Zur Fahrtenbuchanordnung allg. s.a. Heinzeller, SVR 2023, 29. Zu einer auf Geschwindigkeitsmessung mit standardisiertem Messverfahren gestützten Fahrtenbuchanordnung und Zugang zu Rohmessdaten: BVerwG, Urt. v. 2.2.2023 – 3 C 14/21, zfs 2023, 414. Zur erfolglosen Verfassungsbeschwerde wegen fehlender "Rohmessdaten" bei Geschwindigkeitsmessung mit Hilfe des von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassenen mobilen Geschwindigkeitsmessgeräts des Typs Leivtec XV3: BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 20.6.2023 – 2 BvR 1167/20, zfs 2023, 422 (vgl. auch Anm. Niehaus, DAR 2023, 446 u. NZV 2023, 414 mit Anm. Sandherr, NZV 2023, 417). Mit ebenfalls am 20.6.2023 veröffentlichten Beschlüssen hat das BVerfG zwei ähnlich gelagerte Fälle entschieden, in denen Geschwindigkeitsmessgeräte der Typen PoliScan M1 HP (Az. 2 BvR 1082/21) und TraffiStar S350 (Az. 2 BvR 1090/21) zum Einsatz kamen. Dazu die wesentlichen Erwägungen des BVerfG (Az. 2 BvR 1167/20, vgl. Pressemitteilung Nr. 68/2023 v. 14.7.2023):
“Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung lässt eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers nicht erkennen.
1. Der Beschwerdeführer legt die gerügte Verletzung in seinem aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Recht auf ein faires Verfahren nicht hinreichend dar.
a) Das Recht auf ein faires Verfahren gewährleistet dem Betroffenen, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe staatlicher Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben worden ist.
b) Die geringeren Anforderungen an die Beweisführung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte nach der Rechtsprechungspraxis zu sogenannten standardisierten Messverfahren bei Geschwindigkeitsüberschreitungen genügen diesen Anforderungen an ein faires Verfahren, wobei der Betroffene grundsätzlich einen Anspruch auf Zugang zu den bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen hat.
aa) Das BVerfG hat bereits festgestellt, dass es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist, wenn Fachgerichte in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren von einer reduzierten Sachverhaltsaufklärungs- und Darlegungspflicht im Fall eines standardisierten Messverfahrens ausgehen.
Bei einem standardisierten Messverfahren handelt es sich um ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf derart festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Regelmäßig werden technische Messsysteme, deren Bauart von der PTB zur Eichung zugelassen ist, von den Gerichten als standardisierte Messverfahren insbesondere bei Geschwindigkeitsmessungen anerkannt. Kommt bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein standardisiertes Messverfahren zur Anwendung, sind nach der Rechtsprechung des BGH geringere Anforderungen an die Beweisführung und die Urteilsfeststellungen der Fachgerichte zu stellen. Das Tatgericht muss sich bei der Berücksichtigung der Ergebnisse von Geschwindigkeitsmessgeräten bewusst sein, dass Fehler nicht auszuschließen sind, und es hat diesem Umstand durch die Berücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung zu tragen. Davon abgesehen ist das Tatgericht nur dann gehalten, das Messergebnis zu überprüfen und sich von der Zuverlässigkeit der Messung zu überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind. Dabei bleibt der Anspruch des Betroffenen, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten verurteilt zu werden, gewahrt, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet ist, das Tatgericht im Rahmen seiner Einlassung auf Zweifel aufmerksam zu machen und einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen.
bb) Um dem aus dem Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren resultierenden Gedanken der "Waffengleichheit" hinreichend Rechnung zu tragen, hat der Betroffene in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren einen Anspruch auf Zugang auch zu den bei der Bußgeldbehörde vorhandenen, aber nicht zur Bußgeldakte genommenen Informationen.
Dabei gilt das Recht auf Zugang zu den außerhalb der Akte befindlichen Informationen gerade im Bereich massenhaft vorkommender Ordnungswidrigkeiten allerdings nicht unbegrenzt, weil andernfalls die Gefahr der uferlosen Ausforschung, erheblicher Verfahrensverzögerungen und des Rechtsmissbrauchs bestünde. Die begehrten, hinreichend konkret benannten Informationen müssen deshalb zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf stehen und zum anderen erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen. Die Bußgeldbehörden beziehungsweise die Fachgerichte haben im Einzelfall zu entscheiden, ob sich das den Geschwindigkeitsverstoß betreffende Zugangsgesuch der Verteidigung in Bezug au...