II. Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
Die Beklagte haftet dem Kläger dem Grunde nach aus § 7 Abs. 1 StVG, wobei aufgrund eines Mitverschuldens des Klägers gemäß § 9 StVG, § 254 BGB von einer Haftungsverteilung von 75 : 25 zu seinen Lasten auszugehen ist. Anders als das Landgericht angenommen hat, tritt die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs nicht vollständig zurück.
Im Einzelnen:
1. Die erhobene Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hat das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse daran, die Haftung für die erlittenen Unfallfolgen dem Grunde nach feststellen zu lassen, da aufgrund seiner noch nicht abgeschlossenen Entwicklung derzeit noch nicht abzusehen ist, bis wann und in welchem Umfang sich Verletzungen und Schadensfolgen auswirken könnten.
2. Die Haftung der Beklagten für die unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden aus § 7 Abs. 1 StVG ist eröffnet, weil der Kläger beim Betrieb des von der Beklagten gehaltenen Fahrzeugs schwerst verletzt wurde und die Beklagte den Beweis der Verursachung durch höhere Gewalt gemäß § 7 Abs. 2 StVG nicht führen kann. Da der Kläger weder Halter noch Führer eines beteiligten Fahrzeuges war, kommt eine Anspruchskürzung nach § 17 StVG nicht in Betracht (vgl. nur BGH, Urt. v. 4.4.2023 – VI ZR 11/21, r+s 2023, 455 Rn 9). Der Kläger hat sich allerdings als Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn verkehrswidrig verhalten und dadurch die im Vordergrund stehende Schadensursache gesetzt. Das führt im Rahmen der Abwägung nach § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB zu einer Reduzierung der grundsätzlich vollen Haftung der Beklagten auf 25 %.
a) Die Abwägung der Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; ein Faktor bei der Abwägung ist dabei das beiderseitige Verschulden (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.2023 – VI ZR 203/22, r+s 2023, 265 Rn 29 m.w.N.).
Die Überzeugung nach § 286 Abs. 1 ZPO erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (BGH, Urt. v. 12.12.2023 – VI ZR 76/23, r+s 2024, 170 Rn 15; BGH, Urt. v. 23.6.2020 – VI ZR 435/19, VersR 2021, 1497 Rn 13). Wenn der Partei der unmittelbare Beweis einer Tatsache, die ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal als vorhanden ergibt, nicht gelingt, kann sich das Gericht eine entsprechende Überzeugung auch aufgrund von Indizien bilden. Das Gericht darf sich allerdings nur auf solche Indizien stützen, die unstreitig oder bewiesen, also sicher festgestellt sind.
b) In das Abwägungsverhältnis ist nach dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats zu Lasten des Klägers ein objektiv und subjektiv vorwerfbarer fahrlässiger Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO einzustellen.
Nach Maßgabe des § 25 Abs. 3 StVO muss ein Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn, auf der der Fahrzeugverkehr grundsätzlich Vorrang hat, besondere Vorsicht walten lassen. Er muss an nicht besonders vorgesehenen Überquerungsstellen auf den bevorrechtigten Verkehr Rücksicht nehmen und bei Annäherung eines Fahrzeuges warten. Er darf insbesondere nicht versuchen, noch kurz vor einem herannahenden Kraftfahrzeug die Fahrbahn zu überqueren (so OLG Hamm, Urt. v. 6.9.2019 – 7 U 18/17, BeckRS 2019, 51958 Rn 39 m.w.N.).
aa) Diesen Geboten ist der Kläger zunächst objektiv nicht gerecht geworden, da er jedenfalls den Fahrzeugverkehr der aus seiner Sicht Gegenrichtung, also in Fahrtrichtung der Beklagten beim Überqueren der B Straße nicht beobachtet hat. So haben bis auf den kindlichen Zeugen A, der glaubhaft aufgrund des unfallbedingten Schocks keinerlei Erinnerung an das Geschehen hat, alle Zeugen übereinstimmend bekundet, die Jungen seien aus dem Stichweg kommend über den Bürgersteig und zwischen den wartenden Fahrzeugen hindurch auf die Fahrbahn gerannt – mit dem entscheidenden Unterschied, dass (nur) der Zeuge A – wohl initiiert durch das warnende Hupen seitens des Zeugen E – rechtzeitig stehengeblieben ist. Diese glaubhaften Bekundungen der zufälligen Unfallzeugen stehen im Einklang mit den erst- und wiederholt zweitinstanzlichen unfallanalytischen Feststellungen des Sachverständigen C. Auf der Grundlage seiner technischen Analyse hat der Kläger die B Straße rennend, namentlich mit einer Geschwindigkeit von 13 km/h überquert. Diese Feststellung gründet sich zum einen auf die von dem Sachverständigen vorgenommene Schadensanalyse am Beklagtenfahrzeug, wonach die Anprallspuren und die Reihenfolge ihres Auftretens charakteristisch für eine hohe Gehgeschwindigkeit des Fußgängers sind, weil ein breiter Anstoßbereich vorliegt und sich von der Fahrzeugmitte bis zur äußersten rechten...