Aus den Gründen: „… 1. Der auf eine arglistige Täuschung durch den Versicherungsnehmer gestützten Anfechtung und ihrer Berücksichtigung im Rechtsstreit steht nicht entgegen, dass die Beklagte Informationen über den verschwiegenen Morbus Crohn auf möglicherweise rechtswidrigem Weg erlangt hat …
Die “Schlusserklärung’ des Versicherungsnehmers ist jedoch als solche nicht geeignet gewesen, die behandelnden Ärzte wirksam von ihrer Schweigepflicht zu entbinden. Es kommt nicht darauf an, ob die vorab erteilte Generalermächtigung wegen einer Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach den vom BVerfG (zfs 2007, 34) statuierten Grundsätzen unwirksam ist. Jedenfalls hätte die Beklagte im Jahr 2007 auf der Grundlage der “Schlusserklärung’ an Frau Dr. S schon deshalb keine Fragen zu “früheren Erkrankungen’ richten dürfen, weil die Erklärung eine solche Ermächtigung nicht hergab. Soweit – wie hier – nicht die todesursächliche Erkrankung als solche in Rede stand, waren das Fragerecht und die Schweigepflichtentbindung auf einen Zeitraum von drei Jahren nach der Antragsannahme begrenzt. Letztere erfolgte im Oktober 2003, sodass die Frist im Oktober 2006 bereits abgelaufen war.
b. Gleichwohl steht der Umstand, dass der Beklagten der Morbus Crohn des Versicherungsnehmers wohl ohne (vertrags-)rechtliche Grundlage bekannt geworden ist, der Arglistanfechtung und ihrer Berücksichtigung im Prozess nicht entgegen. Der Senat ist der Ansicht, dass der in einer unzulässigen Informationsgewinnung liegende denkbare Eingriff in das Recht der informationellen Selbstbestimmung im Verfahren nicht zu berücksichtigen ist, weil die Klägerin zu diesem Umstand nichts vorgetragen und sich darauf nicht berufen hat (vgl. Fricke, VersR 2009, 297).
Dabei geht es um die Befugnis zur Verwertung des Vortrags der Parteien und zur Verwertung der von ihnen angebotenen und der etwa erhobenen Beweise. Ein solches Problem kann zwar in aller Regel erst dann auftreten, wenn ein Umstand beweisbedürftig ist und die Zulässigkeit einer Beweiserhebung oder -verwertung überhaupt erst im Raum steht. Daran fehlt es an und für sich, wenn eine verschwiegene Vorerkrankung des Versicherungsnehmers unstreitig ist (vgl. OLG Hamburg VersR 2008, 770) … In solchen Fällen können daher im Allgemeinen die Grundsätze der Verwertung unter Verstoß gegen das materielle Recht verschaffter Beweismittel nicht unmittelbar herangezogen werden … Jedoch kann einer Partei nicht angesonnen werden, Informationen, die sich die Gegenseite unter Verletzung von Rechten beschafft hat, der Sache nach zu bestreiten, um sicher zu stellen, dass diese Erkenntnisse nicht verwertet werden dürfen. Das hieße nämlich entweder, von einer Partei prozessual unredliches Verhalten zu verlangen, oder von einer Partei zu erwarten, dass sie sich letztlich den Ergebnissen des unredlichen Verhaltens ihres Gegners beugt.
Ungeachtet dessen ist es – in den Grenzen, die die Unantastbarkeit der Menschenwürde setzt – Aufgabe einer jeden Partei, ihre persönlichkeitsrechtlichen Interessen selbst zu wahren. Jede versicherte Person kann daher darauf verzichten, die fehlende Ermächtigung zur Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten – und die sich aus ihrer rechtswidrigen aber faktisch erfolgreichen Vornahme für Versicherer ergebenden Möglichkeiten zur Lösung vom Vertrag – zu beanstanden. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zu sichern, das die Informationsbeschaffung der Versicherer begrenzt, ist daher Aufgabe der betroffenen Person selbst: Es steht zu Ihrer Disposition. Verlangt sie nicht – vorgerichtlich oder im Rechtsstreit – grundrechtswidrig erhobene Daten unbeachtet zu lassen, so bedarf es von vornherein keiner Klärung, ob sie – gesetzlich oder vertraglich – gehalten gewesen wäre, sie dem Versicherer zu beschaffen. Die Klägerin hätte also die Unzulässigkeit der Erhebung gesundheitsbezogener Daten ausdrücklich rügen müssen. Das ist nicht geschehen. An dem die Klägerin treffenden Rügeerfordernis ändert es nichts, dass nicht ihre eigenen (Grund-)Rechte, sondern solche des verstorbenen Versicherungsnehmers betroffen sind. Soweit die Klägerin sich nicht auf eine unzulässige Informationserhebung beruft, disponiert sie nicht etwa über fremde Grundrechte. Sie sieht lediglich davon ab, einen etwaigen, bereits abgeschlossenen Eingriff in Rechte eines Dritten zur erfolgreichen Unterstützung eigener vermögensrechtlicher Ansprüche heranzuziehen. Das ist ihr unbenommen.
2. Das LG ist in nicht zu beanstandender Weise zu der Annahme arglistigen Verhaltens des Versicherungsnehmers gelangt. ...
(2) Die gegebenen Indizien durfte das LG als die Annahme von Arglist hinreichend begründend ansehen …
Das LG hat zunächst in Betracht gezogen, dass der Antragsteller unstreitig durch die Erkrankung in seiner Lebensführung nicht wesentlich beeinträchtigt und weitgehend beschwerdefrei gewesen sei, gleichwohl aber der objektiven Schwere, Dauer und stetigen Behandlungsbedürftigkeit ein höheres Gewicht beigemessen und die Anz...