“… Der Bekl. ist verpflichtet, die monatlichen Prämien von 637,86 EUR bzw. (ab 2010) von 689,21 EUR für die bei der Kl. zum 1.4.2009 abgeschlossene private Krankenversicherung im Zeitraum von Juli 2009 bis Februar 2010 zu zahlen.
Der Bekl. hat die Vertragsabschlusserklärung nicht fristgerecht innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Versicherungsunterlagen widerrufen (§ 8 Abs. 1 S. 1 VVG n.F.). Zwar reicht zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung des Widerrufsschreibens (§ 8 Abs. 1 S. 2 VVG). Darüber hinaus muss der Widerruf dem VR allerdings zu irgendeinem Zeitpunkt zugehen (§ 130 BGB), was zur Beweislast des VN steht. Geht die erste, rechtzeitig abgesandte Erklärung verloren, muss der VN den Zugang herbeiführen, indem er die Erklärung unverzüglich wiederholt (vgl. Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 8, Rn 4 unter Hinweis auf die gleiche Rechtslage zu § 121 BGB … An der Unverzüglichkeit fehlt es, wenn der VN keine Erkundigungen über den Zugang des Widerrufs einzieht, obwohl er aus dem Verhalten des VR schließen muss, dass ihm kein Widerruf zugegangen ist (vgl. MüKo-BGB/Masuch, 5. Aufl., § 355, Rn 38 zum Widerruf bei Verbraucherverträgen).
Gemessen an diesen Grundsätzen liegt ein fristgerechter Widerspruch nicht vor. Es kommt nicht darauf an, ob das vom Bekl. vorgelegte Widerspruchsschreiben, das auf den 8.4.2009 datiert ist, fristgerecht – wie der Bekl. unter Beweisantritt behauptet – abgeschickt worden ist. Selbst wenn man dies als richtig unterstellt, fehlt es am Nachweis des Zugangs dieses Schreibens bei der Kl.. Ist davon auszugehen, dass die Kl. das Schreiben nicht erhalten hat, wäre der Bekl. gehalten gewesen, den Widerruf unverzüglich zu wiederholen, sobald er konkrete Anhaltspunkte dafür hatte, dass das Schreiben der Kl. nicht zugegangen ist. Vorliegend hat die Kl. – vom Bekl. bei seiner Anhörung vor dem LG bestätigt – die Monatsprämien zunächst von seinem Konto eingezogen. Als es zu Rückbelastungen gekommen ist, hat sie den Bekl. – wie von diesem bei seiner Anhörung ebenfalls zugestanden worden ist – mehrfach gemahnt. Auch wenn die Kl. sich erst mit der Berufung das Vorbringen des Bekl. zu Eigen gemacht haben sollte, ist es ungeachtet der Bestimmung des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen, weil die tatsächlichen Umstände unstreitig ist (vgl. BGHZ 177, 212 zur Einrede der Verjährung). Hat die Kl. den Bekl. aber zu einer Zeit deutlich nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist des § 8 Abs. 1 S. 1 VVG mehrfach gemahnt, musste dem Bekl. spätestens dann klar sein, dass der nach seiner Darstellung im April 2009 abgesandte Widerruf bei der Kl. nicht eingegangen war. Er hätte ihn spätestens nach Eingang der Mahnungen wiederholen müssen. Der erst im vorliegenden Rechtsstreit mit der Klageerwiderung (erneut) durch Vorlage des Widerspruchsschreibens v. 8.4.2009 ausgesprochene Widerruf war verspätet.
Die Kl. kann auf die ausstehenden Prämienzahlungen gem. § 193 Abs. 6 S. 8 VVG und § 8 (6) Abs. 1 S. 5 der einbezogenen MB/KK 2009 einen Säumniszuschlag von 1 % pro Monat beanspruchen. Zwar ist der Bekl. ab November 2010 nur noch im Basistarif versichert, nachdem die Kl. mit Schreiben v. 11.11.2009 nach vorausgegangenem Hinweis das Ruhen des Vertrages festgestellt hat (§ 193 Abs. 6 S. 2 VVG) und nicht ersichtlich ist, dass der Bekl. die innerhalb eines Jahres nach Beginn des Ruhens angefallenen Beiträge vollständig einschließlich der Säumniszuschläge und Beitreibungskosten ausgeglichen hat (vgl. § 193 Abs. 6 S. 9 VVG). Nach Voit (in Prölss/Martin, a.a.O., § 193 Rn 43 f.) soll Fortführung des Vertrags im Basistarif zur Folge haben, dass der Säumniszuschlag endet. Grund für die von Voit vertretene Ansicht ist offenbar die Annahme, dass mit dem gesetzlich angeordneten Wechsel in den Basistarif ein neuer Versicherungsvertrag zu Stande kommt; demgemäß vertritt Voit auch die Auffassung, dass ein VN, der die Prämien für den Basistarif zahlt, in diesem Tarif Leistungsansprüche auch dann hat, wenn die Prämien für den früheren Tarif noch nicht nachgezahlt worden sind (a.a.O., Rn 44). Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die gesetzlichen Bestimmungen über den Säumniszuschlag enthalten keine Regelung über eine zeitliche Begrenzung. Den gegenüber den gesetzlichen Verzugszinsen höheren Säumniszuschlag schuldet der VN als Ausgleich dafür, dass der VR sich von der Versicherung, mit der der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 VVG genügt werden soll, nicht einseitig durch eine Kündigung lösen kann (§ 206 Abs. 1 S. 1 VVG), sondern den VN weiter zu versichern und ihm während des Ruhens auch die Aufwendungen für eine Notfallversorgung i.S.v. § 193 Abs. 6 S. 6 VVG zu erstatten hat (vgl. MüKo-VVG/Kalis, § 193 Rn 36). Diese Verpflichtung besteht auch nach Weiterführung des Vertrags im Basistarif fort (§ 193 Abs. 6 S. 10 VVG). Demgemäß stellt sich die “Rückstufung‘ in den Basistarif nicht als Abschluss eines neuen Vertrages, sondern, wie schon der Wortlaut des § 193 Abs. 6 S. 9 VVG nahe legt, als Fortsetzung des bisherig...