StVG § 7 Abs. 1, StVG § 18 Abs. 1, VVG § 115, BGB § 249 Abs. 2 S 1, BGB § 254
Leitsatz
1. Nutzt ein Busunternehmen seine eigene Werkstatt zur Reparatur seines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Busses, beschränkt sich der zur Herstellung erforderliche Betrag auf die insoweit anfallenden Kosten.
2. Die höheren Kosten einer externen Werkstatt können grundsätzlich zugrunde gelegt werden, wenn das Busunternehmen einen Teil der Kapazitäten seiner Werkstatt als freie Werkstatt zur Gewinnerzielung verwendet. Voraussetzung ist allerdings, dass es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast hinreichend dazu vortragen kann, dass es in der Zeit der Reparatur des Busses Fremdaufträge hätte annehmen können.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.6.2021 – I-1 U 142/20 –
Sachverhalt
I. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einem Unfallereignis geltend, welches sich am 1.8.2019 in Schermbeck ereignet hat.
Bei dem Unfall, den der Fahrer eines bei der Beklagten versicherten Pkws allein verschuldet hat und für dessen Folgen die Beklagte dem Grunde nach unstreitig haftet, wurde ein Linienbus der Klägerin erheblich beschädigt. Die Schäden ließ die Klägerin, die Mitglied der Kfz-Innung und als freie Werkstatt in die Handwerksrolle eingetragen ist, in der Zeit vom 2.8.2019 bis zum 23.8.2019 in ihrer hauseigenen Werkstatt reparieren, in der etwa zu 60 % eigene Fahrzeuge und zu 40 % fremde Fahrzeuge repariert werden.
Die durch ein Sachverständigengutachten mit 46.735,20 EUR bezifferten Reparaturkosten (Anlage K1, Bl. 5 d. A.) erstattete die Beklagte (neben einer entstandenen Wertminderung, Sachverständigenkosten, Vorhaltekosten und einer Kostenpauschale von 25,00 EUR) nur in Höhe von 39.724,29 EUR mit der Begründung, dass von den gutachterlich ermittelten Reparaturkosten ein Gewinnanteil in Höhe von 15 %, mithin 7.010,28 EUR, in Abzug zu bringen sei, weil der Bus in der eigenen Werkstatt kostensparend repariert wurde.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin die Differenz zwischen den gutachterlich ermittelten und den durch die Beklagte erstatteten Reparaturkosten geltend sowie eine Pauschale von 25,00 EUR für die Kosten der Erstellung und Vorlage eines Gutachtens über Vorhaltekosten. Hierzu hat sie behauptet, dass ihre hauseigene Werkstatt vollständig ausgelastet gewesen sei. Im August 2019 sei in drei Schichten gearbeitet worden, insgesamt daher von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr. Die Auftragslage sei überdurchschnittlich gewesen. Während im Zeitraum vom 1.1.2019 bis zum 30.11.2019 insgesamt 3.656 Aufträge, mithin durchschnittlich 332 Aufträge im Monat, bearbeitet worden seien, seien im August 400 Aufträge, davon 99 externe Aufträge, bearbeitet worden. Über das für August 2019 vorgesehene Soll von 3.047 Arbeitsstunden hinaus seien 125,25 Überstunden geleistet worden. Wegen der Auslastung der Werkstatt hätten Eigentümer nicht betriebsinterner Fahrzeuge vertröstet oder entsprechende Aufträge abgelehnt werden müssen, um die Reparatur des beschädigten Busses zu ermöglichen. Da ihr nicht zuzumuten sei, auf den Gewinn aus solchen Aufträgen zugunsten der Beklagten zu verzichten, bestehe ihr Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten ohne Abzug eines Gewinnanteils.
Darüber hinaus hat die Klägerin die Ansicht vertreten, dass die Beklagte verpflichtet ist, einen auf 25,00 EUR pauschalierten Anteil der Kosten zu tragen, die für die Erstellung eines im Jahr 2008 erstellten Gutachtens über die Kosten der Vorhaltung von Ersatzfahrzeugen im Betrieb der Klägerin entstanden sind.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.035,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.10.2019 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, dass ein Geschädigter, der die Reparatur einer beschädigten Sache in einer eigenen Werkstatt kostengünstiger als in einer Fremdwerkstatt durchführen könne, nur Anspruch auf Ersatz der niedrigeren Kosten der Eigenreparatur habe, weil es sich nur insoweit um notwendige Kosten der Wiederherstellung handele. Auch die Klägerin müsse sich daher einen Gewinnanteil von 15 % abziehen lassen, da nicht nachgewiesen sei, dass sie in der Lage gewesen wäre, die Instandsetzungskapazität ihrer Werkstatt in anderer Weise gewinnbringend einzusetzen, wenn sie den Bus nicht repariert hätte. Ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten für das Vorhaltekostengutachten bestehe nicht, da die Erstellung des Gutachtens im Jahr 2008 nicht durch das Unfallgeschehen veranlasst gewesen sei.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es dies damit begründet, dass die Klägerin nicht hinreichend dargelegt habe, dass ihre Werkstatt in dem Zeitraum der Reparatur des Busses ausgelastet gewesen sei und dass sie Aufträge habe ablehnen müssen, die sie ohne die Busreparatur durchgeführt hätte. Kosten für das Vorhaltekostengutachten seien nicht zu erstatten, da kein Zusammenhang zwischen dem im Jahr 2008 erstellten Gutachten und dem Unfallereignis zu erkennen sei.
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