StVG § 24a, StPO § 81a
Leitsatz
1. Die unterbliebene Belehrung des Betr. über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung führt nicht zur Unverwertbarkeit der Messung, da eine entsprechende Belehrungspflicht nicht besteht.
2. Nur bei konkreten Anhaltspunkten über ein Vorspiegeln der Mitwirkungspflicht oder das bewusste Ausnutzen eines Irrtums des Betr. über eine solche Pflicht seitens der Ermittlungsbehörde kommt eine Unverwertbarkeit der Messung in Betracht.
KG, Beschl. v. 30.7.2014 – 3 Ws (B) 356/14 – 122 Ss 106/14
1 Aus den Gründen:
" … Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Feststellungen zum Atemalkohol auf einem standardisierten Messverfahren beruhen. So teilt das AG mit, dass das verwendete Atemalkoholmessgerät zum Zeitpunkt der Messung geeicht war und dass die Polizeibeamten den Betr. auf die nächste Gefangenensammelstelle mitnahmen, “um dort mit einem Dräger-Messgerät eine beweissichere [Hervorhebung durch den Senat] Messung durchführen zu lassen.‘ Dass das AG das Fabrikat des Atemalkoholmessgeräts nicht mitteilt, ist deshalb unschädlich."
Die nicht erfolgte Belehrung des Betr. über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung hat nicht deren Unverwertbarkeit zur Folge. Das OLG Brandenburg hat in einem Beschl. v. 16.4.2013 (VRS 124, 340) zutreffend darauf hingewiesen, dass keine entsprechende Pflicht zu einer Belehrung des Betr. besteht (vgl. auch Ciernak/Herb, NZV 2012, 409) und eine ohne Belehrung durchgeführte Atemalkoholmessung grds. beweisverwertbar ist. Konkrete Anhaltspunkte, dass die Ermittlungsbehörden dem Betr. vorliegend eine Mitwirkungspflicht vorgespiegelt oder einen Irrtum über eine solche Pflicht bewusst ausgenutzt haben, liegen nicht vor. Da dem Senat keine entgegenstehende Rspr. des EGMR bekannt ist, war eine entsprechende Vorlage an den Gerichtshof nicht veranlasst.
Das übrige Vorbringen des Betr. ist urteilsfremd und kann der Rechtsbeschwerde somit nicht zum Erfolg verhelfen. … “
Mitgeteilt von den Mitgliedern des 3. Strafsenats des KG Berlin
2 Anmerkung:
Die zur Belehrung über die Freiwilligkeit bestehende Gegenansicht (LG Freiburg NZV 2009, 614; AG Frankfurt a.M. Blutalkohol 47, 435) wird auch hier zu Recht und mit Hinweis auf Cierniak/Herb (NZV 2012, 409) und entsprechend ergangene Rspr. abgelehnt (so auch AG Michelstadt NZV 2012, 97). Unter Berücksichtigung des nemo-tenetur-Prinzips (BGH NJW 1986, 2261; BGH NStZ 2004, 392) darf ein Beschuldigter nicht zu einem Atemalkoholtest gezwungen werden (BGH VRS 39, 184), auch nicht in Bußgeldsachen (Gürtler in: Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 55 Rn 8). Davon unabhängig ist die Belehrungspflicht zu beurteilen. Wenn wie in der StPO eine solche nur in Ausnahmefällen explizit geregelt ist, besteht eine Regelungslücke nicht (Cierniak/Herb, NZV 2012, 409, 412 f.). Belehrt werden muss der Betr. höchstens über sein Recht, die Abgabe der Atemalkoholmessung zu verweigern (vgl. OLG Karlsruhe NStZ 2005, 399). Dann würde eben die Maßnahme nach § 81a StPO angeordnet.
Ein Beweisverwertungsverbot könnte nur dann bestehen, wenn besondere Umstände vorliegen, etwa bei Rechtsmissbräuchlichkeit oder Willkür (vgl. OLG Hamm NJW 1967, 1524; Cierniak/Herb, NZV 2012, 409, 413). Das muss aber konkret festgestellt bzw. gerügt werden.
RiAG Dr. Benjamin Krenberger
zfs 1/2015, S. 48 - 49