"… II. Die Ablehnung des Vergütungsfestsetzungsantrags des Antragstellers ist aufzuheben und das Vergütungsfestsetzungsverfahren ist fortzuführen."
1. Die Ablehnung des Antrags des Antragstellers auf Vergütungsfestsetzung ist rechtsfehlerhaft.
Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 RVG wird die gesetzliche Vergütung auf Antrag des Rechtsanwalts durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Gem. § 11 Abs. 2 S. 2 RVG sind die Beteiligten vor der Festsetzung zu hören.
Dahinstehen kann insoweit, ob ein Vergütungsfestsetzungsantrag ohne eine Anhörung des Antragsgegners abgelehnt werden kann, wenn ein Anspruch auf Vergütungsfestsetzung schon nach den eigenen Angaben des Antragstellers zu verneinen ist. Denn ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor.
Der Antrag des Antragstellers auf Vergütungsfestsetzung konnte nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass der Antragsteller keine Anschrift des Antragsgegners beigebracht hat, an der ein Anhörungsschreiben hätte zugestellt werden können.
Zwar gilt in Vergütungsfestsetzungsverfahren der Beibringungsgrundsatz und muss der Antragsteller die Tatsachen vortragen, aus denen sich sein Anspruch herleitet und glaubhaft machen, dass die geltend gemachten Gebühren und Auslagen angefallen sind (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 11 Rn 205, 207). Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehört jedoch nicht die aktuelle Anschrift des Antragsgegners. Das ergibt sich aus Folgendem:
§ 11 Abs. 2 S. 2 RVG sieht für das Vergütungsfestsetzungsverfahren vor, dass die Beteiligten vor einer Entscheidung zu hören sind. Diese Aufgabe obliegt als Ausdruck der verfassungsrechtlichen Garantie des Art. 103 Abs. 1 GG auf rechtliches Gehör dem Gericht.
Soll eine Vergütung festgesetzt und damit ein Vollstreckungstitel geschaffen werden, ist zuvor derjenige anzuhören, gegen den aus dem Titel vollstreckt werden kann. Zu Einwendungen gegen die Festsetzungen ist wiederum der antragstellende Rechtsanwalt zu hören (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 11 Rn 208).
Um dem Antragsgegner in einem Vergütungsfestsetzungsverfahren rechtliches Gehör zu verschaffen, muss das Gericht einen Antrag auf Vergütungsfestsetzung dem Antragsgegner übersenden und sich zugleich des Zugangs versichern. Über Letzteres gibt nur ein Nachweis der Zustellung verlässlich Auskunft.
Um der verfassungsrechtlichen Garantie zu entsprechen, muss das Gericht also über eine Anschrift verfügen, an der dem jeweiligen Antragsgegner das Anhörungsschreiben übergeben (§ 177 ZPO) oder im Wege der Ersatzzustellung zugestellt (§§ 178, 180, 181 ZPO) werden kann. Diese wird in der Regel der Anschrift entsprechen, die für den Antragsgegner in der Klage- oder Eilantragsschrift angegeben worden war.
Denn zum Zeitpunkt des Eingangs einer Sache bei Gericht wird der Prozessbevollmächtigte – im Vergütungsfestsetzungsverfahren: der Antragsteller – über eine Adresse seines Mandanten – im Vergütungsfestsetzungsverfahren: der Antragsgegner – verfügen, über die er den Mandanten im beiderseitigen Interesse erreichen kann.
Ist in einem Vergütungsfestsetzungsverfahren der Antragsgegner aber unbekannt verzogen und kommt aus diesem Grund das Anhörungsschreiben als unzustellbar zurück, folgt aus der verfassungsrechtlichen Garantie des rechtlichen Gehörs eine eigene Ermittlungspflicht des Gerichts (vgl. LG Braunschweig Rpfleger 2012, 568; OLG Hamburg MDR 1975, 324). Dieser prozessualen Pflicht kann das Gericht nur genügen, wenn es die aktuelle Anschrift, unter der der Antragsgegner erreichbar ist, ermittelt, oder zumindest zu ermitteln versucht.
Auch die Erwägung, dass es sich beim Vergütungsfestsetzungsverfahren um ein Verfahren handelt, das für bzw. auf Betreiben des Antragstellers durchgeführt wird und ihm einen Titel verschaffen soll, kann nicht zu einer Verlagerung der prozessualen Pflichten des Gerichts auf den Antragsteller führen.
Aus der verfassungsrechtlichen Garantie der Gewährung rechtlichen Gehörs folgt eine Pflicht der rechtsprechenden Gewalt, die auch in kontradiktorischen Verfahren uneingeschränkt gilt. Auch wenn der Antragsteller die Anschrift des Antragsgegners nicht kennt, muss das Gericht in einem Vergütungsfestsetzungsverfahren dem Antragsgegner die Möglichkeit zu einer vorherigen Stellungnahme offenhalten (so schon OLG Hamburg MDR 1975, 324).
Die angeführte Erwägung würde im Übrigen in ihrer Konsequenz jede öffentliche Zustellung von Anhörungsschreiben nach § 11 Abs. 2 S. 2 RVG ausschließen. Dem entgegen sieht jedoch die Kommentarliteratur für die Fälle, in denen der Aufenthalt eines Antragsgegners nicht zu ermitteln ist, die Möglichkeit der Anhörung im Wege öffentlicher Zustellung (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 11 Rn 223; Bischof, in: Bischof/Jungbauer u.a., RVG, 8. Aufl. 2018, § 11 Rn 42; N. Schneider, in: Schneider/Wolf, RVG, 5. Aufl. 2010, § 11 Rn 155).
Schließlich hat ein Antragsteller ein Recht darauf, seine Vergütung titulieren zu lassen, welches nicht dadurch verloren geht, “dass der Mandant es vorzieht, sich ...