A. Gerichtliche Geltendmachung
I. Begriff der internationalen Zuständigkeit
Die internationale Zuständigkeit regelt, ob die Gerichte eines Staates befugt sind, über einen bestimmten Sachverhalt mit Auslandsbezug zu entscheiden. In der täglichen Praxis der Unfallregulierung stellt sich die Frage regelmäßig dann, wenn sich der Unfall außerhalb Deutschlands ereignet hat oder wenn einer der Unfallbeteiligten seinen Wohnsitz nicht in Deutschland hat.
II. Rechtsgrundlagen der Internationalen Zuständigkeit
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich allgemein aus den Regeln der ZPO über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12-37 ZPO), so dass grundsätzlich ein örtlich zuständiges deutsches Gericht auch international zuständig ist. Zu beachten ist, dass dies jedoch nur dann gilt, wenn keine besonderen Regelungen durch vorrangiges EU-Recht oder internationale Abkommen einschlägig sind.
Folgende EU-Verordnungen und internationale Übereinkommen sind bei Klagen auf Grund von Verkehrsunfällen von Bedeutung:
- Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO), in Kraft getreten am 1.3.2001 Sie gilt für Klagen gegen alle Beklagten, die in einem EU-Mitgliedsstaat mit Ausnahme von Dänemark ihren Wohn-/Geschäftssitz haben:
- Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Dieses Abkommen regelt die Anwendung der EuGVVO für Klagen gegen Beklagte, die ihren Wohn-/Geschäftssitz in Dänemark haben. Das Abkommen ist zum 1. Juli 2007 in Kraft getreten.
- Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16.9.1988 (LuganoÜ) Dieses Übereinkommen gilt im Verhältnis zu Island, Norwegen, Liechtenstein und der Schweiz. Das Übereinkommen wurde gerade überarbeitet und dabei der EuGVVO angeglichen.
III. Allgemeiner internationaler Gerichtsstand
Der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten ist sowohl in der EuGVVO, als auch im LuganoÜ identisch geregelt. International zuständig sind die Gerichte des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz bzw. Geschäftssitz hat. Dies deckt sich mit der deutschen Grundregel, wonach gem. §§ 13, 17 ZPO der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten (der auch die internationale Zuständigkeit begründet) durch den Wohn- bzw. Geschäftssitz bestimmt wird.
Die EuGVVO und das LuganoÜ sehen freilich vor, dass bei mehreren Beklagten am allgemeinen Gerichtsstand eines Beklagten gegen jeden anderen die Klage erhoben werden kann, wenn zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Diese Voraussetzungen dürften vorliegen, wenn sich die Klage gegen den Fahrer oder Halter eines Kraftfahrzeuges und – aus dem Direktanspruch – gegen den Haftpflichtversicherer richtet. Anders als im Falle des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verlangen die Regelwerke nicht, dass kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist. Wegen dieser Einschränkung hat § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in Klagen auf Grund eines Verkehrsunfalls keine Bedeutung. Der besondere Gerichtsstand des Unfallortes ist nämlich praktisch immer gegeben.
Folgt man der Ansicht, dass die Verkehrsopferhilfe e.V. mit Ablauf der verlängerten Regulierungsfrist in eigener Kompetenz tätig wird, ist an ihrem Sitz (in Hamburg) auch ein allgemeiner Gerichtsstand begründet. Die Verkehrsopferhilfe e.V. ist als Entschädigungsstelle in diesen Fällen passivlegitimiert. Wegen des Gerichtsstandes des Sachzusammenhangs kann dann vor dem zuständigen Hamburger Gericht auch der Fahrer verklagt werden.
IV. Besondere Gerichtsstände
§ 32 ZPO sieht als besonderen Gerichtsstand den Ort vor, an dem die unerlaubte Handlung begangen wurde. Das gilt auch für die beiden Regelungswerke weitergehend für den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist. Unter Schadenseintritt ist dabei der Primärschaden zu verstehen, so dass bei Straßenverkehrsunfällen der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung in aller Regel nur dort begründet ist, wo sich der Unfall ereignete.
Als weitere besondere Gerichtsstände kommen der Gerichtsstand der Niederlassung und der Gerichtsstand kraft Vereinbarung in Betracht.
V. Der Wohnsitz des Geschädigten als besonderer Gerichtsstand
Zumindest für den Geltungsbereich der EuGVVO ist nach der Rechtsprechun...