StVZO § 30 Abs. 1 Nr. 1 § 50 Abs. 8 Abs. 10 Nr. 1 und 2 § 69a Abs. 3 Nr. 1 und 18a; Anlage zur BKatV Nr. 214 214.1
Leitsatz
Aus dem Hinweis in Nr. 214 der Anlage zur BKatV auf § 30 Abs. 1 StVZO ergibt sich nicht, dass nur solche Verstöße erfasst werden sollen, die ausschließlich der Generalklausel dieser Vorschrift unterfallen.
Das Betreiben von Xenonscheinwerfern ohne Scheinwerferreinigungsanlage und ohne automatische Leuchtweiteregelung (Höhenregelung) stellt einen Verstoß nach § 50 Abs. 10 Nr. 1 und 2 StVZO dar und ist nach § 69a Abs. 3 Nr. 18a StVZO i.V.m. Nr. 214 der Anlage zum BKatV zu ahnden.
(Leitsatz des Einsenders)
Thüringer OLG, Beschl. v. 13.1.2012 – 1 Ss Rs 185/11
Sachverhalt
Das AG hat den Betr. wegen fahrlässiger Inbetriebnahme eines Lkw in einem die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigenden Zustand zu einer Geldbuße von 180 EUR verurteilt.
Das AG hatte folgendes festgestellt:
“Der Betr. befuhr am 1.2.2011 um 7.50 Uhr mit dem Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen: G die Geraer Straße in W. Dem auf Streifenfahrt befindlichen Polizeibeamten F und Polizeiobermeister D fiel das Fahrzeug des Betr. durch das extreme Licht auf. Die Polizeibeamten entschlossen sich daher zur Überprüfung der Lichtanlage des Fahrzeugs des Betr. Bei der Kontrolle stellten sie fest, dass Xenonbrenner ohne Scheinwerferreinigungsanlage und ohne automatische Höhenregulierung nachträglich verbaut wurden.
Infolge der stärkeren Leuchtkraft der Xenonlampen ist wegen deren größerer Blendwirkung und deren damit gesteigerten Unfallgefahr ohne automatische Höhenregulierung und Scheinwerferreinigungsanlage die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt.
Der Betr., der auch Halter des Lkw war, hätte bei der von ihm im Straßenverkehr zu erwartenden Sorgfalt auch das Fehlen der Scheinwerferreinigungsanlage und der automatischen Höhenregulierung erkennen können.“
Dieses Verhalten hat das Gericht als ordnungswidrig i.S.v. §§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO, 24 StVG gewürdigt und hat dem Betr. die Regelgeldbuße nach Nr. 214.1 des Bußgeldkatalogs (Anlage zur BKatV) auferlegt.
Auf den Antrag des Betr. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde hat das OLG die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zugelassen und die Sache dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern nach § 80a Abs. 3 OWiG übertragen.
Das OLG ändert das Urt. des AG unter Verwerfung der weitergehenden Rechtsbeschwerde dahin ab, dass der Betr. wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen § 50 Abs. 10 StVZO (notwendige Ausrüstung von Scheinwerfern für Fern- und Abblendlicht, die mit Gasentladungslampen ausgestattet sind) zu einer Geldbuße von 180 EUR verurteilt wird.
2 Aus den Gründen:
“ … II. Die nach Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung, hat aber im Übrigen keinen Erfolg.
1. Mit dem angefochtenen Urt. hat das AG ohne Rechtsverstoß festgestellt, dass in der Lichtanlage des Fahrzeugs des Betr. Xenonbrenner ohne Scheinwerferreinigungsanlage und ohne automatische Höhenregulierung nachträglich eingebaut waren.
Es hat dieses Verhalten als Verstoß gegen § 30 Abs. 1 Nr. 1 StVZO angesehen, der eine Ordnungswidrigkeit nach § 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO darstellt. Dies ist, wie mit dem Rechtsmittel zutreffend vorgetragen wird, fehlerhaft.
§ 30 Abs. 1 StVZO stellt eine Generalklausel für die Beschaffenheit von Fahrzeugen dar. Ist die Verkehrsunsicherheit aber auf Umstände zurückzuführen, die Gegenstand spezieller Beschaffensvorschriften in den §§ 32 ff. StVZO sind, greift § 30 Abs. 1 StVZO nicht ein (BayOblG, VerkMitt 1967 Nr. 106 und NJW 1981, 2135; Beschl. des Senats v. 18.5.2004 – 1 Ss 121/04, DAR 2005, 643).
Hier tragen die getroffenen Feststellungen einen Verstoß gegen § 50 Abs. 10, Nrn. 1 und 2 StVZO. Danach müssen Kfz mit Scheinwerfern für Fern- und Abblendlicht, die mit Gasentladungslampen ausgestattet sind, mit einer automatischen Leuchtweiteregelung i.S.d. Abs. 8 des § 50 StVZO und einer Scheinwerfereinigungsanlage ausgerüstet sein.
Xenonscheinwerfer erzeugen Licht nach dem Prinzip der Gasentladung. Der Begriff der automatischen Höhenregelung, der vom AG im angefochtenen Urt. verwendet wurde, ist ein Synonym für die vom Gesetz geforderte automatische Leuchtweiteregelung.
Demnach hat sich der Betr. nicht wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 StVZO, sondern nach einer solchen gem. § 50 Abs. 10 Nrn. 1 u. 2 StVZO ordnungsrechtlich zu verantworten (§ 69a Abs. 3 Nr. 18a StVZO).
2. Die Bußgeldbemessung nach Nr. 214, 214.1 der Anlage zur BKatV ist nicht zu beanstanden.
In Nrn. 214, 214.1 der Anlage zur BKatV heißt es (bei den angegebenen Bestimmungen handelt es sich um Regelungen der StVZO):
“Kfz in Betrieb genommen, das sich in einem Zustand befand, der die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt |
§ 30 Abs. 1 § 69a Abs. 3 Nr. 1 |
insb. unter Verstoß gegen eine Vorschrift über Lenkeinrichtungen, Bremsen, Einrichtungen zur Verbindung von Fahrzeugen |
§ 38 § 41 Abs. 1 bis 12, 15 S. 1, 3, 4, Abs. 16, 17 § 43 Abs. 1 S. 1– 3, Abs. 4 S.1, 3 § 69a Abs. 3 Nr. 3, ... |