[8] "… III. In der Sache tritt der Senat der Auffassung des vorlegenden Vergabesenats bei. Die Geschäftsgebühr ist entsprechend RVG VV Vorbem. 3 Abs. 4 zu Teil 3 auf die Verfahrensgebühr des Beschwerdeverfahrens anzurechnen. Die Erinnerung bleibt deshalb ohne Erfolg."

[9] 1. Der Vergabesenat ist unausgesprochen zutreffend davon ausgegangen, dass die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, 2301 RVG VV für die Vertretung im Verfahren vor der Vergabekammer in dem Kostenfestsetzungsverfahren beim Oberlandesgericht, das sich an das sofortige Beschwerdeverfahren (§§ 116 ff. GWB) anschließt, berücksichtigt werden kann.

[10] Soweit eine vorprozessual zur Anspruchsabwehr angefallene Geschäftsgebühr nach der Rechtsprechung des BGH prinzipiell nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehört und deshalb im Allgemeinen nicht Gegenstand einer Kostenfestsetzung gem. §§ 103 ff. ZPO ist (vgl. BGH RVGreport 2006, 274 (Hansens) = AGS 2006, 357; BGH RVGreport 2008, 148 (ders.) = zfs 2008, 288 m. Anm. Hansens = AGS 2008, 158), erleidet dieser Grundsatz im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren aufgrund der hier bestehenden Besonderheiten eine Durchbrechung.

Bei dem Verfahren vor der Vergabekammer handelt es sich einerseits zwar um ein in die Exekutive eingebettetes Verwaltungsverfahren, das kostenrechtlich, wie sich aus der Regelung in § 128 Abs. 4 S. 4 GWB ergibt, dem verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren gleichgesetzt ist (BGH RVGreport 2009, 474 (Hansens) = AGS 2009, 540). Deshalb entstehen für die Vertretung in diesem Verfahren keine Gebühren nach RVG VV Teil 3, sondern Geschäftsgebühren nach Teil 2 Abschnitt 3 (RVG VV Nr. 2300, 2301). Dieses Verfahren ist andererseits aber gerichtsähnlich als kontradiktorisches Streitverfahren zwischen Auftraggeber- und Auftragnehmerseite ausgestaltet. Es hat naturgemäß stets die Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs der Unternehmen auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren durch den Auftraggeber zum Gegenstand (§ 97 Abs. 7 GWB) und die mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Tätigkeit des Rechtsanwalts im Nachprüfungsverfahren weist typischerweise gewisse Bezüge zur Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren auf. Deshalb begegnet die Praxis der Vergabesenate, in der das Beschwerdeverfahren betreffenden Kostenfestsetzung auch die Geschäftsgebühr für die Vertretung von der Vergabekammer zu berücksichtigen, keinen rechtlichen Bedenken. Das gilt auch, nachdem § 128 Abs. 4 GWB in der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts v. 20.4.2009 (BGBl I S. 790) erhaltenen Fassung bestimmt, dass ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren vor der Vergabekammer nicht mehr stattfindet.

[11] 2. Das OLG hat die Geschäftsgebühr zu Recht auch ungeachtet dessen in der Kostenfestsetzung berücksichtigt, dass die Verfahrensbevollmächtigten der AG für diese auf der Grundlage einer wirksamen, privaten Vergütungsvereinbarung tätig geworden sind. Soweit der BGH entschieden hat, dass der vorgerichtlich auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung für den Auftraggeber tätig gewordene Rechtsanwalt grds. nicht die Geschäftsgebühr beanspruchen kann, sondern sein Vergütungsanspruch auf dieser vertraglichen Vereinbarung beruht (BGH RVGreport 2009, 33 (Hansens) = AGS 2009, 523; BGH RVGreport 2010,32 (ders.) = NJW-RR 2010, 359), betraf dies jeweils Pauschalhonorarvereinbarungen. Es ist schon fraglich, ob Gleiches für Stundenhonorarvereinbarungen zu gelten hat, weil das Honorar hier, anders als bei einer pauschalen Vergütung, zweifelsfrei dem jeweiligen Auftrag zugeordnet werden kann. Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Beurteilung, weil die Festsetzung der Geschäftsgebühr bei der angezeigten wertenden Betrachtung sachgerecht und geboten erscheint. Müsste der Erstattungsberechtigte seinen aus einer Vergütungsvereinbarung hergeleiteten Erstattungsanspruch klageweise geltend machen, weil das Nachprüfungsverfahren nicht in die Beschwerdeinstanz gelangt ist, und entstünde Streit über die Angemessenheit der Höhe des erstattungsfähigen Honorars, würde die gerichtliche Entscheidung darüber sich an dem § 632 Abs. 2 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken orientieren und die Bestimmung des angemessenen Erstattungsbetrags wiederum an der Höhe der Geschäftsgebühr ausrichten, die im jeweiligen Fall zu erstatten wäre, wenn der erstattungsberechtigte Verfahrensbeteiligte keine private Vergütungsvereinbarung mit seinem Rechtsanwalt getroffen hätte. Im Hinblick darauf wäre es sinnwidrig, dem Erstattungsberechtigten, der von vornherein die Geschäftsgebühr als maßgeblichen Parameter für seine Forderung wählt, den Weg der Festsetzung dieser Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren zu verwehren, zumal dies aus prozessökonomischen Gründen ohnehin dem Klageweg vorzuziehen ist.

[12] 3. Das OLG hat die Geschäftsgebühr zu Recht entsprechend RVG VV Vorbem. 3 Abs. 4 zu Teil 3 im dort vorgesehenen Umfang auf die Verfahrensgebühr des Beschwerdeverfahrens angerechnet. Wie der BGH bereits entschieden hat, ist die das erstinstanzliche Nachprü...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?