JVEG § 4 § 8a Abs. 4; ZPO § 407a Abs. 3 S. 2
Leitsatz
1. Die Vergütung des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist gem. § 8a Abs. 4 JVEG nur dann zu kürzen, wenn er schuldhaft entgegen § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO nicht darauf hinweist, dass der eingezahlte Kostenvorschuss nicht ausreicht.
2. Ein unterlassener Hinweis gem. § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO ist unverschuldet, wenn dem zur mündlichen Verhandlung geladenen Sachverständigen die Höhe des dafür zur Verfügung stehenden Vorschusses nicht mitgeteilt worden ist. Dem Sachverständigen ist nicht anzulasten, dass er in einem solchen Fall die ihm zur Vorbereitung des Termins übersandten Akten nicht darauf überprüft hat, ob sie Hinweise auf die Höhe des eingezahlten Kostenvorschusses enthalten.
OLG Hamm, Beschl. v. 6.6.2014 – 11 U 153/12
Sachverhalt
Der ASt. wurde von dem Gericht als Sachverständiger bestellt und mit der Erstattung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt. Nachdem dieses vorlag, beantragte der Kl. die Einholung ergänzender Ausführungen des Gutachters zu bestimmten Punkten des Gutachtens. In der Terminsverfügung zu dem anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung wies das Gericht die Parteien darauf hin, dass es zweifelhaft erscheine, ob die von dem Kl. angeführten Fragen noch klärungsbedürftig seien. Sollte der Kl. eine mündliche Erläuterung für erforderlich halten, wurde ihm aufgegeben, einen weiteren Kostenvorschuss von 1.000 EUR einzuzahlen. Der Kl. zahlte den Vorschuss ein und kündigte zu dem Hinweis des Gerichts eine weitere Stellungnahme an. Der Sachverständige wurde zu dem Termin geladen. Dem Ladungsschreiben wurden Ablichtungen der nach der Gutachtenerstellung eingegangenen Schriftsätze sowie die Ablichtung der Ladungsverfügung beigefügt.
Nachdem der Sachverständige sein Gutachten im Termin erläutert und ergänzende Fragen beantwortet hatte, berechnete er für seine Tätigkeit einen Betrag von 2.314,55 EUR.
Der Kostenbeamte zahlte an den Sachverständigen einen Betrag von 1.000 EUR aus und verwies den Sachverständigen auf die Bestimmung des § 8a Abs. 4 JVEG. Da es der Sachverständige unterlassen habe, die Überschreitung des Kostenvorschusses anzuzeigen, sei lediglich eine Vergütung in Höhe des Vorschusses verdient. Der Sachverständige, nunmehr ASt. im Festsetzungsverfahren, hat die Festsetzung des von ihm berechneten Betrags verlangt und sich darauf berufen, dass ihm die Anforderung eines Vorschusses von 1.000 EUR nicht bekannt gewesen sei.
Die Festsetzung erfolgte antragsgemäß.
2 Aus den Gründen:
" … II. Das dem Sachverständigen zu zahlende Honorar ist entsprechend seiner Liquidation vom 5.4.2014 auf 2.314,55 EUR festzusetzen."
1. Die Festsetzung erfolgt gem. § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG auf Antrag des Sachverständigen vom 6.5.2014 durch den nach § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG zuständigen Senat. Die Entscheidung erfolgt gem. § 4 Abs. 7 S. 1 JVEG durch eines der Mitglieder des Senats als Einzelrichter.
2. Die Höhe der dem Sachverständigen zustehenden Vergütung ergibt sich aus dessen Liquidation vom 5.4.2014. Der Sachverständige hat sein Honorar zutreffend nach der Gruppe M3 berechnet. Seine Aufgabenstellung betraf einen behaupteten ärztlichen Fehler im Rahmen einer Begutachtung und dadurch verursachte Folgen. Die geltend gemachten Fahrt- und Übernachtungskosten und die Höhe des Zeitaufwandes sind plausibel. Der Anspruch auf die Umsatzsteuer – hier i.H.v. 369,55 EUR – ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG.
3. Der Anspruch des ASt. ist auch nicht gem. § 8a Abs. 4 JVEG zu kürzen.
Zwar übersteigt die geforderte Vergütung den Auslagenvorschuss auch unter Berücksichtigung des verbliebenen Überschusses aus der Abrechnung der schriftlichen Gutachtertätigkeit. Der ASt. hat hierauf auch nicht gem. § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO hingewiesen. Allerdings ist § 8a Abs. 4 JVEG nicht anwendbar, da der ASt. die Verletzung der Hinweispflicht aus § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO nicht zu vertreten hat.
Zu vertreten hat der Sachverständige jedes schuldhafte Verhalten, also Vorsatz und Fahrlässigkeit; dabei muss er bei einem objektiven Verstoß gegen § 407 Abs. 3 S. 2 ZPO die Umstände darlegen, aus denen sich das fehlende Verschulden ergibt (vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum 2. KostRModG vom 14.11.2012, BT-Drucks 17/11471 S. 260; Binz, in: Binz/Dörndorfer, 3. Aufl. 2014, § 8a JVEG Rn 17). Einen solchen Umstand hat der Sachverständige hier mit seinem Hinweis dargelegt, dass ihm die Anforderung des Kostenvorschusses nicht bekannt war.
Dass diese Angabe nicht zutrifft, lässt sich nicht feststellen. Dem Sachverständigen wurde nicht ausdrücklich mitgeteilt, ob und in welcher Höhe ein Vorschuss eingezahlt worden ist. Das Anschreiben zur Ladung enthält insoweit keinen Hinweis.
Der Sachverständige hätte den vom Kl. angeforderten Kostenvorschuss auch nicht aufgrund der beigefügten Ablichtung der Ladungsverfügung und der nach der Erstellung des Gutachtens eingereichten Schriftsätze kennen müssen.
Dabei ist allerdings davon auszugehen, dass sich aus dem Hinweis an die Parteien die Anforderung von 1.000 EUR für den Fall des aufrecht...