Keine der bisher vorgeschlagenen Methoden zur Ermittlung des Minderwerts versucht auch nur den tatsächlichen Wertverlust auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu ermitteln, insofern kann es sich allenfalls um Annäherungswerte handeln. Je nach Methode fließen unterschiedliche Bewertungsfaktoren in die Berechnung ein. Wesentliche Faktoren für die Bestimmung des Marktwertes sind Wiederbeschaffungswert, Alter, Laufleistung und Höhe der Reparaturkosten. Daneben können noch weitere Faktoren (Typ, Marktgängigkeit, Vorbesitzer, Ausstattung, Zustand, Farbe, vorherige Verwendung etc.), auf dem Gebrauchtwagenmarkt eine Rolle spielen. Dabei entspricht das Ermitteln von Annäherungswerten dem Bedürfnis der praktischen Handhabung der Schadenregulierung, weil eine empirische Ermittlung des tatsächlichen Verlustes für jedes einzelne Fahrzeug nicht durchführbar wäre. Um zu verhindern, dass ein Schaden durch einen geringeren Marktwert entsteht, der nicht ersetzt wird, müssen die Methoden hierauf kritisch im Einzelfall überprüft und gegebenenfalls eine Marktforschung für das Fahrzeug durchgeführt werden.
1. Ruhkopf/Sahm
Die Methode nach Ruhkopf/Sahm geht auf einen Aufsatz aus dem Jahre 1962 zurück. Die Autoren haben unter besonderer Berücksichtigung des (damaligen) Marktgeschehens eine pauschale Abgeltung des Minderwerts in Abhängigkeit von Zeitwert (Wiederbeschaffungswert), Reparaturkosten und Zulassungsjahr vorgeschlagen, die für die hauptsächlichen Personenwagentypen, Kräder, Kombiwagen und Kleinbusse gelten sollte und in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt wird:
Reparaturkosten im Verhältnis zum Zeitwert |
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(mind. 10 %) |
(mind. 40 %) |
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10– 30 % |
30– 60 % |
60– 90 % |
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1. Zulassungsjahr |
5 % |
6 % |
7 % |
vom Zeitwert + Reparaturkosten |
2. Zulassungsjahr |
4 % |
5 % |
6 % |
vom Zeitwert + Reparaturkosten |
ab 3. Zulassungsjahr |
3 % |
4 % |
5 % |
vom Zeitwert + Reparaturkosten |
Hieraus ergibt sich beispielsweise, dass bei einem Zeitwert (Wiederbeschaffungswert) von 20.000,00 EUR und Reparaturkosten von 10.000,00 EUR (Verhältnis WB zu RK = 50 % = 30 – 60 %), bei einem noch nicht 12 Monaten alten Fahrzeug (1. Zulassungsjahr) der Minderwert 6 % der Summe von Zeitwert und Reparaturkosten betragen soll. Danach kann im Beispiel ein Betrag von 1.800,00 EUR als Wertminderung angenommen werden. Eine Wertminderung soll nach dieser Methode jedoch bei Reparaturkosten von mindestens 10 % des Zeitwertes und einem Zeitwert von mindestens 40 % vom Neuwert ausgeschlossen sein. Darüber hinaus soll eine Wertminderung nicht anfallen, wenn das Fahrzeug älter als 4 Jahre alt ist oder eine Laufleistung von mehr als 100.000 km aufweist. Ob die fast 50 Jahre alte Bemessungsmethode, insbesondere die Einschränkungen, noch den heutigen Verhältnissen auf dem Gebrauchtwagenmarkt entspricht, darf mit Recht bezweifelt werden. Die wesentlichen Faktoren auch auf dem heutigen Gebrauchtwagenmarkt werden jedoch berücksichtigt. Die Methode von Ruhkopf/Sahm ist zudem vom BGH, bislang als einzige, als "brauchbare Bewertungsgrundlage" bezeichnet worden.
2. Halbgewachs
Die Methode nach Halbgewachs zur Festlegung der oberen Bemessungsgrenze der Wertminderung geht auf eine 1964 von der DEKRA herausgegebenen Broschüre zurück, die, nunmehr von Neugebauer-Püster und Zeisberger, bis 2003 fortgeschrieben wurde. Dabei sollen die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, der Veräußerungswert (Wiederbeschaffungswert), das Fahrzeugalter und die Reparaturkosten ins Verhältnis gesetzt werden, wobei die Reparaturkosten wiederum in Lohnkosten und Materialkosten aufgespaltet sein sollen. Die Berechnung der Wertminderung entspricht der folgenden Formel:
Wertminderung = |
Wiederbeschaffungswert + Reparaturkosten (netto) |
× X |
100 |
Dabei ist X die Summe aus 3 Werten (X = Xm + Xk + Xa), die anhand von Tabellen ermittelt werden, die hier aus Platzgründen nicht abgedr. werden können. Die Werte stellen auf das Fahrzeugalter (Xm), das Verhältnis der Reparaturkosten zum Wiederbeschaffungswert (Xk) und das Verhältnis der Lohnkosten zu den Materialkosten (Xa) ab. Der X-Wert beim Fahrzeugalter (Xm) beginnt bei 3,0 für ein neues Fahrzeug und hört bei einem 6 Jahre alten Fahrzeug mit einem Wert von –1,0 auf. Der Xm-Wert beträgt beispielsweise für ein 12 Monate altes Fahrzeug 2,2. Betragen die anhand der weiteren Tabellen zu ermittelnden X-Werte (Xk u. Xa) zusammen mit dem Wert für das Fahrzeugalter beispielsweise 3,85, wird bei einem Wiederbeschaffungswert von 20.000,00 EUR, Reparaturkosten von 8.403,36 EUR netto (= 10.000,00 EUR brutto) eine Wertminderung von 1.094,00 EUR angenommen. Die Reparaturkosten sollen ohne Umsatzsteuer einzusetzen sein und werden – nach den Richtlinien der DEKRA für die Erstellung von Gutachten – nur in Höhe der mittleren ortsüblichen Stundenverrechnungssätze berücksichtigt. Bei Fahrzeugen, die älter als 6 Jahre (72 Monate) alt sind, soll nur in begründeten Ausnahmefällen eine Wertminderung anfallen. Eine weitere Grenze wird bei 35 % des Wiederbes...