Die Klage hat hinsichtlich des Zahlungsbegehrens nur eingeschränkt und hinsichtlich des Freistellungsbegehrens uneingeschränkt Erfolg. Aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Vollkasko-Versicherungsvertrages kann die Kl. von der Bekl. die Erstattung der ihr von der A mit Rechnung vom 10.9.2021 berechneten Kosten verlangen.
Nach den allgemeinen Bedingungen für die Kfz Versicherung der Bekl. (AKB) zur Nummer A.2.6.2 hat die Bekl. im Falle der Beschädigung des versicherten Fahrzeuges die für die Reparatur erforderlichen Kosten zu bezahlen. Erforderlich sind in diesem Zusammenhang sämtliche Kosten, die ein verständiger und vernünftiger VN auch dann zur vollständigen und fachgerechten Beseitigung der eingetretenen Schäden aufwenden würde, wenn er nicht kaskoversichert wäre, die jedoch technisch zur Wiederherstellung notwendig sind (Stiefel/Maier/Meinecke, Kraftfahrtversicherung AKB 2015 Rn 566).
Dies bedeutet regelmäßig, dass die Kosten einer Reparaturrechnung einer Fachwerkstatt erstattungsfähig sind. Dabei kann vom VN nicht gefordert werden, dass er ohne konkreten Anlass Nachforschungen darüber anstellt, ob eine solche Rechnung fehlerhaft ist, etwa weil nicht angefallene Kosten Gegenstand der Rechnung sind.
Hier hat die Kl. eine Fachwerkstatt aufgesucht. Die streitgegenständliche Rechnung vom 10.9.2021 bietet keinen Anlass dafür, dass die Kl. als technische Laiin Anhalt hatte, bei einzelnen Rechnungspositionen gegenüber der Reparaturfirma A zu remonstrieren. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass Verbringungskosten etwaig ohne Anlass abgerechnet wurden. Insbesondere kann der Kl. nicht angelastet werden, dass sie die Frage der etwaigen Einschaltung von Subunternehmern wie hier in Gestalt der Firma C nicht gegenüber der A aufgeworfen hatte. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Einschaltung von Subunternehmern in der Praxis des Wirtschaftslebens hierzulande gängig ist und bei der Abrechnung gegenüber dem Auftraggeber dies folglich keine Rolle spielt. Hierbei handelt es sich um den Ausfluss der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit des Auftragnehmers von Werkverträgen. Die Bekl. hat auch nicht vorgetragen, dass der Kl. diejenigen Kenntnisse zur Verfügung standen, die die Bekl. in anderweitigen Rechtsstreitigkeiten vor dem hiesigen Amtsgericht in Bezug auf das Zusammenwirken der Reparaturfirma A mit der Firma C gewonnen hatte. Mithin sind sämtliche in der Rechnung vom 10.9.2021 enthaltene Kostenposition einschließlich der Verbringungskosten als erforderlich im Sinne der Nummer A.2.6.2 der hier dem Vertragsverhältnis der Parteien zugrunde liegenden AKB zu betrachten.
Ein anderes Ergebnis würde auch dazu führen, dass die Kl. als VN faktisch in ein Versicherungsvertragsverhältnis gedrängt würde, welches Sonderkonditionen zum Gegenstand hat, etwa hinsichtlich der Werkstattbindung wie in der hier nicht einschlägigen Nummer A.2.6.3 der AKB der Bekl. vorgesehen. Denn die Kl. hätte dann keinerlei Vorteile aus einer solchen Abrede, da ein solcher Vertrag ausweislich des Versicherungsscheines … gerade nicht geschlossen war und die Kl. folglich auch nicht die entsprechende reduzierte Versicherungsprämie entrichtet hatte.
Auch lässt sich dem Versicherungsvertrag nicht entnehmen, dass die Kl. gegenüber der Bekl. die Verpflichtung hätte, etwaige Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung dem Grunde nach uneingeschränkt erstattungspflichtiger Schäden ohne Anlass die Berechtigung der einzelnen Rechnungspositionen kritisch zu überprüfen oder gar verdachtslos entsprechende Recherchen anzustellen.
Aus der Vertragstreuepflicht der Kl. folgt lediglich die Verpflichtung, die Bekl. bei der Durchführung von Regressansprüchen gegenüber einer Reparaturfirma, die möglicherweise ungerechtfertigt Rechnungspositionen eingestellt hatte, in zumutbarer Weise zu unterstützen. Ungeachtet der Legalzession des § 86 VVG zählt dazu auch die Abtretung etwaiger Ansprüche, da auch in Ansehung dieser gesetzlichen Regelung nicht auszuschließen ist, dass im Einzelfall Ansprüche der Bekl. als Versicherungsunternehmen aus Gründen der Anspruchszuordnung nicht durchsetzbar sind. Da die Bekl. hier gegenüber der A letztlich eine bewusst fehlerhafte Abrechnung unterstellt, könnten auch deliktische Ansprüche in Betracht kommen, die nicht notwendigerweise gemäß § 86 VVG auf die Kl. übergehen. Die daraus folgenden Unsicherheiten – mögen sie auch noch so gering sein – können durch die beklagtenseits geforderte Abtretung minimiert wenn nicht gar beseitigt werden. Eine solche Abtretung ist der Kl. ohne weiteres zumutbar.
Da sich die Kl. ausdrücklich gegen die geforderte Abtretung und den entsprechend formulierten Klagabweisungsantrag der Bekl. gestellt hat, unterliegt sie insoweit teilweise mit Ihrem Zahlungsbegehren …
zfs 11/2024, S. 628 - 629