" … 1. Das Erstgericht ist zunächst davon ausgegangen, dass sowohl die Kl. als auch die Bekl. grds. für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) einzustehen haben, weil die Unfallschäden bei dem Betrieb eines Kfz entstanden sind, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und sich für keinen der unfallbeteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG darstellt. Dies ist zutreffend und wird von der Berufung nicht in Frage gestellt."
2. Im Rahmen der danach gem. § 17 Abs. 1, 2 StVG gebotenen Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- und -verschuldensanteile hat das Erstgericht zulasten der Kl. angenommen, dass der Zeuge … entgegen § 14 Abs. 1 StVO nicht die beim Ein- oder Aussteigen gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Hiergegen wendet sich die Berufung ohne Erfolg.
a) Nach § 14 Abs. 1 StVO muss sich, wer ein- oder aussteigt, so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die den Ein- oder Aussteigenden treffende höchste Sorgfaltspflicht gebietet es dabei, die Fahrzeugtür erst dann zu öffnen, wenn sich der Verkehrsteilnehmer durch Beobachtung nach hinten vergewissert hat, dass niemand kommt (vgl. BGH, Urt. v. 6.10.2009 – VI ZR 316/08, VersR 2009, 1641; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 14 StVO Rn 6 m.w.N.; Diehl, zfs 2006, 201 m.w.N.). Wird beim Ein- oder Aussteigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- oder Aussteigenden (vgl. BGH, a.a.O. m.w.N.; KG DAR 2004, 585; OLG Hamm MDR 2000, 82 f.; Kammerurteil v. 18.10.2013 – 13 S 121/13; Hinweisbeschl. v. 19.12.2012 – 13 S 178/12 und v. 28.1.2010 – 13 S 228/09).
b) Zu Recht hat das Erstgericht vorliegend ein Aussteigen des Zeugen … bejaht. Dabei ist es hier nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht offen gelassen hat, ob der Zeuge … die Fahrertür von innen öffnete um auszusteigen, oder ob er sie von außen öffnete, um seine Arbeitshandschuhe aus dem Fahrzeug zu holen, ohne sich dabei selbst mit seinem gesamten Körper wieder in das Fahrzeug hinein zu begeben. Unter den hier gegebenen Umständen wäre § 14 Abs. 1 StVO auch in letzterem Fall anwendbar. Denn das Herausholen von Gegenständen aus dem Fahrzeug ist jedenfalls dann noch Teil des Ein- oder Aussteigens, wenn es noch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang erfolgt (vgl. BayObLG DAR 1990, 31; LG Berlin Schaden-Praxis 2011, 429 f.). Das Aussteigen ist danach noch nicht beendet, solange die von ihm ausgehende Gefahr noch nicht vollständig beseitigt ist, etwa weil der Fahrer nach dem Schließen der Tür noch eine weitere Tür öffnet oder die Fahrbahn noch nicht verlassen hat (vgl. BGH, Urt. v. 6.10.2009 a.a.O. m.w.N.; OLG Hamburg OLGR Hamburg 2005, 84 f.). So liegt der Fall hier. Denn der Zeuge … bekundete, er sei nach hinten gegangen, und als er in Höhe des Lkw gewesen sei, habe er bemerkt, dass er seine Handschuhe vergessen hatte, woraufhin er nach vorne gegangen sei und die Tür wieder aufgemacht habe.
c) Entgegen dem Angriff der Berufung entfällt der Verstoß gegen § 14 StVO hier nicht aufgrund der Privilegierung des § 35 Abs. 6 StVO, wonach u.a. Baufahrzeuge, die durch weiß-rot-weiße Warneinrichtungen gekennzeichnet sind, auf allen Straßen und Straßenteilen und auf jeder Straßenseite in jeder Richtung zu allen Zeiten fahren und halten dürfen, soweit ihr Einsatz dies erfordert. § 35 Abs. 6 StVO befreit nur von den in der Bestimmung genannten Beschränkungen in der Benutzung von Straßen zum Fahren und Halten, nicht hingegen von sonstigen Verkehrsvorschriften (vgl. OLG Jena DAR 2000, 65 zu § 8 StVO; OLG München, Urt. v. 1.12.2006 – 10 U 4707/06, zu § 7 StVO; Saarländisches OLG NJW 2013, 3659; OLG Koblenz VersR 1994, 1320, BayObLG, Beschl. v. 6.2.1996 – 1St RR 11/96, juris, jeweils zu § 1 StVO). Ein Ein- oder Aussteigen unter Missachtung der nach § 14 StVO gebotenen Sorgfalt gehört deshalb nicht mehr zu den durch § 35 Abs. 6 StVO privilegierten Vorgängen des Fahrens oder Haltens. Der Einsatz zu den in dieser Bestimmung geregelten Zwecken erfordert ein solches sorgfaltswidriges Verhalten nicht, unabhängig davon, welche Anforderungen man im Einzelnen an das “Erfordernis des Einsatzes‘ stellt (vgl. einerseits OLG Frankfurt DAR 2001, 456; OLG Jena DAR 2000, 65 ff.; andererseits Saarländisches OLG NJW 2013, 3659).
d) Den danach gegen die Kl. sprechenden Anscheinsbeweis hat die Kl., wie das Erstgericht zutreffend angenommen hat, nicht zu erschüttern vermocht.
3. Entgegen der angefochtenen Entscheidung hat der Zweitbeklagte den Unfall durch eine pflichtwidrige Unterschreitung des gebotenen Seitenabstandes mitverursacht.
a) Aus § 1 Abs. 2 StVO folgt, dass beim Vorbeifahren an parkenden Fahrzeugen ein ausreichender Sicherheitsabstand einzuhalten ist. Welcher Sicherheitsabstand jeweils ausreichend ist, h...