© Stefan Eckstein
Der November ist Schlussverkaufszeit. Nicht nur das Weihnachtsgeschäft hinterlässt in der Werbung seine Spuren. Auch die Kfz-Versicherer sind in Funk und Fernsehen präsent und weisen auf das Datum des Jahres hin: Der 30.11. Die letzte Gelegenheit zum Wechsel. Wohl kaum eine Versicherung wird von den Deutschen so regelmäßig verglichen und getauscht wie die Kraftfahrzeugversicherung. Internetportale ermöglichen die schnelle Umdeckung mit ein paar Mausklicks.
Während Haftpflicht-, Kasko- und Unfallversicherung seit Jahren fester Bestandteil im Umfang der Versicherung sind, hat sich in den letzten Jahren eine neue Sparte entwickelt, die bei Versicherungsnehmern, aber auch Rechtsanwälten, noch weitgehend unbekannt ist: Die Fahrerschutzversicherung. Auch wenn der Versicherungsumfang je nach Bedingungen und Versicherer deutlich variieren kann, ist sie grundsätzlich eine Versicherung des Fahrers gegen Personenschäden. Der Versicherer ersetzt die Schäden so, als wenn eine Kfz-Haftpflichtversicherung eintrittspflichtig wäre. Schmerzensgeld, Verdienstausfall und Haushaltsführungsschaden werden von der eigenen Versicherung bei Verletzung des Fahrers gezahlt und bei Tötung Unterhalt für die Hinterbliebenen geleistet.
Im Gegensatz dazu sind die Ausschlüsse überschaubar. Vorsatz, alkohol- oder drogenbedingte Fahrunsicherheit und die Teilnahme an Rennveranstaltungen sind nicht versichert. Wichtigste Ausnahme des Versicherungsschutzes ist die Subsidiarität: Besteht ein Anspruch gegen den Unfallgegner bzw. einen Privat- oder Sozialversicherer, kann die Fahrerschutzversicherung nicht in Anspruch genommen werden. Daraus folgt auch der wichtigste Anwendungsbereich: Bei selbst verschuldeten Unfällen und Unfällen, für die nur eine teilweise Haftung besteht, ist die Fahrerschutzversicherung für den nicht durch Dritte abgedeckten Teil eintrittspflichtig. Wer also im Rahmen seiner Kraftfahrtversicherung Vollkasko- und Fahrerschutz genießt, ist weitgehend gegen Sach- und Personenschäden abgesichert.
Die Fahrerschutzversicherung hat auch für die anwaltliche Beratung Folgen. Gerade weil sie noch nicht den Bekanntheitsgrad der anderen Sparten der Autoversicherung hat, muss der Anwalt nachforschen. Nicht wenige Versicherungsnehmer haben die Fahrerschutzversicherung mitversichert, ohne es zu wissen. Unterlässt der Anwalt daher die Nachfrage beim Mandanten, ob dieser eine solche Versicherung abgeschlossen hat, ist das ein haftungsträchtiger Fehler. Andererseits darf er sich wegen der nicht seltenen Unkenntnis des Mandanten von seinem Versicherungsschutz auch nicht auf dessen Aussage verlassen, eine solche Versicherung würde nicht bestehen. Kein Anwalt ist gut beraten, alleine auf die Angaben des Mandanten zu vertrauen. Ein Blick in den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen ist unverzichtbar. Wann immer ein Mandant einen Personenschaden erlitten hat und er diesen selbst verschuldet oder mithaftet, sollte die Überprüfung zum Standard der anwaltlichen Beratung werden. Dies gilt auch für Anwälte, die die Strafverteidigung übernommen haben und an mögliche versicherungsrechtliche Ansprüche nur selten denken werden.
Aber selbst dann, wenn der Mandant – vom Anwalt sicher überprüft – keine Fahrerschutzversicherung besitzt, ist damit die anwaltliche Beratung nicht zu Ende: Er ist nach dem Warum zu fragen. Warum hat er sie nicht abgeschlossen? Hat der Versicherer, Vertreter oder Makler ihn darüber beraten? Wenn nein, hätte er dann bei beratungskonformen Verhalten diese Versicherung abgeschlossen? Besteht dann nicht ein Anspruch aus und wegen der falschen oder schlechten Beratung? Der nicht über die Fahrerschutzversicherung versicherte Personenschaden kann dann möglicherweise über das Beratungsverschulden erlangt werden.
Die Fahrerversicherung: Ein unbekannten Wesen, mit dem sich der Anwalt aus ureigenen Interessen schnellstens bekanntmachen sollte. Und wenn Sie dies nicht nur im Interesse des Mandanten tun: Bis 30.11. können Sie noch mit Ihrer Versicherung reden.
Autor: Christian Funk
RA Christian Funk, FA für Versicherungsrecht und
FA für Verkehrsrecht, Saarbrücken