BGB § 437 Ziff. 2 i.V.m. §§ 440, 346
Das Fehlen des ESP in einem Fahrzeug der Kompaktklasse, das im Wege des Re-Imports verkauft worden ist, begründet dann einen Mangel des Fahrzeugs, wenn die Ausstattung des Fahrzeugs mit ESP, die in Deutschland regulär angeboten werden, und der Käufer nicht damit rechnen musste, bei einem Re-Import-Fahrzeug könne dies anders sein.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Karlsruhe, Urt. v. 30.7.2010 – 5 O 97/10
Der Kläger macht die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufes geltend. Er kaufte bei dem Beklagten ein Re-Import-Fahrzeug, das im Gegensatz zu den regulär in Deutschland gefertigten Fahrzeugen über keinen ESP verfügte.
Nach dem der Kläger mehrfach Mängel gerügt hatte, die der Beklagte Nachbesserungsversuchen unterzog, rügte er das erst jetzt entdeckte Fehlen der ESP.
Neben weiteren Mängeln rügte der Kläger, dass entgegen ausdrücklicher Zusicherungen des Beklagten vor dem Kauf die Ausstattung mit ESP fehle. Die Beklagte bestritt das Vorliegen von Mängeln und behauptete, der Kläger sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Pkw nicht über eine ESP verfüge.
Nach Beweiserhebung gab das LG der Klage statt.
Aus den Gründen:
“Die Klage ist zulässig. Sie ist im Hinblick auf den Zug um Zug zu leistenden Wertersatz für die erbrachte Fahrleistung dahin auszulegen, dass auf die Fahrleistung im Rückgabezeitpunkt abzustellen ist. Sie ist damit genügend bestimmt (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl. 2009, Rn 640). Im Hinblick auf den Annahmeverzug besteht ein Feststellungsinteresse (§ 756 BGB).
II. Die Klage hat in der Sache Erfolg.
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückabwicklung des Pkw-Kaufvertrages, d.h. Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, aus § 437 Ziff. 2 i.V.m. §§ 440, 346 BGB. Das gelieferte Fahrzeug ist auf Grund des fehlenden ESP mangelhaft. Der Kläger war auf Grund des Mangels zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt. Auf das Vorliegen der weiteren behaupteten Mängel kommt es nicht an.
a) Zwischen den Parteien des Rechtsstreits kam ein Kaufvertrag über den streitgegenständlichen Pkw zu Stande.
b) Das gelieferte Fahrzeug ist mangelhaft. Das fehlende ESP begründet einen Mangel des Fahrzeugs.
Die Kaufsache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Wurde eine Beschaffenheit nicht vereinbart, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 BGB),
Das gelieferte Fahrzeug war und ist hiernach nicht frei von Sachmängeln. Es kann dahinstehen, ob die Ausrüstung des Fahrzeugs mit einem ESP vertraglich vereinbart wurde. Sie war jedenfalls üblich und der Käufer konnte sie nach Art der Sache erwarten.
aa) Der schriftliche Kaufvertrag enthält zur Frage, ob das Fahrzeug mit ESP ausgerüstet war, keine (ausdrücklich) Angabe. Zur Ausstattung finden sich nur wenige Hinweise. Ein Hinweis ergibt sich aus der Buchstabenkombination ‘COS’. bei der Bezeichnung des Fahrzeugtyps. Nach den informatorischen Angaben des Klägers handelte es sich um die Ausstattungslinie ‘Cosmo’. Darüber hinaus finden sich lediglich die Angaben ‘ALPHA/MARROCANA; ANTHRAZIT’ sowie ‘Klimaautomatik’. Weitere Ausstattungsdetails sind nicht genannt.
bb) Die Befragung des Klägers sowie der benannten Zeugen zu den Verkaufsgesprächen hat das Folgende erbracht:
Der Kläger hat informatorisch angegeben, er habe gewusst, dass es sich bei dem erworbenen Fahrzeug um ein Re-Import-Fahrzeug gehandelt habe. Woher es gekommen sei, habe er nicht gewusst. Das Fahrzeug habe die sog. Cosmo-Ausstattung aufgewiesen (s.o.), welche es auch in Deutschland gebe. Er habe extra nachgefragt, ob Abweichungen zu der Cosmo-Ausstattung nach deutscher Spezifikation bestünden. Die Frage sei verneint worden. Am Tage der Unterzeichnung des Kaufvertrages habe er nochmals nachgefragt, ob die Sicherheitsausstattung der Ausstattungslinie Cosmo in Deutschland entspreche. Er habe dabei ausdrücklich nach dem Vorhandensein eines ESP gefragt. Beides sei bejaht worden. Das ESP sei für ihn sehr wichtig gewesen, da er viel unterwegs sei. Gesprächspartner sei in allen Fällen der Zeuge R gewesen.
Die Zeugin, Ehefrau des Klägers, hat angegeben, es hätten sicherlich vier bis fünf Termine beim Autohaus stattgefunden, bevor das Fahrzeug gekauft worden sei. Sie sei abgesehen von vielleicht zwei Terminen dabei gewesen. Es sei bekannt gewesen, dass es sich bei dem erworbenen Fahrzeug um ein Re-Import-Fahrzeug gehandelt habe. Es habe geheißen, das Fahrzeug verfüge über die Ausstattung ‘Cosmo’. Sie und ihr Ehemann hätten sich im Internet informiert, was alles dazu gehöre, und in Erfahrung gebracht, dass u.a. ein ESP umfasst gewesen sei. Der Kläger habe den Verkäufer ausdrücklich nach dem Vorhandensein eines ESP gefragt. ...