Der Entscheidung ist zuzustimmen. Jeder Rechtsanwalt, der seine Vergütung gegen seinen Aufraggeber im Vergütungsfestsetzungsverfahren geltend macht, sollte sich diesen Beschluss kopieren und zu gegebener Zeit dem Rechtspfleger bzw. UdG vorlegen.
Aus meiner rund 40-jährigen Erfahrung bei Gericht mit dem Vergütungsfestsetzungsverfahren weiß ich, dass die meisten damit befassten Rechtspfleger und UdG anderer Auffassung als das VG Hannover sind und dem antragstellenden Rechtsanwalt zu Unrecht die Verpflichtung zur Ermittlung der Anschrift des Antragstellers auferlegen.
Durchführung der Anhörung
Die Regelung in § 11 Abs. 2 S. 2 RVG, wonach die Beteiligten vor der Festsetzung zu hören sind, ist hinsichtlich der Form der Anhörung neutral. Im Regelfall reicht eine formlose Anhörung aus (Hansens, in: Hansens/Schneider, Formularbuch Anwaltsvergütung im Zivilrecht, Teil 3 Rn 82; AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O. Rn 176).
Somit ist die Zustellung des Festsetzungsantrags nicht vorgeschrieben, sie ist jedoch in Zweifelsfällen vorzunehmen (AnwKomm-RVG/N. Schneider, a.a.O.; von Eicken/Dörndorfer, Die Kostenfestsetzung, 23. Aufl. 2018, I Rn 124 [die hierfür herangezogene Entscheidung des BVerfG NJW 2006, 2248 = FamRZ 2006, 763 betrifft allerdings die Zustellung im Klageverfahren nach § 495a ZPO).
Wird der Vergütungsfestsetzungsantrag dem Antragsgegner lediglich mit einfachem Brief übersandt, ist es allerdings unsicher, ob das gerichtliche Schreiben den Antragsgegner überhaupt erreicht hat und ihm damit das rechtliche Gehör ausreichend gewährt wurde (OLG Frankfurt JurBüro 1983, 1517).
Die Frage, ob die Übersendung des Anhörungsschreibens mit einfachem Brief genügt oder eine förmliche Zustellung erforderlich ist, hat der mit dem Vergütungsfestsetzungsverfahren befasste UdG oder Rechtspfleger nach eigenem Ermessen zu entscheiden.
Ist der Antragsgegner lediglich mit einfachem Brief angehört worden und kann unter dieser Anschrift der dann ergehende Vergütungsfestsetzungsbeschluss nicht zugestellt werden, so ist meist zu vermuten, dass auch das Anhörungsschreiben den Antragsgegner nicht erreicht hat. In einem solchen Fall muss deshalb zuvor die Anhörung – ggf. durch öffentliche Zustellung – wiederholt werden. Erst nach Ablauf der eingeräumten Stellungnahmeschrift kann dann der Vergütungsfestsetzungsbeschluss zugestellt werden.
Dass eine förmliche Zustellung der Anhörung erforderlich ist, kann sich auch aus der Art des gerichtlichen Verfahrens, für das die Vergütung festgesetzt werden soll, ergeben. Insbesondere in asylrechtlichen Verfahren ändert sich die in der Klage- oder Antragsschrift angegebene Anschrift des jeweiligen Kl./Antragstellers recht häufig. Deshalb kann sich das Gericht nicht sicher sein, dass diese Anschrift auch noch zutrifft, wenn der Rechtsanwalt nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens das Vergütungsfestsetzungsverfahren betreibt.
Die Auffassung des VG Hannover, ggf. müsse die Anhörung des Antragsgegners im Wege der öffentlichen Zustellung erfolgen, wird im Übrigen auch von anderen Gerichten geteilt (OLG Hamburg JurBüro 1976, 60; LG Berlin NJW 1959, 1374; a.A. LG Bielefeld NJW 1960, 1817 und 1961, 148).
Zustellung an neuen Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners
In manchen Fällen hat der Antragsgegner einen neuen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten für die Hauptsache bestellt. In einem solchen Fall kommt eine Zustellung der Anhörung und später auch des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses an diesen neuen Rechtsanwalt allerdings nur dann in Betracht, wenn das Gericht konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass sich die Prozessvollmacht des Anwalts auch auf das Vergütungsfestsetzungsverfahren erstreckt (s. OLG München – 11. ZS – JurBüro 1984, 394 mit Anm. Mümmler = Rpfleger 1984, 74; a.A. OLG München – 4. FamS – Rpfleger 1980, 158: Zustellung auch an den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten möglich).
Anders liegt der Fall, wenn der neue Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte im Vergütungsfestsetzungsverfahren ausdrücklich die Vertretung des Antragsgegners angezeigt hat. Dann sind Zustellungen nur an den neuen Bevollmächtigten zu bewirken.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens
zfs 11/2018, S. 647 - 649