Nicht jeder Kratzer löst eine Wertminderung aus. Die Höhe der sog. Bagatellschadengrenze ist jedoch heftig umstritten. Dabei wird eine Grenze entweder pauschal bei einer Schadenshöhe von 10 % (Ruhkopf/Sahm) oder der Art der Beschädigung, Einfachschäden (Goslarer Modell), Beschädigung tragender Teile oder Schadenstruktur (BVSK) gezogen. Gegen die 10 %-Grenze wird zu Recht eingewandt, dass diese bei den heutigen Fahrzeugpreisen nicht mehr realistisch ist. Bei einem Neupreis von mehr als 15.000,00 EUR für ein Fahrzeug der unteren Mittelklasse, müsste bis zu einem Reparaturschaden von 1.500,00 EUR ein Minderwert verneint werden, obwohl dies sicherlich keine Bagatelle ist. Da die Fahrzeuge in höheren Fahrzeugklassen teurer sind und noch weit höher liegen können (Porsche, Ferrari), wäre auch ein niedrigerer pauschaler Grenzwert nicht haltbar. Nach dem dargelegten Sinn und Zweck der Wertminderung als Ausgleich für den objektiv auf dem Markt weniger zu erzielenden Verkaufspreis muss eine Begrenzung mit dem objektiven Marktgeschehen vereinbar sein. Dabei zeigt sich, dass allein die Tatsache eines Unfallschadens, zu einem Wertverlust des Fahrzeugs führen kann. Es kommt deshalb darauf an, ob der Verkäufer diesen Schaden als Bagatell- oder Einfachschaden gegenüber einem potenziellen Käufer angeben muss oder berechtigt verschweigen darf. Maßstab muss also die Offenbarungspflicht des Käufers im Kaufrecht sein. Die Rechtsprechung zum Kaufrecht nimmt aber einen offenbarungspflichtigen Unfallschaden, je nach Beschädigung, Laufleistung, Fahrzeughalter und/oder Vorschäden ab einer Größenordnung von etwa 500,00 EUR bis 1.000,00 EUR (netto) an. Die Bagatellschadengrenze für den Anfall eines merkantilen Minderwerts muss deshalb innerhalb dieser Beträge gezogen werden, weil sich der Wert des Fahrzeuges wegen der Offenbarungspflicht auf dem Markt objektiv mindert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zur Beurteilung der Bagatellschadengrenze die Laufleistung und das Fahrzeugalter eine entscheidende Rolle spielen, weshalb es sich auch hier nur um einen Richtwert handeln kann. Auch ein vermeintlicher Bagatell- oder Einfachschaden von über 500,00 EUR ist einem Käufer gegebenenfalls zu offenbaren und wirkt sich somit wertmindernd aus. Als "Bagatellschäden" hat der BGH bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-) Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-) Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war. Erst nachdem der Verkäufer einen Schaden offenbart hat, sind die Schadenhöhe, der Schadenumfang und die Schadenstruktur (Beschädigung tragender Teile) bei der Preisgestaltung von Bedeutung. Der Schadenumfang ist deshalb für das Entstehen des Minderwerts nicht maßgeblich, sondern kann sich allenfalls bei der Höhe der Wertminderung auswirken. Dies gilt auch für den vielfach vorgebrachten Einwand, die Reparatur sei mit Neuteilen ausgeführt worden, weshalb der volle Fahrzeugwert erhalten bleibe und aus diesem Grund keine Wertminderung anfalle. Die Instandsetzung mit Neuteilen wird von allen Fahrzeugherstellern vorgeschrieben, ist damit der (heutige) Stand der Technik und sollte deshalb in allen Gutachten zur Ermittlung der Reparaturkosten zugrunde gelegt werden. Die Offenbarungspflicht umfasst deshalb selbstverständlich auch eine mit Neuteilen ausgeführte Reparatur. Sollte die Reparatur mit Gebrauchtteilen oder vereinfachten Reparaturmethoden ("smart repair") ausgeführt worden sein, so kann dies eine eigene Offenbarungspflicht begründen und müsste sich dementsprechend bei der Ermittlung des Minderwerts werterhöhend auswirken. Bei einem geringfügigen Schaden von mehr als 500,00 EUR muss unter Berücksichtigung von Fahrzeugalter und Laufleistung der Anfall einer Wertminderung überprüft werden. Die Schadenstruktur oder die Qualität der Instandsetzung kann für sich genommen keine Wertminderung ausschließen, sich jedoch auf die Höhe derselben auswirken.