (§§ 3 Abs. 3, 49 StVO, 24, 25 StVG). Dagegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der sie die Sachrüge erhebt.
Das AG hat mit Beschl. v. 26.5.2008 die Rechtsbeschwerde der Betroffenen als unzulässig verworfen, weil die Begründung der Betroffenen, die am 21.4.2008 beim AG eingegangen ist, nicht rechtzeitig gewesen sei. Dagegen wendet sich die Betroffene mit ihrem Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, mit dem sie geltend macht, dass das angefochtene Urteil ihr am 20.3.2008 zugestellt worden sei. Die Monatsfrist zur Begründung der Rechtsbeschwerde sei daher am 20.4. 2008 abgelaufen. Da dies ein Sonntag gewesen sei, sei ihre am 21.4. 2008 eingegangene Rechtsbeschwerdebegründung rechtzeitig gewesen.
Das OLG hebt den Beschluss des AG vom 26.5.2008 und das Urteil des AG unter Verwerfung der weitergehenden Rechtsbeschwerde der Betroffenen im Rechtsfolgenausspruch mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück.
Aus den Gründen
“ … II. … 1. Der Verwerfungsbeschluss des AG vom 26.5.2008 war aufzuheben, da die Rechtsbeschwerdebegründung der Betroffenen am 21.4.2008 rechtzeitig eingegangen ist. Das Ende der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde fiel auf den 20.4.2008. Da es sich bei diesem Tag um einen Sonntag handelte, endete die Frist gem. § 43 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG erst am 21.4.2008. An diesem Tag ist aber die Rechtsbeschwerdebegründung rechtzeitig beim AG Recklinghausen eingegangen.
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs – vorläufig – Erfolg.
a) Die vom AG getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen allerdings die Verurteilung der Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. … .
III. a) Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs lässt jedoch Rechtsfehler erkennen, die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit und zur Zurückverweisung führen können. Die vom AG dazu bislang getroffenen Feststellungen sind lückenhaft und rechtfertigen nicht die Anordnung des verhängten Fahrverbots.
Das AG hat das gegen die Betroffene verhängte Fahrverbot bislang wie folgt begründet:
“Die Betroffene ist bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten. …
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Betroffene bislang verkehrsrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist und der Geschwindigkeitsüberschreitung um 31 km/h hält das Gericht die Regelgeldbuße in Höhe von 100,– EUR sowie ein Fahrverbot von einem Monat für schuld- und tatangemessen.
Das Gericht ist der Ansicht, dass es nicht vertretbar ist, das einmonatige Fahrverbot unter Erhöhung der Geldbuße wegfallen zu lassen. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass die Betroffene bislang verkehrsrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist. Die Vollstreckung des Fahrverbotes stellt für die Betroffene jedoch keine unzumutbare Härte dar. Grundsätzlich hat nämlich die Betroffene die mit dem Fahrverbot verbundenen Folgen in aller Regel als selbstverschuldet hinzunehmen, da diese als vorhersehbare Folge stets zumutbar ist. Dabei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass grundsätzlich alle Betroffenen in gleicher Weise durch die Anordnung eines Fahrverbotes getroffen werden. Von einer unzumutbaren und daher unverhältnismäßigen Folge kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Betroffene im Vergleich zu anderen erheblich stärker belastet würde. Dabei sind in erster Linie berufliche/wirtschaftliche Folgen des Fahrverbotes einschlägig. Im Grundsatz sind aber auch diese Folgen als vorhersehbare und selbstverschuldet hinzunehmen. Es sei denn, sie sind unverhältnismäßig. Dies ist der Fall, wenn die Folgen nachhaltig über die Dauer des Fahrverbotes hinauswirken. Voraussetzung dafür ist eine Existenzgefährdung bei Anordnung des Fahrverbotes.
Diese sind von der Betroffenen nicht im Einzelnen dargetan. Zwar hat die Betroffene geltend gemacht, sie sei bei der Bundesagentur für Arbeit angest...