Das Urteil des LG Münster stellt eines der ersten der (mit Spannung erwarteten) Urteile zur Bildung der Quote bei der Leistungskürzung durch den Versicherer (VR) bei einem grob fahrlässigen Fehlverhalten des Versicherungsnehmers (VN) dar. Die Annahme, dass der von der Kammer nach der vorgenommenen Beweiswürdigung angenommene Rotlichtverstoß, der zu dem streitgegenständlichen Unfall des versicherten Kfz geführt hat, den Versicherer zu einer Leistungsfreiheit nach § 81 Abs. 2 VVG berechtigt, überrascht nicht und steht im Einklang mit der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung. Dieses Fehlverhalten der Versicherungsnehmerin ist i.d.R. objektiv als grob fahrlässig einzustufen und es bedarf besonderer vom Versicherungsnehmer darzulegender Umstände, welche in subjektiver Hinsicht einem unentschuldbaren Fehlverhalten entgegenstehen. Diese Umstände haben im vorliegenden Fall gefehlt. Die von der Versicherungsnehmerin behauptete Einfahrt in den Kreuzungsbereich trotz einer "Blendung" dürfte neben der die Schuld grds. vermindernden kurzen Zeitdauer dieses Fehlverhaltens zugleich wegen der besonderen Gefährlichkeit ein schuldsteigerndes Moment darstellen.
Das LG Münster hatte ausgehend von diesen Feststellungen zu überprüfen, ob der Versicherer zu einer Leistungskürzung in Höhe von 50 % nach § 81 Abs. 2 VVG berechtigt ist, wobei sich diese Kürzung an der Schwere des Verschuldens der Versicherungsnehmerin zu orientieren hat. Nach Auffassung des LG ist eine Kürzung in dieser Höhe zumindest gerechtfertigt, wobei seine Ausführungen es nahelegen, dass die Kammer ggf. auch eine höhere Kürzungsquote akzeptiert hätte. Bei der Bildung der Kürzungsquote sind folgende drei Aspekte von besonderer Bedeutung, die derzeit in der Literatur unterschiedlich bewertet werden und (soweit ersichtlich) noch nicht obergerichtlich entschieden worden sind.
1) Bei der Bildung der Kürzungsquote stellt sich als erstes die Frage, ob mit einem Wert von 50 % quasi als "Durchschnittswert" einzusteigen ist und hierauf aufbauend eine Beweislastverteilung stattfindet, bei der entweder jede Seite die für sie günstigen Umstände nachweisen muss oder der Versicherer zwar grundsätzlich die Beweislast trägt, der Versicherungsnehmer aber die in seinem Herrschafts- und Wissensbereich liegenden Umstände zumindest substantiiert darlegen muss. Nach dieser Ansicht wäre die Leistungskürzung mit 50 % ohnehin als Einstiegswert gerechtfertigt und die Versicherungsnehmerin hätte im vorliegenden Fall konkrete Umstände zumindest in subjektiver Hinsicht darlegen, wenn nicht gar beweisen müssen, die eine andere geringere Quote rechtfertigen.
Das LG Münster ist diesen Ansichten in der Literatur jedoch nicht gefolgt und hat sich vielmehr dafür ausgesprochen, eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen, bei der auf jegliche Einstiegsquote mit einer hieran differenzierenden Beweislastverteilung verzichtet wird. Auch die in der Literatur teilweise für die Kaskoversicherung entwickelten Kürzungsquoten, die bei grob fahrlässigen Rotlichtverstößen eine Leistungsfreiheit von i.d.R. 50 % für angemessen erachten bzw. grundsätzlich einen Kürzungsrahmen von 50 – 70 % bzw. bis zu 75 % eröffnet sehen, haben daher für die Quotenbildung der Kammer allenfalls eine Indizwirkung gehabt bzw. einen Vergleichsmaßstab eröffnet. In Anbetracht der dem Rotlichtverstoß innewohnenden Gefährlichkeit und dem Gewicht des objektiven Sorgfaltspflichtverstoßes hat das LG Münster sodann die vom Versicherer vorgenommene Kürzungsquote von 50 % für gerechtfertigt gehalten. Dabei konnte es zugunsten der Versicherungsnehmerin keine in subjektiver Hinsicht wesentlich entlastenden Umstände feststellen. Es zeigt sich daher, dass ungeachtet der Frage des Einstiegs in die Quotenbildung allein vor dem Hintergrund der feststehenden bzw. zumindest ohne Zweifel aufklärbaren objektiven Tatsachen i.d.R. ein gleiches Ergebnis bei der Kürzungsquote erzielt werden dürfte. Differenzen können allerdings dann auftreten, wenn die in subjektiver Hinsicht behaupteten entlastenden Momente in Streit stehen und mit der oben dargelegten, insbesondere von Felsch vertretenen Auffassung dem Versicherungsnehmer die Beweislast für diese Umstände auferlegt wird, wenn die Kürzung unterhalb von 50 % liegen soll. Zumindest dürfte den Versicherungsnehmer diesbezüglich eine sekundäre Darlegungslast treffen, an die strenge Anforderungen zu stellen sind.
2) Bei der weiteren Quotenbildung stellt sich sodann die Frage, in welchen Schritten die konkrete Kürzungsquote zu bilden ist. Das LG Münster favorisiert hierbei ein Vorgehen in Schritten von jeweils 25 % (25, 50, 75 und 100 %), um eine Vergleichbarkeit bzw. Gleichbehandlung ähnlicher Sachverhalte zu gewährleisten. Diese Vorgehensweise deckt sich mit der in der Literatur vertretenen Auffassung, zumindest im Massengeschäft der Kraftfahrtversicherung auf diese Weise vorzugehen. Zu beachten ist allerdings, dass für den Versicherungsnehmer bei dem Auftreten erheblicher Fah...