Die zulässige Klage ist unbegründet. Der seinen Prämienanspruch geltend machende VR kann sich nicht auf die Unwirksamkeit einer vom VN ausgesprochenen Kündigung wegen Fehlens eines Anschlussversicherungsnachweises gem. § 205 Abs. 6 VVG berufen, wenn er den VN nicht nachweisbar auf dessen Fehlen hingewiesen hat. So der Leitsatz des Urteils des BGH NJW 2015, 1105. Der Beklagte hat den Zugang/Erhalt des Schreibens vom 24.11.2015 bestritten. Insoweit fehlt es an einer eindeutigen Zurückweisung der Kündigung wegen Fehlens des Nachweises über die Erfüllung der Krankenversicherungspflicht. Die Kl. hat keinen Beweis dafür angeboten, dass dieses Schreiben mit der deutlichen Zurückweisung der Kündigung den Beklagten erreicht hat. Diese Hinweispflicht des VR umfasst nicht nur die Absendung eines entsprechenden Hinweisschreibens, sondern auch dessen Zugang beim VN. Die dem VN nach Treu und Glauben geschuldeten Informationen sind empfangsbedürftig.
Zwar hat die Kl. bereits im Schreiben vom 23.7.2015 auf die Notwendigkeit der Vorlage des Nachweises und etwaiger künftiger Folgen hingewiesen. Danach kam es unstreitig zu einem telefonischen Kontakt im September 2015.
Nach st. Rspr ist der VR verpflichtet, seinen Kunden bei unvollständiger, formunwirksamer, verspäteter oder aus anderem Grund ungültigen Kündigung unverzüglich über den Mangel zu informieren. Unterlässt er dies, wird die ansonsten ungültige Kündigung nach Treu und Glauben als wirksam angesehen.
Nach überwiegender Auffassung schafft der VR durch sein Untätigbleiben einen Vertrauenstatbestand. Der VN könne sich darauf verlassen, mit seinem Kündigungsschreiben alles getan zu haben, um das Vertragsverhältnis fristgerecht zu beenden. Zum beabsichtigten/von der Kl. angekündigten Vertragsende zum 1.12.2015 schwieg die Kl. – jedenfalls kann sie nicht nachweisen, dass sie den Beklagten ausdrücklich auf eine Unwirksamkeit der Kündigung hingewiesen habe.
Diese strengen Voraussetzungen für die ausdrückliche Aufklärung des VN ist auch deshalb notwendig, weil andernfalls der VR auf unabsehbare Zeit sich eines Zahlungsanspruchs rühmen könnte, dem keine Gegenleistung gegenübersteht, wenn und weil der VN tatsächlich – wie hier – gesetzlich krankenversichert ist. Es widerspricht Treu und Glauben, einen Zahlungsanspruch zu generieren – ohne Gegenleistung. Die Kl. trägt vorliegend seit 22.6.2015 für den Beklagten weder das Risiko, Heilbehandlungskosten für ihn zu übernehmen, noch gab es in dieser Zeit eine Kostentragung.
lnsofern verbietet nicht nur § 242 BGB einen Zahlungsanspruch der Kl., sondern darüber hinaus auch § 226 BGB – das Schikaneverbot: Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.
So ist es hier. Die Kl. verlangt für nicht von ihr zu tragende Risiken einen Prämienanspruch, derweil der Beklagte diese Prämien an einen anderen VR bereits gezahlt hat. Dies belegt die im Zuge der PKH-Beantragung vorgelegte Entgeltabrechnung, in der KV-Zahlungen ausdrücklich an die XX Krankenkasse aufgeführt sind und der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Nachweis der XX Krankenkasse über die seit 22.6.2015 dort ununterbrochen bestehende Kranken- und Pflegeversicherung.
zfs 11/2023, S. 637 - 638