VHB 2017 A 4.1.1
Leitsatz
1. Für das äußere Bild eines versicherten Einbruchdiebstahls, muss neben Einbruchsspuren ein Mindestmaß an Tatsachen vorliegen, die nach der Lebenserfahrung den Schluss auf eine bedingungsgemäße Entwendung zulassen.
2. Kann der VN den Beweis nicht führen, dass ein Gebäude zum Zeitpunkt des behaupteten Diebstahls tatsächlich verschlossen war, ist der Nachweis eines Einbruchdiebstahls nicht geführt.
OLG Dresden, Beschl. v. 14.4.2021 – 4 U 161/21
1 Aus den Gründen:
Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das LG die Klage abgewiesen. Der Kl. steht aufgrund des behaupteten Schadenereignisses vom 2./3.2.2019 kein Anspruch gegenüber der Bekl. aus der Hausratversicherung (A 4.1.1 VHB 2017) zu. Sie hat den erforderlichen Beweis für einen versicherten Einbruchsdiebstahl nicht erbracht.
Einbruchdiebstahl liegt nach A.4.1.1 VHB 2017 vor, wenn der Dieb in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mit falschem Schlüssel oder mithilfe von anderen Werkzeugen eindringt.
Zu den Voraussetzungen des Begriffes "Einbrechen" gehört, dass Gewalt gegen Gebäudebestandteile ausgeübt wird, um sich Zugang zu dem Gebäude zu verschaffen. Ein gewaltsames Vorgehen belegende Einbruchspuren am Garagentor liegen nicht vor und konnten von den ermittelnden Polizeibeamten auch nicht festgestellt werden. Die dahingehenden Feststellungen des Landgerichts werden von der Berufung nicht begründet in Zweifel gezogen.
Entgegen der Ansicht der Berufung hat die Kl. auch nicht hinreichend bewiesen, dass ein versichertes Ereignis in Form eines Einbruchdiebstahls durch Verwendung eines Werkzeugs zur Überwindung des verschlossenen Garagentores als Zugangshindernis vorliegt.
Dem VN werden in einer Sachversicherung zwar grundsätzlich Erleichterungen für den Beweis des Vorliegens eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalls zugebilligt, da sich das Leistungsversprechen des VR auf einen typischerweise unbeobachteten Vorgang bezieht. Der VN genügt daher seiner ihm obliegenden Beweislast, wenn er das "äußere Bild" eines Einbruchdiebstahls beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen Versicherungsfall schließen lassen. Hierzu muss der VN regelmäßig Einbruchsspuren nachweisen (vgl. BGH NJW-RR 2015, 1247). Der Nachweis des äußeren Bildes setzt dabei allerdings nicht voraus, dass die nachgewiesenen Spuren völlig plausibel und "stimmig" in dem Sinne sind, dass sie zweifelsfrei auf ein unberechtigtes Eindringen schließen lassen. Der VN schuldet bei einem behaupteten Einbruchdiebstahl in Form des "Eindringens mithilfe von Werkzeugen" aber jedenfalls den Beweis von Spuren, die damit in Einklang gebracht werden können und sich daher als "geeignete" Einbruchsspuren darstellen (vgl. BGH VersR 2015, 710; OLG Hamm, r+s 2012, 182). Für das äußere Bild des "Ob" des Diebstahls genügt zudem nicht nur das schlichte Vorhandensein von Einbruchspuren überhaupt, sondern es muss ein Mindestmaß an Tatsachen vorliegen, die nach der Lebenserfahrung den Schluss auf die "versicherte" – also bedingungsgemäße – Entwendung zulassen (vgl. LG Dortmund, Urt. v. 17.3.2016 – 2 O 403/13 – juris m.w.N.). Dies ist auch sachgerecht, da andernfalls eine Differenzierung zwischen versicherten Begehungsformen eines Diebstahls und nicht versicherten Begehungsformen eines Diebstahls von Hausrat, wie sie in den Versicherungsbedingungen üblicherweise vorgenommen wird, hinfällig wäre.
Diesen Beweis geeigneter Einbruchspuren hat die Kl. aber nicht erbracht. Dagegen spricht, dass die Kl. bereits nicht bewiesen hat, dass das Garagentor zum Zeitpunkt der behaupteten Entwendung tatsächlich geschlossen war, also der Einsatz von Werkzeugen zur Überwindung des geschlossenen Tores und Eindringens in die Garage überhaupt erforderlich war. Denn ihr Ehemann hat in seiner polizeilichen Vernehmung angegeben, dass er am Morgen des 3.2.2019 beim Versuch, das offenstehende Garagentor zu verschließen, festgestellt habe, dass dies wegen eines in der Flucht des Sektionaltores stehenden Kompressors nicht möglich gewesen sei. Steht aber nicht fest, dass das Garagentor vor Schadenseintritt geschlossen war, ist der Kl. der Nachweis einer im Sinne der Versicherungsbedingungen versicherten Begehungsform des Diebstahls nicht gelungen, ohne dass es auf die Frage eines Haftungsverzichts im Falle einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles ankommen würde.
Ohne Erfolg verweist die Kl. darauf, dass die Verwendung von Werkzeugen zur Überwindung des verschlossenen Garagentores durch eine von ihrem Ehemann später festgestellte Deformierung an der am Torrahmen angebrachten Gummilippe und einen kleinen Oberflächenschaden am obersten Sektionalelement innen belegt werde. Danach kommt zwar der Versicherungsfall in Form eines Eindringens mittels Werkzeug in Betracht; dessen Nachweis ist der Kl. jedoch ebenfalls nicht gelungen.
Der VN genügt insoweit seiner Beweislast schon dann, wenn er konkrete Umstände beweist, die nach der Lebenserfahrung mit hinr...