GG Art. 3 Abs. 1 Art. 20 Abs. 1 Art. 20a Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 Art. 80 Abs. 1 Art. 84 Abs. 1; StVG § 6a Abs. 5a; VwGO § 47 Abs. 5 S. 2; ParkgebVO § 1 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 1; Bewohnerparkgebührensatzung § 4 Abs. 1 bis 3 § 5 Abs. 1 bis 3; GebOSt Nr. 265 der Anlage zu § 1
Leitsatz
1. Bei den Gebühren für das Ausstellen von Parkausweisen für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel nach § 6a Abs. 5a S. 1 StVG handelt es sich um Verwaltungsgebühren.
2. Soweit § 6a Abs. 5a S. 2 StVG die Landesregierungen ermächtigt, für die Festsetzung der Gebühren Gebührenordnungen zu erlassen, ermächtigt er zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Art. 80 Abs. 1 GG.
3. Wird die Ermächtigung nach § 6a Abs. 5a S. 5 StVG auf Gemeinden als örtliche oder untere Straßenverkehrsbehörden weiter übertragen, können die Gemeinden die Gebührenordnungen nur als Rechtsverordnungen erlassen; soweit eine Delegationsverordnung stattdessen die Ausgestaltung als Satzung vorschreibt, ist sie ungültig.
4. § 6a Abs. 5a S. 3 StVG regelt die Kriterien und Zwecke, nach denen die Gebühren für das Ausstellen von Bewohnerparkausweisen festgesetzt werden können, abschließend und beschränkt diese auf die Zwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs; klimapolitische Lenkungszwecke und soziale Zwecke können daher zur Rechtfertigung der Gebührenhöhe nicht herangezogen werden.
BVerwG Urt. v. 13.6.2023 – 9 CN 2.22
1 Hinweis
aufgrund der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 47/2023 v. 13.6.2023: Der Antragsteller wohnt in der Stadt Freiburg im Bereich eines Bewohnerparkgebiets. Er ist Halter eines Kfz, für das er bereits bisher über einen Bewohnerparkausweis verfügte. Sein Normenkontrollantrag gegen die Bewohnerparkgebührensatzung vom 14.12.2021 blieb vor dem VGH Bad.-Württ. erfolglos (Urt. v. 13.7.2022 – 2 S 808/22, zfs 2022, 594). Auf die Revision des Antragstellers hat das BVerwG die Satzung für unwirksam erklärt. Die Gemeinden sind in Bezug auf Bewohnerparkgebühren, bei denen es sich um bundesrechtlich geregelte Gebühren nach dem StVG handelt, an die Vorgaben des Bundesgesetzgebers gebunden. Die Parkgebührenverordnung ist danach keine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Satzung, weil § 6a Abs. 5a StVG ausschließlich zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt. Darüber hinaus verletzt der Stufentarif den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die damit verbundenen starken Gebührensprünge bilden den je nach Fahrzeuglänge unterschiedlichen Vorteil nicht mehr angemessen ab. Für die Ermäßigung und den Erlass der Gebühren aus sozialen Gründen fehlt ebenfalls eine Rechtsgrundlage. Denn nach der maßgeblichen Norm des § 6a Abs. 5a StVG dürfen bei der Gebührenbemessung nur die Gebührenzwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs berücksichtigt werden. Eine Bemessung der Gebühren nach sozialen Zwecken hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Dies wäre nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG jedoch erforderlich gewesen.
Nicht beanstandet hat das BVerwG indes die Höhe der "Regelgebühr" in Höhe von 360 EUR. Angesichts des erheblichen Wertes eines wohnungsnahen Parkplatzes steht sie weder in einem groben Missverhältnis zum Gebührenzweck des Ausgleichs der mit dem Parkausweis verbundenen Vorteile noch ist sie vollständig von den zu deckenden Kosten der Ausweisausstellung abgekoppelt.
zfs 11/2023, S. 653