Führen Hilfeleistungen im Rahmen von Unfällen und Gefahrenlagen zu Schäden kommt juristisch besonders der Geschäftsführung ohne Auftrag (kurz: GoA) gem. § 677 ff. BGB eine gewichtige Bedeutung zu. Bei der GoA handelt es sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis, welches dadurch begründet wird, dass jemand (Geschäftsführer) in der Sphäre eines anderen (Geschäftsherr) für diesen handelt, ohne dazu verpflichtet zu sein. Charakteristisch für das Recht der GoA sind die vielen subjektiven Elemente, wodurch die GoA in ihren Rechtsfolgen flexibel ist und sich gut für Einzelfallgerechtigkeit eignet.
I. Versicherungsschutz in der allgemeinen Haftpflichtversicherung bei Ansprüchen aus der GoA
Aufgabe des Haftpflichtversicherers ist es, dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz zu bieten, wenn dieser von einem Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, (vgl. Ziff. 1.1. der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung – AHB). Obwohl ein Anspruch aus der GoA ein Aufwendungsersatzanspruch und kein Schadenersatzanspruch ist, fallen unter den Begriff des Schadenersatzanspruchs i.S.v. Ziff. 1.1. AHB auch Aufwendungsersatzansprüche aus der GoA gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB, sofern die Ansprüche des Geschäftsherrn Schadenersatzcharakter haben bzw. wenn Aufwendungen einem Geschäftsführer infolge einer gesetzlichen Pflicht zum Eingreifen entstanden sind.
Bei bestehendem Versicherungsschutz umfasst die Leistung des Versicherers neben der Befriedigung begründeter Ansprüche auch die Abwehr unbegründeter Forderungen (Rechtsschutzfunktion der Versicherung), vgl. § 100 VVG/Ziff. 1.5 AHB. Dem Haftpflichtversicherer steht es dabei, je nach rechtlicher Würdigung des Geschehens, frei, ob er die gegen seinen Versicherungsnehmer geltend gemachten Ansprüche erfüllen oder den Versuch einer Anspruchsabwehr vornehmen will.
II. Der Notleidende wird bei einer Rettungstat geschädigt
In akuten Notsituationen handelt ein Helfer – rein rechtlich betrachtet – regelmäßig im Rahmen einer berechtigten GoA gem. § 677 BGB, da er regelmäßig nicht vom Opfer zu seiner Hilfeleistung beauftragt werden kann. Wird mit der Hilfeleistung die Abwendung einer "drohenden dringlichen Gefahr" bezweckt, haftet er gegenüber dem Notleidenden nur für Schäden, die er grob fahrlässig verursacht hat, § 680 BGB. Für die Abwendung einer dringenden Gefahr des Geschäftsherrn i.S.d. § 680 BGB ist es nicht allein nötig, dass eine Gefahr für Leib oder Leben besteht. Es ist auch ausreichend, dass nach der Vorstellung des Geschäftsführers eine dringende Gefahr für das Vermögen des Geschäftsherrn abgewendet wird. Das Haftungsprivileg des § 680 BGB erstreckt sich auch auf Ansprüche des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer aus konkurrierenden Anspruchsgrundlagen (z.B. § 823 Abs. 1 BGB) und ist auch Verschuldensmaßstab bei sog. Anscheinsgefahren.
Bei so genannten professionellen Nothelfern (insbesondere Notärzte, Rettungssanitäter, Feuerwehr) ist umstritten, ob das Haftungsprivileg des § 680 BGB gilt. Der BGH hat jedenfalls eine analoge Anwendung der Vorschrift im Rahmen des § 839 BGB verneint und es sprechen gute Gründe dafür, die milde Haftung nach § 680 BGB auch im unmittelbaren Anwendungsbereich den professionellen Helfern zu versagen. Schließlich stellt sich dieser Personenkreis bewusst und gewollt für Hilfeleistung in Notfällen zur Verfügung und wird im Hinblick darauf trainiert. Für professionelle Nothelfer ist ein Unglücksfall beruflicher Alltag. Anders kann die Situation jedoch bewertet werden, wenn etwa ein Arzt zufällig am Unglücksort anwesend ist und unvorbereitet, ohne besondere ärztliche Hilfsmittel oder medizinische Geräte, Hilfe leistet.
Fallbeispiel
Zu später Stunde begaben sich die restlichen Gäste einer Gartenparty wegen stark einsetzendem Regen ins Haus, um die Feier dort feucht fröhlich ausklingen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt war ein Gast nach übermäßigem Alkoholgenuss im Freien auf einem Stuhl bereits eingeschlafen. Der Gastgeber versuchte, ihn zu wecken, damit er sich ebenfalls in das Haus begibt. Er reagierte jedoch aufgrund seines Alkoholkonsums nicht mehr auf Ansprachen und äußere Einflüsse. Deshalb schleppte ihn der besorgte Gastgeber ins Haus, damit er seinen Rausch sicher auf der Couch ausschlafen konnte. Auf dem Weg ins Haus wurden die neuen Designer-Schuhe der betrunkenen Person massiv zerkratzt, die er später, trotz der gut gemeinten Tat, ersetzt verlangt.
Bei derartigen Sachverhalten kommt besonders eine Ersatzpflicht nach den Regeln der GoA zum Tragen. Die dafür zunächst nach § 677 BGB vorausgesetzte "Besorgung eines fremden Geschäfts" liegt infolge des Verbringens der Person von dem Garten ins Haus vor. Eine Geschäftsbesorgung für einen anderen i.S.d. § 677 BGB ist – wie bei einem Auftrag nach § 662 BGB – jedes tatsächliche und rechtliche Handeln. Objektiv fremd, also für einen anderen, ist ein Geschäft, das nach seinem äußeren Erscheinun...