Es handelt sich um die erste Entscheidung des BGH, die zu einem Problem der Anwaltsvergütung in Bußgeldverfahren Stellung nimmt. Der gut begründeten Entscheidung ist zuzustimmen.
I. Zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG
1. Gebührenanfall
Nach Nr. 5115 VV RVG erhält der Rechtsanwalt unter den in Abs. 1 der Anm. aufgeführten Voraussetzungen eine zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde erledigt oder die Hauptverhandlung entbehrlich wird. Der vom BGH in seinem Urteil mehrfach erwähnte Begriff der "Erledigungsgebühr" sollte besser nicht verwendet werden, um Verwechselungen mit der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG vorzubeugen.
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach Abs. 3 S. 1 der Anm. zu Nr. 5115 VV RVG nach dem Rechtszug, in dem die Hauptverhandlung vermieden wurde. Der Pflichtverteidiger erhält damit eine Festgebühr. Für den Wahlverteidiger bemisst sich die zusätzliche Gebühr nach Abs. 3 S. 2 der Anm. zu Nr. 5115 VV RVG nach der Rahmenmitte. Sie ist damit ebenfalls praktisch eine Festgebühr, da die Mittelgebühr auch dann anzusetzen ist, wenn die nach § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände über- oder unterdurchschnittlich sind, vgl. hierzu AG Hamburg RVGreport 2006, 351 = AGS 2006, 439; Burhoff, RVGreport 2005, 401; a.A. AG Viechtach/LG Deggendorf RVGreport 2005,431 = AGS. 2005, 504 m. Anm. N. Schneider.
2. Mitwirkung des Rechtsanwalts
Hinsichtlich des erforderlichen Umfangs der vom RA zu erbringenden Mitwirkung hat sich der BGH der h.M. in Rspr. und Literatur angeschlossen.
Nach Auff. der Literatur ist für eine "Mitwirkung" i.S.d. Nr. 5115 VV RVG auch ausreichend, wenn eine Einlassung mit Einstellungsantrag abgegeben wird, s. AnwK-RVG/N.Schneider, 4. Aufl., Nr. 5115 VV RVG Rn 29; Burhoff, RVG in Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., Nr. 5115 VV RVG Rn 10; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., Nr. 5115 VV RVG Rn 15.
Zutreffend weist der BGH darauf hin, dass es für das Entstehen der zusätzlichen Gebühr ausreicht, wenn eine einmal erbrachte Mitwirkung bei der Einstellung des Verfahrens fortwirkt. Dies gilt auch für eine im Ermittlungsverfahren erbrachte Mitwirkung des Verteidigers, die dann erst im gerichtlichen Verfahren zur Einstellung führt, so AnwK-RVG/N.Schneider, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG Rn 40; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG Rn 9; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 18. Aufl. , Nr. 4141 VV RVG Rn 11; ähnlich auch LG Düsseldorf JurBüro 2007, 83; a.A. wohl Riedel/Sußbauer/Schmahl, RVG, 9. Aufl., Teil 5 VV RVG Rn 61, der einen "eigenständigen Beitrag" des Verteidigers für erforderlich hält.
II. Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG
Nicht zur Entscheidung stand die in der Praxis höchst umstrittenen Frage, ob durch die Einstellung des strafverfahrensrechtlichen Ermittlungsverfahrens und die Abgabe der Sache an die Bußgeldbehörden im Strafverfahren auch die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG entstanden ist (zum Streitstand s. Burhoff, a.a.O., ABC-Teil: Angelegenheiten (§§ 15 ff.), Rn 14; Burhoff, RVGreport 2007, 161). Dies wird von der h.A. in der Rspr. bejaht, so etwa AG Regensburg RVGreport 2006, 274 = AGS 2006, 125; AG Köln zfs 2006, 646 m. Anm. Madert; AG Hannover RVGreport 2006, 230 = AGS 2006, 235; LG Osnabrück zfs 2008, 711 und AG Lemgo zfs 2008, 712 m. Anm. Hansens, nachfolgend; AG Nürnberg zfs 2006, 345 für die Vorgängerregelung des § 84 Abs. 2 BRAGO, von den Rechtsschutzversicherungen aber immer wieder in Abrede gestellt. Eine klärende Entscheidung des BGH wäre auch hier angebracht.
Heinz Hansens