Was passiert nun nach der Ablehnung? Der Richter müsste eine schriftliche dienstliche Erklärung zu dem gerügten Sachvortrag abgeben, hierbei müsste er zunächst – auch unter Berücksichtigung einer etwaigen eigenen Strafbarkeit – einen Lebenssachverhalt darstellen können, der mit der StPO in Einklang zu bringen wäre. Da dies vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung der Absprache bei den oben beschriebenen Fällen 1–3 schwerlich möglich ist, verbleibt der "einfache" Weg des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO. Hierzu auch beispielhaft die folgenden Fälle 4 und 5:
Fall 4
Ablehnung der Richterin LG KO (Berufungsverfahren Jugendstrafrecht) erfolgte aus folgenden Gründen: 1. Der Wahlverteidiger erhielt trotz mehrfacher Bestellung und Anforderung keine Akteneinsicht (das Gericht hatte einen Pflichtverteidiger bestellt), 2. Die Vorsitzende schrieb an den Wahlverteidiger: "… es wird erneut auf die fehlenden Erfolgsaussichten des Rechtsmittels … hingewiesen"“ und 3. die Vorsitzende begrüßte die Zeugin der Anklage mit den Worten: "Ah. Ich sehe, das Opfer ist auch da!" Der auf die Ablehnung folgende Beschluss der Vorsitzenden Richterin lautete: "Der Ablehnungsantrag wird gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO als unzulässig verworfen, da damit nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden. Es geht erkennbar darum, das Verfahren zu verzögern … ".
Fall 5
Im Strafverfahren stellt der Richter fest, dass die geladene Zeugin der Verteidigung aufgrund Schwangerschaft in der 35. Woche nicht erschienen ist. Eine Allgemeinärztin bescheinigt Verhandlungsunfähigkeit, Senkwehen hätten bereits eingesetzt. Der Richter argwöhnt eine "falsche" Bescheinigung der Allgemeinärztin, droht mit einem Strafverfahren gegen diese und gibt in der öffentlichen Hauptverhandlung folgende "Möglichkeiten": Entweder rufe der Verteidiger "seine" Zeugin an und die sei in 30 Min da oder das Gericht lasse die Zeugin von der Polizei vorführen oder die Verteidigung verzichte auf die Vernehmung der Zeugin. Nach der Ablehnung nach § 24 StPO erfolgt die Verwerfung nach § 26a Abs. 1 StPO. Eine Begründung über den Wortlaut des § 26a Abs. 1 StPO hinaus wurde nicht gegeben.
Solche und ähnliche Fälle kennt jeder Strafverteidiger zu Hauf. Letztlich ist aber die Bescheidung mittels § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO für den Richter aus seiner Sicht in manchen Konstellationen der einzig "gangbare" Weg. Den zuständigen Richterkollegen mit einem solchen, d.h. dem wahren, Sachverhalt aufzusuchen und um Bescheidung des Ablehnungsantrags zu ersuchen ist peinlich und ungewiss. Direkt selbst zu entscheiden, erscheint daher auf den ersten Blick hoffnungsvoll. Die oft fehlende Begründung ergibt sich bereits aus der Unbegründbarkeit trotz aller vorhandenen Kreativität. Rechtlich vertretbar sind solche Entscheidungen nach § 26a Abs. 1 StPO jedoch oftmals – wie in den Fällen 4 und 5 – nicht. § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO greift nur bei "Verschleppungsabsicht" oder beim Verfolgen "verfahrensfremder Zwecke". "Praktisch kommt ein solcher Fall selten vor." Sowohl Verschleppungsabsicht als auch Verfahrensfremdheit müssen offensichtlich, d.h. ohne weitere Nachforschungen feststellbar sein. Die Begründung muss zudem so ausführlich sein, dass sie dem Rechtsmittelgericht eine Prüfung ermöglicht, ob die Ablehnung "offensichtlich der Verfahrensverschleppung" dienen sollte. Sind die Voraussetzungen für eine vertretbare Entscheidung nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO nicht gegeben, liegt ein erneuter Ablehnungsgrund nach § 24 StPO vor. Die falsche – rechtlich unvertretbare – Bescheidung oder die fehlende Begründung sind aber wiederum ein neuer Sachverhalt, bei dem ein durchschnittlicher Beobachter, der sich in die Rolle des Angeklagten versetzt, bei verständiger Würdigung der Umstände den Verdacht hegen würde, es bestehe eine Voreingenommenheit. Der Richter will dann durch diese Bescheidung schnell und rücksichtslos durchkommen. Es liegt ein erneuter Ablehnungsgrund nach § 24 StPO vor.