VVG § 116 Abs. 1 S. 2 § 86 Abs. 1; AKB § 2b Abs. 1b und 1c § 3; BGB § 426 Abs. 2 § 823 Abs. 1 § 827
Leitsatz
1. Der ein Kfz unerlaubt nutzende Fahrer ist beweispflichtig dafür, dass er zum Zeitpunkt des Schadensereignisses schuldunfähig war.
2. Steht eine Blutprobe wegen des langen Zeitraums zwischen Schadensereignis und Inanspruchnahme des Fahrers nicht mehr zur Verfügung, führt das nicht zu Beweiserleichterungen für den Fahrer.
3. Die Verjährung des Regressanspruchs des Kfz-Haftpflichtversicherers beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch des Dritten erfüllt worden ist.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.6.2016 – 1 W 15/16
Sachverhalt
Die Kl. ist Kfz-Haftpflichtversicherer und Kaskoversicherer für das Kfz des A. Während des Besuchs eines Autohauses nahm der Bekl. den dort einem Mitarbeiter überlassenen Kraftfahrzeugschlüssel an sich und fuhr davon. Einen Tag später entdeckten Polizeibeamte das Kfz auf einem Pendlerparkplatz, blockierten es mit zwei Einsatzfahrzeugen und forderten den Bekl. auf, den Motor abzustellen und ihnen die Ausweispapiere vorzulegen. Der Bekl. fuhr jedoch unerwartet los und rammte zunächst ein, später auf der Flucht das andere Einsatzfahrzeug. Der Bekl. war nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis und stand unter dem Einfluss von zuvor konsumiertem Morphin, Heroin und Cannabis. Die Kl. regulierte den Kaskoschaden des A im Januar 2012 und den Kfz-Haftpflichtschaden im Oktober 2012.
2 Aus den Gründen:
" … Am 18.12.2011 kam es auf einem Pendlerparkplatz … und kurz hinter der Autobahnausfahrt W jeweils zur Beschädigung eines Polizeieinsatzwagens. Hieran beteiligt waren der Bekl. als Fahrer eines bei der Kl. haftpflicht- und vollkaskoversicherten Fahrzeugs, welches im Eigentum des X stand, und zwei Polizeifahrzeuge."
Das LG hat zu Recht dem Bekl. die nachgesuchte Prozesskostenhilfebewilligung verweigert. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO. Sie erscheint hinsichtlich der behaupteten Unzurechnungsfähigkeit im Zeitpunkt des Schadensfalls sowie im Hinblick auf die erhobene Einrede der Verjährung chancenlos. Insb. spricht der Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakte 62 Js 701/11 nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand für die Annahme, dass der Bekl. während den streitgegenständlichen Schädigungshandlungen verschuldensfähig war. Auch der Verjährungseinwand des Bekl. geht fehl.
Das LG hat in dem angefochtenen Beschl. sowie in seiner Nichtabhilfeentscheidung v. 8.4.2016 in detaillierter Form und sachlich zutreffend im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen das Prozesskostenhilfegesuch des Bekl. nicht positiv beschieden werden kann. Es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Prognose, dass es dem Bekl. gelingen wird, auch nur teilweise die Durchsetzung der klägerischen Forderung aufgrund der Schadensfälle v. 18.12.2011 durch tatsächliche und rechtliche Einwendungen zu verhindern. Mit seinem Beschwerdevorbringen wiederholt der Bekl. im Wesentlichen die Argumente, mit welchen sich das LG bereits eingehend auseinandergesetzt hat.
Die Kl. kann nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ihre Forderung i.H.v. 20.278,61 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.4.2013 mit Erfolg geltend machen. In ihrer Eigenschaft als Haftpflichtversicherer steht ihr gegen den Bekl. ein im Rahmen der gemeinsamen Gesamtschuld bestehender Ausgleichsanspruch gem. § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 115 Abs. 1 S. 4, 116 Abs. 1 VVG i.H.v. 12.900,25 EUR zu. Gem. § 3 Abs. 1, Abs. 3 AKB wird der Bekl. als “sonstige Person’ wie der eigentliche VN behandelt. Im Innenverhältnis wird die Kl. deshalb gem. § 28 Abs. 2 VVG von der Zahlung frei, wenn “die sonstige Person’ eine Obliegenheit vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Als unberechtigter Fahrer ohne gültige Fahrerlaubnis hat er sowohl gegen § 2b Abs. 1 lit. b) AKB als auch gegen § 2b Abs. 1 lit. c) AKB verstoßen. Da er unter dem Einfluss von Morphin, Heroin und Cannabis stand, hat er darüber hinaus § 2b Abs. 1 lit. e) AKB verletzt. Aufgrund der Tatsache, dass der Bekl. das Fahrzeug durch einen strafbewehrten Diebstahl erlangte, entfällt gem. § 2b Abs. 2 S. 2 AKB jegliche Eigenhaftung der Kl. In Ihrer Eigenschaft als Kaskoversicherer kann sie gegen den Bekl. einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, § 86 Abs. 1 VVG i.H.v. 7.428,36 EUR aus übergangenem Recht geltend machen. Durch die Beschädigung des im Eigentum des Herrn R. stehenden Fahrzeugs ist diesem ursprünglich ein Anspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB gegen den Bekl. entstanden. Nachdem die Kl. diesen Schaden ausweislich des Schreibens v. 4.1.2012 reguliert hatte, ging der Anspruch gem. § 86 Abs. 1 VVG auf sie über. Der Zinsanspruch besteht gem. §§ 288 Abs. 1, 286 BGB. Der Bekl. ließ die mit der Zahlungsaufforderung vom 28.2.2013 gesetzte Frist zum 8.4.2013 verstreichen, sodass er sich ab dem 9.4.2013 in Verzug befand.
Zwar hat der Bekl. eine seinerseits bestehende Verschuldensfähigkeit im Zeitpunkt der Schaden...