VVG § 81 Abs. 2
Verursacht ein Versicherungsnehmer einen Verkehrsunfall im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit, darf der Versicherer die Entschädigung um 100 % kürzen.
(Leitsatz der Schriftleitung)
AG Berlin-Mitte, Urt. v. 17.3.2010 – 114 C 3271/09
Der Kläger macht vorliegend einen Anspruch gegen die Beklagte aus einem zwischen den Parteien bestehenden Kaskoversicherungsvertrag für den Pkw Peugeot des Klägers geltend. Dem Versicherungsvertrag liegen die AKB 2008 zu Grunde. Abschnitt A.2.15 der AKB regelt den Versicherungsschutz bei grober Fahrlässigkeit und lautet:
“Wir leisten auch bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles. Allerdings sind wir berechtigt, unsere Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen,
a) wenn der Fahrer infolge Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen … ”
In einem undatiert vorgelegten Schreiben der Beklagten an den Kläger verweist die Beklagte auf das Inkrafttreten des neuen VVG und führt aus: "Außerdem verzichten wir grundsätzlich auf eine Leistungskürzung bei grob fahrlässig herbeigeführten Kaskoschäden, wenn Sie z.B. einmal kurz nicht aufpassen und eine rote Ampel überfahren."
Beim Befahren einer beidseitig beparkten Straße stieß der Kläger um 18 Uhr 20 mit seinem Fahrzeug an einem dort geparkten Pkw Rover und im Anschluss daran gegen einen davor geparkten Pkw Ford. Eine um 20.00 Uhr beim Kläger entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,13 Promille.
Aus den Gründen:
“Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaskoversicherungsvertrag. Die Beklagte hat sich wirksam auf eine Haftungsreduzierung ihrer Leistungspflicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles gem. § 81 Abs. 2 VVG, Abschnitt A.2.15 a AKB berufen.
Es kann zunächst keine Rede davon sein, dass die Beklagte auf Grund ihres Schreibens zum Versicherungsschein vollständig auf Leistungskürzung auch bei grob fahrlässig herbeigeführten Kaskoschäden verzichtet habe. Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung des Schreibens, wonach ‘grundsätzlich’ auf eine Leistungskürzung verzichtet werden soll. Ein ‘grundsätzlicher’ Verzicht bedeutet aber, dass es auch Ausnahmen geben kann. Entsprechend nennt die Beklagte in dem Schreiben auch ein Beispiel für den Verzicht auf Leistungskürzung; kurzes Nichtaufpassen und Überfahren einer roten Ampel. Ein Verzicht auf Leistungskürzung in jedem Fall kann nicht angenommen werden. Dies ergibt sich zusätzlich aus den AKB der Beklagten, in denen ausdrücklich auf ein Kürzungsrecht der Leistung für den Fall, dass der Fahrer in Folge Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen, Bezug genommen wird.
Vorliegend war die Beklagte berechtigt, ihre Leistungspflicht um 100 % zu kürzen, denn dem Kläger fällt ein grob fahrlässiges Verhalten zur Last. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich, das heißt in hohem Maße, außer Acht lässt und nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten muss. Voraussetzung hierfür ist eine schlechthin unentschuldbar erscheinende Pflichtverletzung, die in subjektiver Hinsicht ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden erfordert. Diese Voraussetzungen sind erfüllt …
Dadurch, dass sich der Kläger im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit an das Steuer setzte, hat er gröblich gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verstoßen. Das Führen eines Fahrzeugs im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit erfüllt regelmäßig den Tatbestand der mindestens groben Fahrlässigkeit. Dem Kläger war auch bewusst, Alkohol getrunken zu haben. Er hatte auch nicht lediglich ein Glas Weißwein getrunken, sondern nach eigenem Vorbringen ‘mehrere Gläser Weißwein’. Unabhängig davon, ob sich der Kläger dies im Zeitpunkt des Anrufes seiner Ehefrau konkret vergegenwärtigte, musste ihm bewusst sein, dass er sich im Zustand alkoholischer Beeinflussung an ein Steuer setzte. Wer sich im absolut fahruntüchtigen Zustand an das Steuer eines Kraftfahrzeugs setzt, verstößt grundsätzlich objektiv in grober Weise gegen die ihm im Verkehr obliegenden Sorgfaltspflichten. Ein solches Verhalten gehört zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt. Es ist heute auch so sehr Allgemeingut, dass sich ein unter starker Alkoholeinwirkung stehender Kraftfahrer nicht mehr an das Steuer seines Fahrzeugs setzen darf und dass er durch ein Fahren in fahruntüchtigem Zustand andere Verkehrsteilnehmer, sich selbst und sein Fahrzeug einer unverantwortlichen Gefährdung aussetzt, sodass unbedenklich davon ausgegangen werden kann, dass bei jedem Kraftfahrer die Schwelle für ein Fahren trotz alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit stark heraufgesetzt ist …
Dafür, dass eine zum Unfallzeitpunkt vorliegende absolute Fahruntüchtigkeit unfallursächlich ist, spricht e...