AKB 2008 A.2.5.5.
Leitsatz
1. Auch wenn eine Wiederbeschaffung sichergestellt ist, ist die Mehrwertsteuer erst nach ihrer Begleichung erstattungsfähig.
2. Der VR darf einen dem VN gewährten Werksangehörigenrabatt bei der Berechnung der Neupreisentschädigung abziehen.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.8.2017 – 5 U 61/16
Sachverhalt
Der Kl. macht als VN Ansprüche aus einem Kraftfahrtversicherungsvertrag wegen eines Brandschadens v. 21.5.2016 geltend. Für das Fahrzeug bestand Versicherungsschutz in Gestalt einer Neupreisentschädigung. … Gem. A.2.5.1.11 der Bedingungen der Bekl. ist der – im vorliegenden Rechtsstreit streitige – Neupreis der Betrag, der für den Kauf eines neuen Fahrzeugs in der Ausstattung des versicherten Fahrzeugs aufgewendet werden muss. Maßgeblich ist jeweils die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers am Tag des Schadenereignisses abzüglich orts- und marktüblicher Nachlässe. Gem. A.2.5.1.3 wird die über den Wiederbeschaffungswert hinausgehende Neupreisentschädigung nur in der Höhe gezahlt, in der gesichert ist, dass die Entschädigung innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Feststellung für die Reparatur des Fahrzeugs oder den Erwerb eines neuen Fahrzeugs verwendet wird. Mehrwertsteuer wird nach A.2.5.5 nur erstattet, wenn und soweit diese bei der gewählten Schadenbeseitigung tatsächlich angefallen ist.
Am 21.5.2016 brannte das versicherte Fahrzeug vollständig aus. Das von der Bekl. zur Feststellung des Schadens in Auftrag gegebene Gutachten gelangte zu Reparaturkosten von 60.000 EUR. Der Wiederbeschaffungswert wurde mit 28.500 EUR, der Restwert mit 550 EUR angegeben. In zweiter Instanz streiten die Parteien nur noch darum, ob die Bekl. im Rahmen der Neupreisentschädigung zu Recht einen Werksangehörigenrabatt in Abzug gebracht hat und ob die Mehrwertsteuer bereits vor Klageerhebung i.S.d. Bedingungen "angefallen" war.
Der Kl. hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass es sich bei dem Werksangehörigenrabatt um einen nicht in Abzug zu bringenden Zuschuss des Arbeitgebers handele, welcher als Lohn zu versteuern sei.
Nach Vorlage der Rechnung der Auto J GmbH v. 8.9.2016 im Rechtsstreit hat die Bekl. erstinstanzlich einen weiteren Betrag von 15.697,72 EUR – Neuwertspitze und Mehrwertsteuer – geleistet. Daraufhin haben die Parteien in dieser Höhe die Hauptsache jeweils unter Verwahrung gegen die Kostenlast übereinstimmend für erledigt erklärt.
2 Aus den Gründen:
" … 2. Die Berufung ist unbegründet."
a) Das LG hat zu Recht angenommen, dass der Kl. erst nach Klageerhebung – nach Vorlage der Rechnung der Auto J GmbH v. 8.9.2016 – Erstattung der dort ausgewiesenen Mehrwertsteuer verlangen konnte.
Nach A.2.5.1.2 der Bedingungen der Bekl. hat der Kl. – unter den dort geregelten Voraussetzungen, deren Vorliegen zwischen den Parteien unstreitig ist – einen Anspruch auf Zahlung des Neupreises abzüglich eines vorhandenen Restwerts. Dieser Anspruch entsteht gem. A.2.5.1.3 der Bedingungen in der Höhe, in der gesichert ist, dass die Entschädigung innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Feststellung für die Reparatur des Fahrzeugs oder den Erwerb eines neuen Fahrzeugs verwendet wird. Folglich entsteht der Anspruch auf Erstattung des Neupreises unabhängig von einer tatsächlichen Ersatzbeschaffung, konnte mithin bereits vorgerichtlich aufgrund der von dem Verkäufer bestätigten verbindlichen Bestellung eines Neufahrzeugs v. 20.6.2016 geltend gemacht werden.
Demgegenüber ist die Mehrwertsteuer nach der Regelung in A.2.5.5 der Bedingungen, an deren Wirksamkeit keine Bedenken bestehen … , nur dann erstattungsfähig, “wenn und soweit' sie tatsächlich angefallen ist, was der VN nachzuweisen hat. … Eine Erstattung bei unterbliebener Reparatur bzw. unterbliebener Ersatzbeschaffung scheidet mithin aus.
Ob und in welcher Höhe Mehrwertsteuer angefallen ist, stand erst mit der tatsächlichen Ersatzbeschaffung fest. Folglich war der Nachweis des Anfalls der Mehrwertsteuer im Streitfall jedenfalls nicht vor Klageerhebung erbracht. Hierzu genügt bereits nach dem Wortlaut der Regelung nicht, dass sie bloß in einer Auftragsbestätigung ausgewiesen worden ist. … Darauf, ob hierzu die Vorlage der Rechnung des Autohauses J GmbH v. 8.9.2016 genügte oder ob – mit Blick darauf, dass nicht Rechnungen, sondern in Rechnung gestellte Leistungen besteuert werden – auf die tatsächliche Leistungserbringung abzustellen ist … , kommt es im Streitfall nicht an.
Dessen ungeachtet vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, aus welchen berechtigten Interessen des VN die Bestimmung in A.2.5.5 der Bedingungen entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut so zu verstehen sein sollte, dass der Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer ebenfalls unabhängig von einer tatsächlichen Ersatzbeschaffung bestehen soll. …
Das LG hat daher bei der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zu Recht darauf abgestellt, dass die Bekl. dem Kl. keine Veranlassung zur Klage gegeben hat, indem sie die Erstattung der Mehrwertsteuer von der Vorlage einer die Mehrwertsteuer ausweisenden Rechnung abhängig gemacht hat. …
b) ...