Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten, erhalten nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII als Versicherte Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII). Ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht gegen die Unfallkasse hingegen nicht, weshalb dieser gegenüber dem Schädiger/der Versicherung weiterverfolgt werden kann. Dem von dort erhobenen Mitverschuldenseinwand kann entgegengehalten werden:
Wer erste Hilfe leistet, muss sich zwar zunächst einmal um seinen eigenen Schutz bemühen, sich umsichtig verhalten und so gut wie möglich versuchen, nicht selbst verletzt zu werden. Die Anforderungen, die hierbei zu beachten sind, sind jedoch durch die Sorge um den Hilfebedürftigen und die Umstände, unter denen Hilfe geleistet wird, begrenzt – selbst dann, wenn der Nothelfer bei seiner Hilfeleistung nicht die Interessen des Schädigers wahrnimmt. Der Schädiger kann vom Nothelfer keinesfalls verlangen, dass dieser bei seiner Hilfeleistung dem Schutz der eigenen Person die ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt. Nächstenhilfe, zu der Bürger ggf. sogar rechtlich verpflichtet sind, wäre andernfalls – gerade bei Verkehrsunfällen auf der Autobahn mit hoher Gefährdung – nicht möglich (BGH v. 2.12.1980 – VI ZR 265/78). Auch liegt kein Mitverschulden vor, wenn der Unfallhelfer bei seiner Hilfeleistung falsch reagiert oder die Sachlage objektiv falsch eingeschätzt hat (BGH v. 5.10.2010 – VI ZR 286/09).
Der Schmerzensgeldanspruch kann auch nicht nach den Grundsätzen eines sog "gestörten" Gesamtschuldverhältnisses gekürzt werden. Sind für die Unfallverletzung zwei Täter verantwortlich und profitiert einer der beiden von der Haftungsbefreiung nach §§ 104, 105 SGB VII, sind Ansprüche gegen den Schädiger auf den Betrag beschränkt, der auf ihn im Innenverhältnis zu dem befreiten Schädiger endgültig entfiele, wenn diese Lastenverteilung nach § 426 BGB nicht durch die Sonderregelung der §§ 104, 105 SGB VII (bis 31.12.1996: 636, 637 RVO) gestört wäre (BGHZ 61, 51 ff.; stRspr). Hiervon erfasst werden auch Schmerzensgeldansprüche (BGH v. 2.4.1974 – VI ZR 193/73 = VersR 1974, 888, 889). Sinn und Zweck der §§ 104, 105 SGB VII besteht darin, dem Verunglückten für Verletzungen infolge eines Arbeitsunfalls Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zukommen zu lassen, die die Einstandspflicht des für den Unfall verantwortlichen Unternehmers einschließlich Schmerzensgeldansprüchen ablösen sollen (BGHZ 52, 115, 122; 63, 313, 315; BVerfGE 34, 118, 129).
Das Haftungsprivileg greift auch für Privatpersonen. Diese können von der Haftung für die Verletzung eines Verunglückten befreit sein, wenn dieser für sie – sei es auch nur aus Gefälligkeit und nur vorübergehend – tätig wird und hierbei zu Schaden kommt. Zudem muss die Tätigkeit des Verunglückten Arbeiten vergleichbar sein, die aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses erbracht werden, § 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Das sozialrechtliche Haftungsprivileg der §§ 104, 105 SGB VII erstreckt sich aber nicht auch auf diejenigen, die Versicherungsleistungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII erhalten (BGH v. 20.3.1979 – VI ZR 14/78 = VersR 1979, 668, 669 sowie BGH 2.12.1980 – VI ZR 265/78). Die Hilfeleistung in der Not allein schafft kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, selbst dann, wenn der Hilfebedürftige den Nothelfer um die Hilfeleistung gebeten hätte. § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII kreiert einen eigenständigen Versicherungsschutz für den Dienst an der Allgemeinheit, auf den das Privileg der §§ 104, 105 SGB VII nicht erstreckt werden kann. Der Nothelfer würde andernfalls unangemessen benachteiligt (BGH v. 24.1.2006 – VI ZR 290/04).