Bei der Überprüfung der angeblichen Unfallfolgen mit erheblichen Auswirkungen kommt den tatsächlichen Beeinträchtigungen im Alltag bzw. Berufsleben mithin eine erhebliche Bedeutung zu. Insbesondere wenn die Unfallfolgen mangels körperlich überprüfbarer Einschränkungen nur eingeschränkt einer medizinischen Überprüfung zugänglich sind, kann es geboten sein, durch eigene Ermittlungen und notfalls die Observation des Betroffenen zu überprüfen, ob sich die behaupteten Auswirkungen tatsächlich zeigen.
Da bei derartigen Ermittlungen immer das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen tangiert ist, sind diese Maßnahmen nur unter Beachtung einer Reihe an Voraussetzungen gerechtfertigt. So ist erste Voraussetzung für eine Verwertbarkeit der darauf beruhenden Erkenntnisse, dass auf Seiten des Versicherers ein konkreter Verdacht wegen der Vortäuschung bestimmter Unfallfolgen oder zumindest einer Aggravation bestanden hat. Bei einem fehlenden Verdacht ist die Beauftragung von Detektiven (selbst wenn diese nicht mit verwerflichen Mitteln tätig werden) dagegen als unlauter anzusehen. Darüber hinaus ist der damit verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Dies bedeutet, dass der Eingriff erforderlich gewesen sein muss, d.h. keine milderen, aber gleich wirksamen Aufklärungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden haben und das Übermaßverbot gewahrt wird. Dies erfordert eine Güterabwägung, bei welcher die Intensität des Eingriffs einerseits unter Berücksichtigung der betroffenen Sphären gegenüber dem berechtigten Interesse der beteiligten Versicherers an der Abwehr unberechtigter Forderungen zu berücksichtigen sind. Wenn letztere Interessen deutlich überwiegen und der Versicherer sich quasi in einer notstandsähnlichen Lage befindet, sind entsprechende Observierungsmaßnahmen als verhältnismäßig anzusehen. Dies ist beispielsweise bejaht worden, wenn der konkrete Verdacht besteht, dass der Anspruchsteller eine angebliche Berufsunfähigkeit nur vorspiegelt, um ungerechtfertigte Leistungen zu erhalten oder aber angeblich gravierende Folgen eines ärztlichen Behandlungsfehlers behauptet werden, die sich im Alltag bei dem Betroffenen jedoch überwiegend nicht zeigen.
Bei den o.g. Grundsätzen handelt es sich um Voraussetzungen für eine Verwertung der Erkenntnisse aus Observierungen im Zivilprozess. Sie sind nur dann zu prüfen, wenn die dabei betroffenen Tatsachen streitig sind (i.E. also tatsächlich bestimmte Folgen nur vorgespiegelt werden, aber andere Beobachtungen gemacht worden sind) und einer Verwertung der Beweismittel zu den Observierungen nach § 295 ZPO widersprochen wird.
Auch für eine abschließende Beurteilung durch einen Sachverständigen sind diese Erkenntnisse von entscheidender Bedeutung, da dieser bei einer ärztlichen Untersuchung nur eine Momentaufnahme von dem Betroffenen gewinnen kann. Gerade wenn psychische Unfallfolgen geltend gemacht werden, deren Auswirkungen selbst bei Durchführung von Evaluierungstests nur schwer durch einen Sachverständigen bestimmt werden können, sind Feststellungen in Situationen, bei denen der Betroffene sich keiner Beobachtung bzw. Begutachtung bewusst ist, von zentraler Bedeutung. Dementsprechend ist es auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass ggf. über die Beobachtungen eines Sachverständigen im Rahmen seiner eigenen Untersuchung hinaus in die Beweisaufnahme zu Auftreten und Auswirkungen der Belastungen im Alltag einzutreten ist. Steht nun aufgrund seiner Beobachtungen fest, dass bestimmte Leistungen durch den Betroffenen erbracht werden können, nach seinen eigenen Angaben zu angeblichen Beeinträchtigungen jedoch nie hätten ausgeführt werden können, ist dies eine wichtige Tatsache als Beurteilungsgrundlage durch einen medizinischen Sachverständigen. So kann z.B. eine bloß vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit durch Wahrnehmungen von Detektiven zu einer Vielzahl beim "Krankfeiern" ausgeübter körperlicher Tätigkeiten widerlegt werden und Basis dieser bewiesenen Tatsachen kann auch der Sachverständige aus medizinischer Sicht die behauptete Arbeitsunfähigkeit wie auch die ihr angeblich zugrunde liegenden Verletzungen ablehnen.