[…] II. "Das als Rechtsbeschwerde bezeichnete Rechtsmittel des Betroffenen ist als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zu werten (§ 300 StPO). Der so verstandene Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde erweist sich bereits als unzulässig, da er nicht den Vorgaben des § 110c OWiG i.V.m. § 32d S. 2 StPO genügt und dieser Vormangel zur Unwirksamkeit der Antragstellung und somit zur Unzulässigkeit des Antrages insgesamt führt.
1) Gemäß § 110c OWiG i.V.m. § 32d S. 2 StPO haben Rechtsanwälte und Verteidiger die Rechtsbeschwerde und ihre Begründung als elektronisches Dokument, das den Vorgaben des § 32a StPO genügt, zu übermitteln. Auch im Zulassungsverfahren sind dabei sämtliche Förmlichkeiten, die für die Rechtsbeschwerde gelten, einzuhalten, da es sich bei dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde um kein eigenständiges Rechtsmittel handelt, sondern lediglich die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG von der Zulassung derselben abhängt (vgl. KK-OWiG/Hadamitzky, 5. Aufl., § 80, Rn 5), so dass auch für den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde die aus § 110c OWiG i.V.m. § 32d S. 2 StPO folgenden Formerfordernissen für die Übermittlung gelten.
2) Der zeitliche Anwendungsbereich des § 110c OWiG i.V.m. § 32d S. 2 StPO ist eröffnet. Die vorbezeichneten Vorschriften sind nach Art. 33 Abs. 3 des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017 (BGBl I S. 2229) am 1.1.2020 in Kraft getreten. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist am 7.2.2022 bei dem Amtsgericht Marl eingegangen, somit also nach Inkrafttreten der vorbezeichneten Vorschriften.
3) Auch der personelle Anwendungsbereich des § 110c OWiG i.V.m. § 32d S. 2 StPO ist eröffnet, weil der Antragsteller sowohl Rechtsanwalt als auch Verteidiger des Betroffenen ist.
4) § 110c OWiG i.V.m. § 32d S. 2 StPO ist auch sachlich anwendbar, da es sich bei dem Schriftsatz vom 7.2.2022 sowohl um die Einlegung der Rechtsbeschwerde als auch deren Begründung handelt, der nach den vorbezeichneten Vorschriften durch einen Rechtsanwalt oder Verteidiger elektronisch einzureichen ist.
a) An dieser elektronischen Übermittlung fehlt es hier, weil der vorbezeichnete Rechtsmittelschriftsatz entgegen den Vorgaben des § 110c OWiG i.V.m. § 32d S. 2 StPO nicht elektronisch, sondern mittels einfachen Telefaxes an das AG übermittelt worden ist. Dies genügt den Formvorgaben des § 32d S. 2 StPO nicht (vgl. AG Köln, Beschl. v. 15.3.2022 – 582 Ls 6/22 185 Js 756/21).
b) Dieser Vormangel führt zur Unwirksamkeit und damit zur Unzulässigkeit des Antrages.
5) Eine schriftliche Antragstellung war auch nicht ausnahmsweise gem. § 110c OWiG i.V.m. § 32d S. 3 StPO zulässig. Nach dieser Vorschrift bleibt die Übermittlung eines Schriftstücks in Papierform zulässig, wenn eine Übermittlung in elektronischer Form aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich ist. Diese vorübergehende Unmöglichkeit ist gem. § 110c OWiG i.V.m. § 32d S. 4 StPO glaubhaft zu machen, was hier unterblieben ist.
6) Auch eine Rückgabe der Sache an das AG zum Zwecke des weiteren Vorgehens nach § 110c OWiG i.V.m. § 32a Abs. 6 StPO scheidet vorliegend aus. Denn diese Vorschrift ist nur dann anwendbar, wenn das elektronisch übermittelte Dokument für die Bearbeitung durch das Gericht nicht geeignet ist. Hier fehlt es jedoch bereits an der Übermittlung eines elektronischen Dokumentes, so dass die Anwendbarkeit des § 110c OWiG i.V.m. § 32a Abs. 6 StPO von vornherein ausscheidet.
7) Da der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde somit unwirksam gestellt und damit insgesamt unzulässig ist, ist dem Senat die Prüfung von Zulassungsgründen verwehrt.“
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Ergänzend bemerkt der Senat, dass § 32a Abs. 6 StPO hier schon deswegen nicht zur Anwendung kommen kann, weil es sich bei dem per Telefax eingereichten Rechtsmittelschriftsatz nicht um ein elektronisches Dokument im Sinne der Vorschrift handelt, welches – etwa wegen eines falschen Dateiformats (vgl. § 2 ERRV; BT-Drucks18/9416 S. 48) – zur Bearbeitung durch das Gericht nicht geeignet war.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war dem Betroffenen weder auf seinen Antrag vom 4.7.2022 hin, noch von Amts wegen zu gewähren. Zwar liegt hier erkennbar kein Verschulden des Betroffenen vor, sondern allenfalls ein solches seines Verteidigers, welches dem Betroffenen nicht zugerechnet wird (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 44 Rn 18; Graf in: KK-StPO, 8. Aufl., § 32d Rn 5). Der Wiedereinsetzungsantrag ist aber jedenfalls deswegen unzulässig, weil die versäumte Handlung – nämlich Anbringung eines Zulassungsantrages und einer Rechtsmittelbegründung auf dem vorgeschriebenen Übermittlungsweg (s.o.) – nicht fristgerecht erfolgt ist (§ 44 Abs. 2 S. 2 StPO). Zwar heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass die Möglichkeit der formgerechten Nachholung der Erklärung, die elektronisch einzureichen gewes...