Bewahrt eine Person in einer Gefahrenlage durch eine Rettungshandlung einen anderen vor Schaden und schädigt sich durch diese Handlung gleichzeitig selbst, kann ein Anspruch wegen einer sog. Selbstaufopferung in Betracht kommen. Auch dann steht ein Retter hinsichtlich erlittener Verletzungen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 13a) SGB VII sind solche Personen versichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten. Hierunter fällt auch eine spontan, ohne intensive Überlegung verrichtete Rettungstat, die wenigstens auch dem Schutz eines Dritten wesentlich dienen sollte.
Fallbeispiel
Plötzlich und völlig unvermittelt wurde ein Spaziergänger von einer unbekannten Person absichtlich auf die Fahrbahn vor ein herannahendes Fahrzeug gestoßen. Der Fahrer konnte geistesgegenwärtig ausweichen. Bei diesem Manöver prallte er jedoch gegen einen Baum, was einen Fahrzeugschaden und eine schwere Körperverletzung nach sich zog. Der Angreifer konnte unerkannt entkommen.
In einem solchen Fall der Selbstaufopferung im Straßenverkehr hilft das Deliktsrecht nicht weiter. Gleiches gilt für § 904 BGB in analoger Anwendung, da die Norm keinen Fall der Selbstschädigung betrifft. Für die Selbstaufopferung im Straßenverkehr passt der Rechtsgedanke der §§ 677 ff. BGB besser. Ein Autofahrer, der in einer plötzlichen Gefahrenlage das Steuer herumreißt, um reflexartig einem plötzlich auf die Fahrbahn gestoßenen Fußgänger auszuweichen und sich dabei selbst schädigt, sind Ansprüche aus der GoA gem. §§ 670, 683 BGB (analog) zuzuerkennen, sofern er nicht nur im Eigeninteresse, sondern auch im Interesse des Fußgängers gehandelt hat. Das Eigeninteresse des Autofahrers, der sicher auch sich selbst und seinen Pkw vor Schäden bewahren wollte, tritt in den Hintergrund, da der Fußgänger bei einem Zusammenstoß wesentlich schwerwiegendere Schäden erlitten hätte. Bei einem solch objektiv fremden Geschäft ist der Fremdgeschäftsführungswille zu vermuten. Aufgrund der strengen Haftung des Halters und Fahrers eines Kfz ist jedoch dann ein Eigengeschäft anzunehmen, wenn der "Retter" durch das Ausweichen seiner eigenen Haftung aus §§ 7, 18 StVG zu entgehen sucht und sich von der Kfz-Betriebsgefahr nicht entlasten kann. Schließlich dürfen die strenge Haftung von Halter und Fahrer nicht ohne weiteres durch Überlegungen zum Sonderopferausgleich umgegangen werden.
Beruht ein Ereignis jedoch auf "höherer Gewalt" i.S.d. § 7 Abs. 2 StVG und wurde Dank des Ausweichmanövers größerer Schaden vermieden, ist dem Kraftfahrer in Anlehnung an § 588 HGB eine angemessene Entschädigung zuzubilligen. Höhere Gewalt ist im Fallbeispiel bei dem vorsätzlichen Angriff auf den Spaziergänger anzunehmen, da die Tat als Einwirkung von außen in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Fahrzeugbetrieb steht und zudem so ungewöhnlich ist, dass nach menschlicher Einsicht und Erfahrung mit einem derartigen Verhalten nicht gerechnet zu werden brauchte. Insofern steht dem "Retter" ein Anspruch unter Heranziehung der Rechtsgedanken der §§ 574 ff. bzw. der §§ 588 ff. HGB zu. Ein Aufwendungsersatzanspruch in voller Höhe des ihm entstandenen Sach- und Personenschadens sollte ihm dabei aber nicht zustehen.
Der Gedanke der Selbstaufopferung begründet jedoch in den Fällen keinen Anspruch aus §§ 670, 683 BGB, wenn eine Rettungshandlung an sich weder einen Schaden verursacht, noch vergrößert hat, sondern ein (psychischer) Schaden beim Retter bereits aufgrund der herbeigeführten Gefahrenlage entstanden ist. Dies gilt vor allem, wenn angenommen werden kann, dass der Schaden ohne die geistesgegenwärtige und schnelle Reaktionshandlung noch größer geworden wäre.
Erwähnenswert ist auch, dass der Gedanke der Selbstaufopferung nicht nur im Rahmen einer GoA, sondern auch im Rahmen der Billigkeitshaftung nach § 829 BGB berücksichtigt werden kann. Man kann also durchaus zu dem Ergebnis gelangen, dass der Gedanke der Selbstaufopferung, im Falle einer objektiv unerlaubten Handlung eines nicht verantwortlichen Schädigers (§§ 827, 828 BGB), auch im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 829 BGB zum Tragen kommt und somit Ansprüche auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens auslöst.