" … II. … 1. Der Kl. macht geltend, da zwischen dem Verkehrsverstoß bzw. der Einstellung des Bußgeldverfahrens und dem angefochtenen Bescheid mehr als 15 Monate verstrichen seien, sei die Fahrtenbuchanordnung nicht mehr zulässig gewesen. Mit diesem Einwand habe sich das VG nicht auseinandergesetzt. Bei den von diesem zitierten Entscheidungen des Senats sei ein längerer Zeitraum zwischen dem Erlass des Bescheids und der gerichtlichen Entscheidung vergangen gewesen. Der vorliegenden Fall weise unter diesem Gesichtspunkt rechtliche Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf."
Dieser Vortrag verhilft dem Antrag nicht zum Erfolg. Zwar trifft der Einwand des Kl. zu, dass die vom VG genannten Entscheidungen des Senats (Urt. v. 13.9.1993 – 12 L 7041/91 und v. 12.6.1995 – 12 L 3139/95) vorliegend nicht einschlägig sind. In den Fällen, in denen wegen der Erhebung der Klage gegen den Bescheid und ggf. des anschließenden Rechtsmittelverfahrens ein erheblicher Zeitraum seit Tatbegehung bis zur endgültigen Entscheidung verstreicht, wird die weiter bestehende Verhältnismäßigkeit nämlich insb. damit begründet, dass es anderenfalls der Kl. in der Hand hätte, allein durch das Ausschöpfen von Rechtsmitteln die streitige Anordnung zu Fall zu bringen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.7.1995 – 11 B 18.95, NJW 1995, 3402 für einen Zeitraum von fast 3 ½ Jahren zwischen Verkehrsverstoß und Berufungsverhandlung). Dagegen ist denkbar, dass für die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage der zwischen der Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit/Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens und der Anordnung der Fahrtenbuchauflage verstrichene Zeitraum relevant sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.1991 – 3 B 108.91, zfs 1992, 286) und eine Fahrtenbuchauflage als Mittel der Gefahrenabwehr nach Vergehen eines erheblichen Zeitraums als unverhältnismäßig anzusehen ist. Dieses ist aber vorliegend, da zwischen der Begehung des mit einem Punkt zu wertenden Verkehrsverstoßes (6.8.2009) und dem angefochtenen Bescheid (16.3.2011) gut 19 Monate und zwischen der Einstellung des Bußgeldverfahrens (5.11.2009) und der Fahrtenbuchanordnung gut 16 Monate liegen, (noch) nicht der Fall. Der zeitliche Abstand hält sich vielmehr im Rahmen dessen, was der Senat in vergleichbaren Konstellationen als (noch) verhältnismäßig angesehen hat (zu einem Zeitraum v. 18 Monaten vgl. Beschl. v. 23.7.2013 – 12 LA 154/12; v. 16 Monaten: Beschl. d. Sen.v. 26.4.2013 – 12 LA 267/12, v. 31.1.2013 – 12 LA 149 /12 und v. 6.2.2012 – 12 LA 74/11; v. 15 Monaten: Beschl. d. Sen.v. 12.8.2013 – 12 LA 253/12; v. 13.11.12 – 12 LA 22/12 und v. 21.3.2012 – 12 LA 71/11). Der Umstand, dass es innerhalb dieses Zeitraums offenbar nicht zu einem weiteren vergleichbaren Vorfall gekommen ist, erlaubt nicht die Annahme, das Führen des Fahrtenbuchs sei funktionslos (geworden). Hier sind keine Umstände dargetan oder sonst ersichtlich, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Vor dem Hintergrund, dass – wie dargelegt – ab einem gewissen Zeitraum die Auferlegung eines Fahrtenbuchs tatsächlich unverhältnismäßig sein kann, ist es auch nicht willkürlich, dass sich der Bekl. – wie der Kl. geltend macht – offenbar entschieden hat, Vorfälle aus dem Jahr 2008 im Jahr 2011 nicht mehr zu verfolgen.
Auch eine Verwirkung mit Blick auf den Vertrauensgrundsatz kommt vorliegend nicht in Betracht. Der bloße Zeitablauf vermag eine Verwirkung nicht zu begründen. Vielmehr muss neben das Zeitmoment ein schutzwürdiges Vertrauen begründendes Umstandsmoment treten. Im vorliegenden Fall hat der Bekl. aber kein Verhalten gezeigt, aus dem der Kl. den Schluss ziehen konnte, es solle von einer Fahrtenbuchauflage abgesehen werden.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn sie in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist sowie im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Der Zulassungsantrag muss eine konkrete Frage aufwerfen, deren Entscheidungserheblichkeit erkennen lassen und (zumindest) einen Hinweis auf den Grund enthalten, der das Vorliegen der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll. Der Kl. hat vorliegend eine sich nach seiner Auffassung stellende Frage schon nicht konkret benannt. Zudem wäre die denkbare Frage der Verhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage, die erst geraume Zeit nach dem zugrundeliegenden Verkehrsverstoß verfügt wird, auch einer allgemein-abstrakten Klärung nicht zugänglich, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls (notwendige Dauer der Ermittlungen, Geschäftsbelastung der betroffenen Behörde, Verhalten des Fahrzeughalters etc., vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.1991 – 3 B 108.91, zfs 1992, 286) zu beantworten. … “
Hinweis: Vgl. zur Problematik auch die nachstehende Entscheidung des VG Sigmaringen.
zfs...