VVG § 100 § 104; BGB § 634 Nr. 1 § 635 Abs. 1; AVB Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung Ziff. 2.1., Ziff. 2.6.2.
Leitsatz
Wird ein Haustechnikunternehmen nach Einbau einer Befeuchtungsanlage auf Beseitigung einer Verkeimung in Anspruch genommen, so handelt es sich – auch soweit es um die Kosten eines Beweissicherungsverfahrens geht – um von seiner Betriebshaftpflichtversicherung nicht gedeckte Nacherfüllungs- und Mängelbeseitigungsansprüche. (Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.1.2023 – 8 U 2921/22
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten über Versicherungsschutz aus einer Betriebshaftpflichtversicherung, die die Kl. bei der Bekl. unterhält. Dem Vertrag liegen die AVB für die Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung sowie die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Betriebshaftpflichtversicherung der Bauwirtschaft zugrunde. Diese sind teilweise durch Besondere Vereinbarungen für Mitgliedsbetriebe des Bundesindustrieverbandes Heizung-, Klima-, Sanitärtechnik/Technische Gebäudesysteme e.V. modifiziert worden. Die Kl. betreibt ein Unternehmen für die Installation und Wartung von Haustechnik (Sanitär, Heizung, Lüftung und Klima). Sie wurde seitens der Stadt N. mit der Ausführung der Gewerke Sanitär und zentrale Befeuchtungsanlage betreffend das Bauvorhaben "Umbau Haus 1, …" beauftragt. Hinsichtlich der Lieferung und Montage der zentralen Befeuchtungsanlage beauftragte die Kl. ihrerseits eine Subunternehmerin, die M. GmbH.
Die zentrale Befeuchtungsanlage ging im Jahre 2017 in Betrieb. Nachdem im Jahre 2019 eine Verkeimung der Anlage festgestellt worden war, forderte die Stadt N. von der Kl. die Beseitigung dieser Verkeimung. Die entsprechenden Arbeiten erfolgten durch die Subunternehmerin unter Einsatz eines chlorhaltigen Desinfektionsmittels. Im November 2020 wurden Undichtigkeiten, tropfende Dichtungen und geplatzte Schläuche an der zentralen Befeuchtungsanlage festgestellt, so dass diese im März 2021 außer Betrieb genommen werden musste. Die Kl. wurde seitens der Stadt N. aufgefordert, die geltend gemachten Mängel nach Vorlage eines Konzepts zu beseitigen und anschließend die Keimfreiheit der gesamten Befeuchtungsanlage nachzuweisen. Den hierfür geforderten Versicherungsschutz lehnte die Bekl. nach Einholung eines Gutachtens gegenüber der Kl. ab.
Das LG hat diese Klage ohne Beweisaufnahme vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass derzeit keine Deckungspflicht der Bekl. bestehe. Die Stadt N. mache gegenüber der Kl. einen Anspruch auf Nacherfüllung wegen nicht ordnungsgemäßer Ausführung des Werkvertrages geltend. Für die Abwehr eines solchen Gewährleistungsanspruchs bzw. für die Freistellung von einem derartigen Anspruch bestehe bedingungsgemäß kein Versicherungsschutz. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den sonstigen Versicherungsbedingungen.
2 Aus den Gründen:
Zu Recht hat das LG einen Anspruch der Kl. gegen die Bekl. aus § 100 VVG, Ziffer 2.6.1 AVB verneint. Dabei ist der gesamte Parteivortrag berücksichtigt worden. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
1. Der in zweiter Instanz weiterverfolgte Klageantrag ist auf Leistung gerichtet (Gewährung einer Deckungszusage). Der VN kann im Haftpflichtversicherungsrecht jedoch grundsätzlich nur auf Feststellung klagen, dass der VR wegen einer im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe (vgl. BGH NJW 1981, 870, 871; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2005, 907). Sich hiernach aufdrängende Zweifel an der Formulierung und Bestimmtheit des Klageantrags stellt der Senat einstweilen zugunsten der Kl. zurück.
2. Zutreffend hat die Vorinstanz ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Gewährung von Versicherungsschutz bislang nicht eingetreten sind.
a) Nach den im Streitfall maßgeblichen vertraglichen Grundlagen besteht Versicherungsschutz für die Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche und für die Freistellung der Kl. von berechtigten Schadensersatzverpflichtungen (Ziffer 2.6.1 AVB). Dieser Rechtsschutz- und Abwehranspruch entsteht nicht schon mit dem Versicherungsfall, sondern erst mit der Erhebung von Schadensersatzansprüchen wegen des Versicherungsfalls durch einen Dritten. Vorausgesetzt wird als Bedingung der Leistungspflicht also die konkrete Inanspruchnahme auf Schadensersatz (Ziffer 2.1 AVB), welcher – wie die Klausel in Ziffer 2.6.1 AVB verdeutlicht – auf die Zahlung einer Entschädigung an den anspruchstellenden Dritten gerichtet sein muss (vgl. hierzu auch BGH NJW-RR 2004, 1261, 1262 unter II. 1. b).
Wie das LG rechtsfehlerfrei festgestellt hat, macht die Stadt N. derzeit weder aus dem mit der Kl. im März 2014 geschlossenen ursprünglichen Werkvertrag noch aus einem etwaigen im Sommer 2019 geschlossenen gesonderten Vertrag über die Desinfizierung der Anlage – was ebenfalls einem Werkvertrag entspräche (§§ 631 ff. BGB) – einen Schadensersatzanspruch geltend. Sie verlangt vielmehr Nacherfüllung durch Beseitigung der festgestellten Mängel (§§ 634 Nr. 1, 635 Ab...