StVG § 3 Abs. 1 S. 1; FeV § 11 Abs. 5 § 46 Abs. 1, Abs. 3 Anlage 4 Nr. 8.3 und 8.4 Anlage 4a; Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung vom 27.1.2014 (VkBl. S. 110, derzeitiger Stand: 24.5.2018) Nr. 3.13.2 (Alkoholabhängigkeit)
Leitsatz
1. Bei alkoholabhängigen Personen besteht krankheitsbedingt jederzeit die Gefahr eines Kontrollverlusts und der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss. Eine hinreichend feststehende und nicht überwundene Alkoholabhängigkeit hat damit zwangsläufig die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge. Nach Nr. 8.4 der Anlage 4 zur FeV besteht Eignung oder bedingte Eignung nach Abhängigkeit (Entwöhnungsbehandlung) erst wieder, wenn Abhängigkeit nicht mehr besteht und in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen ist. Begründen Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit, ist die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 13 S. 1 Nr. 1 FeV verpflichtet, die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anzuordnen, ohne dass ihr insoweit ein Ermessensspielraum zustünde.
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass ein Gutachter neben seinen eigenen Untersuchungsergebnissen auch die ärztlichen Feststellungen des Bezirkskrankenhauses heranzieht, wo ein Fahrerlaubnisinhaber behandelt worden war. Nach den für die Begutachtungsstellen entwickelten Beurteilungskriterien ist die Tatsache, dass eine Alkoholabhängigkeit bereits extern (nachvollziehbar) diagnostiziert wurde, ein Kriterium für ihr Vorliegen, insbesondere wenn die Diagnose von einer suchttherapeutischen Einrichtung gestellt oder eine Entgiftung durchgeführt wurde.
(Leitsätze der Schriftleitung)
BayVGH, Beschl. v. 11.9.2018 – 11 CS 18.1708
Sachverhalt
Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung seiner Fahrerlaubnis und der Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
Aufgrund einer Mitteilung des Gesundheitsamts K, wonach der Antragsteller am 23.12.2017 durch die Polizeiinspektion S nach dem Unterbringungsgesetz erheblich alkoholisiert in das Bezirkskrankenhaus B eingeliefert worden sei und eine "Abhängigkeitserkrankung" vorliege, forderte ihn das Landratsamt K, Fahrerlaubnisbehörde, mit Schreiben vom 1.3.2018 wegen Verdachts der Alkoholabhängigkeit und einer psychischen Erkrankung zur Beibringung eines fachärztlichen Fahreignungsgutachtens auf.
Dem fachärztlichen Gutachten vom 24.4.2018 zufolge, das auf dem vom Antragsteller vorgelegten vorläufigen Arztbrief des Bezirkskrankenhauses und einer Untersuchung am 10.4.2018 beruht, liegt beim Antragsteller eine Alkoholabhängigkeit vor. Während der stationären Behandlung sei ein körperliches Entzugssyndrom dokumentiert worden. Es bestehe eine eindeutige Toleranzentwicklung mit Konsum auch größerer Mengen Alkohol und ein anhaltender Substanzgebrauch trotz eindeutig schädlicher Folgen. Eine stationäre Entgiftungsbehandlung sei durchgeführt worden, eine erfolgreiche Entwöhnung bisher jedoch nicht. Bei der klinischen Untersuchung seien typische Alkoholstigmata zu erkennen gewesen. Der Antragsteller sei nicht alkoholabstinent.
Nach Anhörung entzog das Landratsamt dem Antragsteller mit Bescheid vom 12.6.2018 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis (Klassen A, A1, A2, B, BE, C, CE, C1, C1E, AM, L und T) und verpflichtete ihn zur Abgabe des Führerscheins innerhalb von sieben Tagen.
Über die hiergegen erhobene Klage hat das VG Bayreuth noch nicht entschieden. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das VG Bayreuth (Beschl. v. 26.7.2018 – B 1 S 18.628) abgelehnt. Der Antragsteller sei aufgrund der festgestellten und nicht überwundenen Alkoholabhängigkeit zum Führen von Kfz nicht geeignet. Es bestehe kein Anlass, an den Feststellungen des Gutachters zu zweifeln.
2 Aus den Gründen:
"… II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet."
1. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der VGH beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 S. 1 u. 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.
a) Nach § 3 Abs. 1 S. 1 StVG vom 5.3.2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.8.2017 (BGBl I S. 3202), und § 46 Abs. 1 S. 1 der FeV vom 13.12.2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3.5.2018 (BGBl I S. 566), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kfz erweist. Nach § 46 Abs. 1 S. 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kfz ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).
Gem. Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV besteht bei Alkoholabhängigkeit keine Eignung zum Führen von Kfz. Dies gilt unabhängig davon, ob der Betreffende im Straßenverkehr auffällig geworden ist (vgl. BVerwG, Beschl. ...