Die gerichtlich angeordnete Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten war ihm gegenüber ein rechtmäßiger Eingriff. Für die Miteigentümer traten dabei schädigende Nebenfolgen auf, deren Entschädigung nur dann gefordert werden konnte, wenn für sie ein Sonderopfer vorlag, das einen enteignenden Engriff begründete. Die Rspr. hat vielfach bei der Beurteilung öffentlich-rechtlicher Nachbarschaftsverhältnisse Sonderopfer unter Heranziehung der in § 906 Abs. 2 BGB enthaltenden Maßstäbe beurteilt und dadurch die Opfergrenze bestimmt und damit festgestellt, ob die Folgen des Eingriffs für den Anleger nach Dauer, Intensität und Auswirkung so erheblich sind, dass ihm eine entschädigungslose Hinnahme unzumutbar ist (vgl. BGHZ 57, 359, 366; Ossenbuhl/Comils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 345). Für von einem Militärflugplatz ausgehenden Fluglärm hat der BGH das Vorliegen einer die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle überschreitenden Lärmbeeinträchtigung unter Heranziehung der Beurteilungskriterien nach § 906 Abs. 2 BGB angenommen (vgl. BGH NJW 1986, 2423, 2424), wobei von einer "schlicht analog" anwendbaren Bestimmung des § 906 Abs. 2 BGB ausgegangen wird (vgl. BGHZ 161, 323, 329).
Obwohl der Trend der Rspr. unverkennbar dahin geht, das Vorliegen eines Sonderopfers zu verneinen (vgl. BGH zfs 2011, 376 f.; OLG Saarbücken, Urt. v. 19.4.2011 – 4 U 314/10, Rn 64 ff.; OLG Koblenz MDR 2010, 153) geht die Entscheidung des BGH, die nicht an die Konfliktsregelung des zivilrechtlichen Nachbarrechts als allgemeiner Rechtsgedanke anknüpfen kann, auf weitere Begründungsmöglichkeiten für Vorliegen und Ausschluss eines Sonderopfers ein. Lag ein Sonderopfer dann vor, wenn als voraussehbare oder nicht voraussehbare Nebenfolge das Maß des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschritten wurde, damit die Sozialbindungsschwelle verletzt worden ist, wird als Ansatzpunkt für diese Bewertung angeführt, dass ein Sonderopfer dann nicht vorliege, wenn sich die Miteigentümer durch die Vermietung an einen "dubiosen" Mieter voraussehbar und freiwillig in die Gefahr angeordneter Durchsuchung begeben haben. Das spricht die Gesichtspunkte des Auswahlverschuldens und des widersprüchlichen Verhaltens der Miteigentümer an. Als Vermieter waren die Miteigentümer nach Ansicht des BGH auch im eigenen Interesse gehalten, die etwaige Gefährlichkeit des Mieters für die Substanz der Wohnung zu beachten und ggf. von einer Vermietung abzusehen. Weiterhin stellte es einen Verstoß gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens dar, wenn der Vermieter in mehr oder weniger begründeter Erwartung polizeilicher Durchsuchungen einen Mieter aufnahm. Beide Umstände stellten innere Tatsachen dar, insb. den Nachweis der Kenntnis der Miteigentümer von dem Treiben ihres Mieters und der sich daraus ergebenden Gefährdung der Substanz ihrer Wohnung. Die noch in der Entscheidung des BGH v. 3.3.2011 (zfs 2011, 376) erkennbare Bereitschaft ein Sonderopfer mit einem Abstellen auf denkbare künftige Geschehensabläufe zu verneinen, wird zwar in Rn 17 durch zusätzliche Erwägungen verteidigt, im vorliegenden Fall aber nicht als taugliche Begründung angesehen. Da Vermietung und spätere Schädigung durch die Durchsuchung "grds. völlig unabhängig" (Rn 12) nebeneinander stehen, muss gesichert sein, dass die Vermieter wussten oder sich ihnen aufdrängen musste, dass die Wohnung von dem Mieter zur Begehung von Straftaten benutzt wurde. Das Vorlegen dieser inneren Tatsachen ist nicht mit der floskelhaften Wendung, die Verstrickung des Mieters sei den Vermietern bekannt gewesen, nachgewiesen. Vielmehr müssen Indizien angeführt und in ihrem Zusammenhang gewürdigt werden, die diesen Schluss rechtfertigen. Für eine solche Kenntnis eines der Miteigentümer mag es sprechen, dass er mit der Schwester des Beschuldigten in einer Beziehung lebt. Problematisch wird die Beurteilung dann, wenn der Beschuldigte gegenüber den Vermietern erklärt hatte, er befasse sich künftig nicht mehr mit Drogengeschäften und dies nach den Umständen glaubhaft erschien, die Vermietung der Wohnung gerade auch zu dem Zweck erfolgt ist, ihm einen Start zu ermöglichen.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 11/2013, S. 618 - 621