“ … 1. Die Bekl. ist nicht wegen Verletzung einer nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit ganz oder teilweise gem. § 8 Nr. 3a) i.V.m. Nr. 2a) gg) VGB Teil B i.V.m. § 28 Abs. 2 VVG von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden.
a. Allerdings hat die Bekl. ihre versicherungsvertragliche Obliegenheit, das “Schadenbild so lange unverändert zu lassen, bis die Schadenstelle oder die beschädigten Sachen durch den VR freigegeben worden sind’, objektiv verletzt, weil eine Freigabe durch die Bekl. nicht erfolgt ist.
Der Bekl. wäre es insoweit – entgegen der Meinung des LG – nicht deshalb versagt sich auf vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit zu berufen, weil es an der durch § 28 Abs. 4 VVG gebotenen Belehrung fehlt. Es trifft zwar zu, dass es nach dem Formular der Bekl. zur Schadenanzeige an einer formell und materiell den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung fehlt: Der Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit ist im Fließtext der Schadensanzeige enthalten und drucktechnisch in keiner Weise hervorgehoben. Die Belehrung ist also nicht, wie § 28 Abs. 4 VVG es verlangt, abgesondert. Darüber hinaus ist die Belehrung inhaltlich unzulänglich, weil es an einem Hinweis auf den der Kl. eröffneten Kausalitätsgegenbeweis fehlt.
Einer Belehrung bedurfte es aber gar nicht. Die Obliegenheit, die Schadenstelle unverändert zu lassen, entsteht im Zeitpunkt des Versicherungsfalls von selbst, setzt kein besonderes Verlangen des VR voraus und stellt daher eine spontan zu erfüllende besondere Aufklärungsobliegenheit dar, auf die § 28 Abs. 4 VVG bei seinem Sinn entsprechender Auslegung nicht anwendbar ist (Römer/Langheid/Rixecker, 3. Aufl., § 28 Rn 105).
c. Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit der Bekl. würde auch nicht daran scheitern, dass es der Kl. gelungen wäre, das Fehlen jeden Einflusses ihrer Obliegenheitsverletzung auf die Feststellung des Eintritts oder des Umfangs der Leistungspflicht auszuschließen (§ 28 Abs. 3 VVG). Das folgt schon daraus, dass jedenfalls zum – maßgeblichen – Zeitpunkt der Regulierungsentscheidung des VR – nämlich der Ablehnung von Leistungen – aufgrund des Abrisses des Vordachs nicht uneingeschränkt fest stand, ob der Versicherungsfall Schneedruck eingetreten war oder ob Vorschäden zu dem Wassereintritt in den darunter liegenden Räumen geführt oder beigetragen hatten.
d. Die Bekl. hat ihre Obliegenheit jedoch weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. Von einem vorsätzlichen Verhalten eines VN ist auszugehen, wenn – was der VR zu beweisen hat – fest steht, dass ihm die ihn treffende Verhaltensnorm bekannt war und er sie missachten wollte (BGH VersR 1993, 830). Dafür fehlt es schon deshalb an Anhaltspunkten, weil die Obliegenheit des § 8 Nr. 2a) gg) VGB 2008 Teil B in der der Kl. überreichten Schadenanzeige inhaltlich erheblich verändert wiedergegeben war und die Kl. sich daher von vornherein im Unklaren darüber sein durfte, weiches Verhalten von ihr erwartet wurde. Dort ist nämlich die Aufforderung enthalten, die Schadensstelle “möglichst’ so lange unverändert zu lassen, bis “eine Besichtigung erfolgt’ ist. Ähnliche Formulierungen werden von der Rspr. (OLG Hamm VersR 2009, 395) zwar lediglich dahin verstanden, dass sie dem VN kein Belieben eröffnen und nur in Ausnahmefällen eine Veränderung der Schadensstelle als vertragskonform hingenommen wird. Durch die von § 8 Nr. 2a) gg) VGB 2008 Teil B abweichende Wartezeit – statt der Freigabe durch den VR wird auf eine Besichtigung abgestellt – musste sich der Bekl. aber nicht einmal aufdrängen, dass sie nach der Aufnahme der Schadenanzeige durch den Zeugen S, der Fertigung von Fotos und der Aufforderung, einen Kostenvoranschlag einzuholen weiterhin – über Wochen und bei fortdauerndem Wassereintritt – mit Instandsetzungsarbeiten nicht beginnen durfte.
Aus diesen Gründen liegt auch keine grobe Fahrlässigkeit vor. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und das unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Da sich nicht einmal dem Zeugen S als dem Vertreter des VR aufgedrängt hat, dass die Bekl. eine weitere Aufnahme des Schadens durch einen Sachverständigen für erforderlich halten würde, auch in den Tagen unmittelbar nach der Besichtigung des Vordachs durch den Zeugen S und angesichts des Risikos weiterer witterungsbedingter Nässeschäden innerhalb des Anwesens kein Hinweis des VR erfolgte, der der Kl. die Notwendigkeit einer weiteren Begutachtung hätte vor Augen führen können, kann der Bekl. schwerlich ein schlechthin unentschuldbares Verhalten durch die Veranlassung der Instandsetzung vorgeworfen werden.
2. Vom Eintritt eines Versicherungsfalls ist auszugehen, weil die Bekl. der sie aufgrund der ihr vorzuwerfenden Verletzung einer Beratungspflicht treffenden Last, trotz einer Vielzahl für den Eintritt des Versicherungsfalls sprechender, ihn sehr wahrscheinlich mache...