“ … II. 2. Die Unterlassungsklage ist auch begründet.
a) Anspruch der Kl. aus § 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG
Die Kl. verlangt zu Recht gem. § 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG von der Bekl., die Verwendung der unter § 5a Abs. 5a) bb) und b) bb) ihrer Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB 2009) geregelten Klausel insoweit zu unterlassen, als bei Beauftragung eines seitens der Bekl. empfohlenen RA ein schadenfreier Verlauf fingiert wird. Diese Fiktion eines schadenfreien Versicherungsverlaufs stellt sich als Belohnung des Versicherten für die Wahl eines aus dem Kreis der von der Bekl. empfohlenen RA dar, die sich bei einem möglicherweise folgenden Versicherungsfall in einer niedrigeren Selbstbeteiligung auswirkt.
Bestimmungen in AGB sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine unangemessene Benachteilung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Verknüpfung der Wahl eines von der Bekl. empfohlenen Anwalts mit dem Vorteil, trotz Inanspruchnahme der Rechtsschutzversicherung nicht in eine ungünstigere Schadenfreiheitsklasse zurückgestuft zu werden, verstößt gegen §§ 127, 129 VVG.
aa) Rechtliche Grundlage der Beurteilung sind die im VVG v. 23.11.2007 (VVG 2008) normierten Vorschriften des § 127 und § 129 VVG, die ihren Vorgängervorschriften der § 158m und § 158o VVG inhaltsgleich entsprechen, und die hierzu ergangene Judikatur.
(1) Gem. § 127 VVG ist der VN berechtigt, den RA, der seine Interessen sowohl in Gerichts- und Verwaltungsverfahren als auch außergerichtlich wahrnehmen soll, aus dem Kreis der RAe, deren Vergütung der VR nach dem Versicherungsvertrag trägt, frei zu wählen. Gem. § 129 VVG kann von dieser Vorschrift nicht zum Nachteil des Versicherten abgewichen werden. Hiermit wird dem VN in Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 lit. a) der Richtlinie 87/344/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung die freie Anwaltswahl garantiert.
(2) In seinem noch vor Umsetzung der EG-Richtlinie ergangenen Urt. v. 26.10.1989 (NJW 1990, 578) hat der BGH die Bedeutung der freien Anwaltswahl hervorgehoben. Unter Verweis auf die damals allein geltende Vorschrift des § 3 Abs. 3 BRAO unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben gem. § 242 BGB hat der BGH ausgeführt, dass das Gesetz dem Einzelnen das Recht der freien Anwaltswahl um seines individuellen Schutzes willen verliehen habe. Das persönliche Vertrauen des Rechtssuchenden in den zu beauftragenden Anwalt bilde die sachliche Grundlage des Mandatsverhältnisses und könne daher grds. auch nur von dem in seinen Interessenbetroffenen Rechtssuchenden selbst wahrgenommen werden (BGH NJW 1990, 578 Tz. 28 m.w.N.). Auch das BVerfG sieht dieses Recht in engem Zusammenhang mit dem Grundsatz der freien Advokatur, der zu den tragenden Grundlagen der Rechtsordnung zählt (BVerfGE 15, 226/234; 34, 293/302).
Im damals entschiedenen Fall sah der BGH das Recht der freien Anwaltswahl dadurch beeinträchtigt, dass die Auswahl des RA aufgrund von Mitgliedschaftsbedingungen eines Mietervereins nicht mehr demjenigen überlassen blieb, dessen Interessen zu wahren waren, sondern auf den Verein übertragen wurde, der insoweit keine eigenen Rechte verfolgte und dessen Vertrauen in den zu beauftragenden RA möglicherweise sogar auf Erwägungen beruhte, die mit den Interessen des Betroffenen nicht übereinstimmten. Das Vertrauen in die persönliche und fachliche Qualifikation des RA, das für die Erteilung des Auftrags zur Verfolgung der wahrzunehmenden Interessen maßgeblich ist, bleibe hierbei unberücksichtigt (BGH NJW 1990, 578/580).
(3) Im Gesetzentwurf zur Reform des VVG v. 20.12.2006 (BT-Drucks 16/3945, 91) ist ausgeführt, dass der Gesetzgeber bewusst den Vorschlag der VVG-Kommission, für Sammelverfahren eine Beschränkung der freien Anwaltswahl zu ermöglichen, nicht aufgegriffen hat, weil das Ziel der Erhöhung der Prozessökonomie wegen des eingeschränkten Anwendungsbereichs einer solchen Vorschrift nicht erreicht würde. Denn die Beschränkung des Rechts auf freie Anwaltswahl ließe sich nur mit der Bedingung rechtfertigen, dass bei einer gemeinsamen Vertretung mehrerer Geschädigter durch einen Anwalt jegliche Interessenkollision ausgeschlossen werden könne und auch sonst keine berechtigten Interessen des VN entgegenstünden. Demnach ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass das Recht auf freie Anwaltswahl jegliche Interessenkollision von vorneherein vermeiden soll.
(4) Die Bedeutung des Rechts auf freie Anwaltswahl wird darüber hinaus in dem Urt. des EuGH v. 10.9.2009 (NJW 2010, 355) hervorgehoben. Insb. wird in dieser Entscheidung klargestellt, dass der Anspruch auf freie Wahl des Rechtsvertreters im Rahmen jedes Gerichts- und Verwaltungsverfahrens unabhängig von der Entstehung einer Interessenkolli...