" … Die Bekl. schuldete eine umfassende Beratung des Kl. zum Thema “Kraftfahrtversicherung’. Während nach einer Novelle des StVG im Jahr 2002 alle Insassen des Fahrzeugs in die Gefährdungshaftung aus § 7 StVG einbezogen sind und somit Versicherungsschutz aus der Kfz-Haftpflichtversicherung besteht, ist dies für den Fahrer nicht der Fall. Hier sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen einem verletzten Fahrer keine Schadensersatzansprüche gegen Dritte zustehen. Diese Lücke wird durch die von den meisten Kfz-Versicherern angebotene preiswerte Möglichkeit einer Fahrerschutzversicherung geschlossen (vgl. hierzu Maier, Die Fahrerschutzversicherung – Neue Wege beim Versicherungsschutz für den Fahrer (zugleich Anm. zu OLG Koblenz r+s 2014, 223; r+s 2014, 219)). Zwar ist die Fahrerschutzversicherung eine freiwillige und eigenständige Zusatzversicherung (Restschadensversicherung) zur Kfz-Versicherung bei gleichzeitigem Bestehen einer Kfz-Haftpflichtversicherung (u.U. auch Kaskoversicherung). Es handelt sich um eine als Schadenversicherung ausgeprägte spezielle Unfallversicherung zur Absicherung des berechtigten Fahrers, die sich hinsichtlich ihres Leistungsvolumens nicht an festen Summen, sondern an den Grundsätzen der Schadenversicherung mit näher bestimmten Anrechnungs- und Verrechnungsmodalitäten orientiert (vgl. Jahnke, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl. 2016, vor § 249 BGB Rn 181). Dass der Fahrerschutz nicht nur nach allgemeinem Verständnis, sondern auch nach dem Verständnis der Bekl. vom Thema “Kfz-Versicherung’ mit umfasst ist, zeigt eindrucksvoll auch der vorgelegte Versicherungsschein v. 12.12.2014, in dem unter dem Oberbegriff “Versicherungsumfang’ neben der Kfz-Haftpflichtversicherung, dem Schutzbrief, der Vollkaskoversicherung, dem Ausland-Schadensschutz und dem PLUS Baustein auch der Fahrerschutz aufgeführt ist. Damit hätte der Versicherungsvertreter der Bekl., dessen Verhalten sich die Bekl. nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, im Rahmen einer umfassenden Beratung über eine Kfz-Versicherung auch auf die Möglichkeit einer Fahrerschutzversicherung hinweisen müssen und den Kl. darüber aufklären müssen, welche Risiken dadurch zusätzlich abgedeckt werden können. Der Umstand, dass bezüglich des Fahrerschutzes im Versicherungsschein “Nicht versichert’ vermerkt ist, steht dem nicht entgegen. Der Kl. hat insoweit vorgetragen, er habe nie zuvor von einer Fahrerschutzversicherung gehört und habe mit dem Begriff nichts anfangen können. In der Tat ist das Versicherungsprodukt der Fahrerschutzversicherung unter der Bevölkerung noch nicht so weit verbreitet, dass man davon ausgehen könnte, dass mit dem Schlagwort “Fahrerschutz’ eine konkrete Vorstellung von den damit versicherten Risiken verbunden wäre."
Der Kl. hat auch dargelegt, dass er – wäre er durch den Versicherungsvertreter der Bekl. auf die Möglichkeit einer Fahrerschutzversicherung hingewiesen und über die hierdurch versicherten Risiken beraten worden – auch angesichts der vergleichsweise günstigen Beiträge eine solche Versicherung abgeschlossen hätte.“
Mitgeteilt von RA Thomas Scherer, Osthofen
zfs 1/2017, S. 36 - 37