BDSG § 15 § 14; StVG § 35 § 41; FZV § 5; GG Art 19 Abs. 3 Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1
Leitsatz
Das Kraftfahrzeugbundesamt (KBA) darf der örtlichen Zulassungsbehörde Daten von Fahrzeugen mit unzulässiger Abschalteinrichtung weitergeben (hier: Unterrichtung der Behörde über die Nicht-Teilnahme eines Diesel-Pkw an der von der Herstellerin durchgeführten Rückrufaktion zwecks Entfernung einer unzulässigen Abschalteinrichtung). Maßgeblich ist dabei, dass die Kenntnis der Daten für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben einer Zulassungsbehörde aus Sicht des KBA erforderlich ist.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 20.9.2017 – 4 MB 56/17
Sachverhalt
Die ASt. ist Halterin eines Pkw des Herstellers Volkswagen AG. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor EA 189 EU5 ausgestattet. An der vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gegenüber dem Hersteller mit Bescheid v. 15.10.2015 angeordneten Rückrufaktion 23R7 zwecks Entfernung der eingebauten unzulässigen Abschalteinrichtung und Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs (insb. der Emissionen) nahm sie nicht teil. Mit Schreiben v. 20.7.2017 wies das KBA die ASt. deshalb darauf hin, dass das Fahrzeug über einen technischen Mangel verfüge, der in der regelmäßigen Hauptuntersuchung geprüft werde. Weiter kündigte das KBA die Übermittlung von Halter- und Fahrzeugdaten an die örtliche Zulassungsbehörde an, die ihrerseits die Einleitung von Maßnahmen nach § 5 Abs. 1 FZV, insb. eine Untersagung des weiteren Betriebs des Fahrzeugs in eigener Zuständigkeit veranlassen könne.
Den gegen die angekündigte Datenübermittlung nachgesuchten vorläufigen Rechtsschutz mit den Anträgen,
1. die AG im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, eine Übermittlungssperre in dem zentralen Fahrzeugregister des KBA betreffend der Daten des Fahrzeugs des ASt. mit der FIN (Fahrzeug-Identifizierungsnummer) … oder der Person des ASt. selbst anzuordnen, soweit diese erkennen lassen, dass das Fahrzeug des ASt. eine unzulässige Abschalteinrichtung aufweist; außerdem soweit diese erkennen lassen, ob das Fahrzeug an der Rückrufaktion 23R7 teilgenommen hat und die dort vorgesehene Maßnahme durchgeführt wurde oder nicht,
2. die AG im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die Halter- und Fahrzeugdaten des Kraftfahrzeugs mit der FIN … nicht an die örtlich zuständige Zulassungsbehörde zu übermitteln, soweit diese erkennen lassen, dass das Fahrzeug des ASt. eine unzulässige Abschalteinrichtung aufweist; außerdem soweit diese erkennen lassen, ob das Fahrzeug an der Rückrufaktion 23R7 teilgenommen hat und die dort vorgesehene Maßnahme durchgeführt wurde oder nicht,
hat das Schleswig-Holsteinische VG mit Beschl. v. 10.8.2017 als unzulässig abgelehnt. Der Antrag zu 1) richte sich gegen eine für die Einrichtung von Übermittlungssperren nach § 41 StVG, § 43 FZV unzuständige Behörde; für den Antrag zu 2) fehle es der ASt. an der erforderlichen Antragsbefugnis, weil sie von der geplanten Datenübermittlung allenfalls mittelbar betroffen sei und ihr eine Rechtsverletzung erst drohe, wenn die Zulassungsbehörde ordnungsrechtliche Maßnahmen ergreife. Im Übrigen verfüge das KBA für die beanstandete Datenübermittlung mit § 35 StVG über eine ausreichende Rechtsgrundlage.
2 Aus den Gründen:
" … II. 1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit mit ihr in Ergänzung des Antrags zu 2) (sinngemäß) noch beantragt wird,"
die AG im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die genannten Daten nicht an die Überwachungsorganisationen (Dekra, TÜV, etc.) zu übermitteln.
Die Einbeziehung einer Übermittlung der Daten an privatrechtliche Empfänger stellt eine unzulässige Antragserweiterung entsprechend § 91 VwGO dar. Einer derartigen Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren, die Beschlüsse nach §§ 80, 80a oder 123 VwGO betreffen, stehen die in § 146 Abs. 4 S. 3 und 6 VwGO getroffenen Regelungen entgegen. Aus diesen Regelungen folgt, dass das Beschwerdegericht nur zur Überprüfung der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung befugt ist und insoweit keine eigene, originäre Entscheidung trifft. Mit dieser Beschränkung des Prüfungsumfangs ist eine Antragsänderung oder -erweiterung in der Beschwerdeinstanz nicht vereinbar (vgl. schon Beschl. d. Senats v. 2.6.2014 – 4 MB 27/14, m.w.N.).
2. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.
2.1 Zutreffend geht das VG davon aus, dass das KBA für die Einrichtung einer Übermittlungssperre im Fahrzeugregister nach §§ 41 StVG, 43 FZV nicht zuständig ist. § 43 Abs. 1 FZV bestimmt, dass die Anordnung solcher Übermittlungssperren nur durch die für die Zulassungsbehörde zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen angeordnet wird.
Eine davon abweichende Zuständigkeit des KBA für das von ihr gem. § 32 StVG geführte Zentrale Fahrzeugreg...