Leitsatz (amtlich)

Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Abs. 4 JVEG bei schuldhafter Nicht-Anzeige der Überschreitung

 

Normenkette

JVEG § 8a; ZPO § 407a

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Beschluss vom 17.08.2018; Aktenzeichen 4 O 14/18)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Beschwerde der Staatskasse vom 23. August 2018 wird der Beschluss des Landgerichts Wiesbaden vom 17. August 2018 abgeändert und die Vergütung des Sachverständigen für die Erstattung des schriftlichen Gutachtens auf 1.500,- EUR festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Das Landgericht beauftragte den Beschwerdegegner am 1. Juni 2017 als Sachverständigen mit der Erstattung eines schriftlichen Gutachtens. Zugleich teilte es dem Sachverständigen mit, dass ein Kostenvorschuss in Höhe von 1.500,- EUR eingeholt worden war.

Nach Erstattung des Gutachtens stellte der Beschwerdegegner am 8. November 2 017 EUR 2.499,95 in Rechnung und bat um Erstattung.

Im Folgenden beantragte der Kläger, den Sachverständigen mit der Ergänzung seines Gutachtens zu beauftragen. Daraufhin forderte das Gerichts den Kläger zur Zahlung eines weiteren Vorschusses in Höhe von 1.000,- EUR auf, den dieser am 7. Dezember 2017 einzahlte. Der hierfür eingezahlte Vorschuss wurde nicht verbraucht, da der Beschwerdegegner unter Hinweis darauf, dass er in seinem Gutachten sämtliche Fragen erschöpfend behandelt habe, eine Gutachtenergänzung aus zeitlichen Gründen abgelehnt hatte.

Der Bezirksrevisor hat am 29. November 2017 beantragt, die Vergütung des Sachverständigen gemäß § 4 Abs. 1 JVEG auf 1.500,- EUR festzusetzen, weil der Kostenvorschuss um ca. 64,5% überschritten sei und der Sachverständige diese Überschreitung zu vertreten habe.

Am 19. Januar 2018 forderte die zuständige Dezernentin unter Hinweis darauf, dass die Kosten des Sachverständigen nicht vollständig gedeckt seien, einen weiteren Kostenvorschuss in Höhe von 1.000,- EUR an.

Mit Beschluss vom 17. August 2018 hat das Landgericht die Vergütung des Sachverständigen auf 2.456,39 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, dass das Kosteninteresse der Parteien vorliegend nicht beeinträchtigt sei, weil der eingezahlte Vorschuss für die beantragte Gutachtenergänzung in Höhe von 1.000,- EUR nicht aufgebraucht worden sei. Würde dieser Vorschuss an den Kläger zurückgezahlt, sei dies unbillig und mit dem Gesetzeszweck des § 8a Abs. 4 JVEG nicht zu vereinbaren. Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit ihrer Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II. 1. Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die von § 4 Abs. 3, 2. Halbsatz, 1. Var. JVEG vorausgesetzte Mindestbeschwer erreicht.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Unrecht hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Vergütung des Beschwerdegegners auf 2.456,39 EUR festgesetzt.

Dies folgt aus § 8 a Abs. 4 JVEG. Danach erhält der Berechtigte die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich überschreitet und der Berechtigte schuldhaft im Sinne des § 8a Abs. 5 JVEG nicht rechtzeitig gemäß § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO auf diesen Umstand hingewiesen hat.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, so dass die Vergütung auf 1.500,- EUR festzusetzen ist.

a) Der Beschwerdegegner hat die ihm nach § 407a Abs. 4 S. 2 Alt. 2 ZPO obliegende Hinweispflicht verletzt. § 407 a Abs. 4 S. 2 Alt. 2 ZPO bestimmt, dass ein Sachverständiger rechtzeitig darauf hinzuweisen hat, wenn voraussichtlich Kosten erwachsen, die einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Diese Anzeigepflicht trägt dem schutzwürdigen Interesse der Parteien Rechnung, ihr Prozessrisiko gegen das Kostenrisiko abzuwägen (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 407a Rdnr. 3a). Der Beschwerdegegner ist bei Auftragserteilung über die Höhe des eingezahlten Kostenvorschusses und die ihm obliegenden Hinweispflichten in Kenntnis gesetzt worden. Gleichwohl hat er es unterlassen, die Parteien auf die Überschreitung hinzuweisen. Die Überschreitung um 966,95 EUR ist auch als erheblich im Sinne des § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO anzusehen.

Zutreffend weist vorliegend der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Verletzung der aus § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO folgenden Pflicht nicht dadurch entfällt, dass vorliegend ein weiterer Vorschuss für die Erstattung eines Ergänzungsgutachtens eingezahlt worden war, der nicht verbraucht wurde. Zum einen spricht gegen die Berücksichtigung dieses Umstandes der Wortlaut des § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO. Überdies steht der Berücksichtigung das Kosteninteresse der Parteien entgegen. Diese müssen die Möglichkeit haben, sich rechtzeitig auf die veränderte Kostensituation einzustellen und entsprechend darauf zu reagieren. Dieses Recht der Parteien kann schließlich nicht davon abhängen, ob möglicherweise später noch ein weiterer Vorschuss für ein Ergänzungsgutachten eingeholt wird, der unter Umstä...

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