“ … [8] Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Anwalt der Klägerin die Erledigungsgebühr nach Nr. 5115 VV RVG zustand und hierfür die Beklagte als Rechtsschutzversicherung aufzukommen hat.
[9] 1. Gem. Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG entsteht die Erledigungsgebühr als zusätzliche Gebühr, wenn das Ordnungswidrigkeitenverfahren durch die anwaltliche Mitwirkung endgültig eingestellt wird. Nach Nr. 5115 Abs. 2 VV RVG entsteht sie nicht, wenn eine auf Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit des Anwalts nicht ersichtlich ist.
[10] a) Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG übernimmt, wie die für das Strafverfahren gleich lautende Bestimmung der Nr. 4141 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG, den Grundgedanken der Regelung des § 84 Abs. 2 BRAGO (vgl. Entwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BT-Drucks 15/1971, 227 zu Nr. 4141 VV). Diese war geschaffen worden, um Tätigkeiten des Verteidigers zu honorieren, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung und damit beim Verteidiger zum Verlust der Hauptverhandlungsgebühr führten (vgl. Entwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen, BT-Drucks 12/6962, 106). Sie galt gem. § 105 Abs. 2 S. 3 BRAGO auch für das Ordnungswidrigkeitenverfahren. Die Neuregelung in Nr. 5115 und Nr. 4141 VV RVG hat diesen Ansatz aufgegriffen, indem dem Rechtsanwalt in den dort genannten Fällen eine zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr zugebilligt wird. Die Zusatzgebühr der Nr. 5115 VV RVG soll, wie die Vorgängerregelung, den Anreiz, Verfahren ohne Hauptverhandlung zu erledigen, erhöhen und damit zu weniger Hauptverhandlungen führen (vgl. BT-Drucks 15/1971, 227 f. zu Nr. 4141 VV).
[11] b) Nach einhelliger Ansicht in Rspr. und Schrifttum bedeutet Mitwirkung i.S.d. Nr. 5115 VV RVG, dass der Verteidiger durch seine Tätigkeit die endgültige Einstellung des Verfahrens zumindest gefördert haben muss. Es genügt hierfür jede Tätigkeit, die zur Förderung der Verfahrenserledigung geeignet ist (LG Stralsund AGS 2005, 442; AnwK-RVG/N. Schneider, 3. Aufl., VV 5115 Rn 28; Burhoff, RVG, 2. Aufl., Nr. 5115 VV Rn 9 f., 15; Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., Nr. 5115 VV Rn 6; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., Nr. 5115 Rn 1; Hartung, in: Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., Nr. 5115 Rn 8, 15; Enders, JurBüro 2006, 393, 395; ebenso zu § 84 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BRAGO OLG Düsseldorf RPfleger 2003, 41; LG Köln RPfleger 2001, 452; AG Hamburg MDR 1999, 831, 832). Die Abgabe einer Einlassung mit Einstellungsantrag, wie vorliegend die beiden Schriftsätze vom 1.6. und 27.6.2005, ist ausreichend (AnwK-RVG/N. Schneider, a.a.O. Rn 29; Burhoff, RVG, a.a.O. Rn 10; Hartung, a.a.O. Rn 15).
[12] c) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass hinsichtlich der Erledigungsgebühr der Nr. 1002 VV RVG eine anwaltliche Mitwirkung nur dann für gegeben erachtet wird, wenn der Anwalt eine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit entfaltet hat (BFH BFH/NV 2007, 1109, 1110; BSG JurBüro 2007, 584 f. = zfs 2007, 86 [auch zur gleich lautenden Bestimmung der Nr. 1005 VV RVG]; AnwK-RVG/Wolf, a.a.O. VV 1002 Rn 18). Nr. 1002 VV RVG betrifft u.a. Verwaltungsstreitigkeiten, deren Gegenstand ein begehrter oder ein mit einem Rechtsbehelf angefochtener oder abgelehnter Verwaltungsakt ist. Diese Regelung geht auf § 24 BRAGO zurück (BT-Drucks 15/1971, 204 f. zu Nr. 1002 VV) und stimmt nicht mit Nr. 5115 VV RVG überein, so dass sich die zu Nr. 1002 entwickelten Rechtsgrundsätze nicht auf Nr. 5115 VV RVG übertragen lassen. Nr. 1002 VV RVG weist keine den Grad der Mitwirkung konkretisierende Regelung auf, wie sie in Nr. 5115 Abs. 2 und Nr. 4141 Abs. 2 VV RVG ausdrücklich aufgenommen wurde. Nach Nr. 5115 Abs. 2 VV RVG genügt für das Anfallen der Zusatzgebühr ein Beitrag “zur Förderung des Verfahrens’. Dies ist ersichtlich weniger als eine Mitwirkung “zur Erledigung’ des Verfahrens (Hartmann, a.a.O.). Dementsprechend wurde auch bereits zu § 84 Abs. 2 BRAGO der Standpunkt vertreten, dass der Gesetzeswortlaut dieser Bestimmung an die Mitwirkung des Rechtsanwalts geringere Anforderungen stellt als im Falle des § 24 BRAGO (AG Hamburg MDR 1999 a.a.O.). Sinn und Zweck der Regelung der Nr. 5115, den Verteidiger zu einer frühzeitigen Hinwirkung auf eine Verfahrenseinstellung zu bewegen, sprechen ebenfalls dafür, den zu Nr. 1002 VV RVG entwickelten Maßstab einer qualifizierten erledigungsgerichteten Mitwirkung nicht auf die hier vorliegende Fallgestaltung zu übertragen.
[13] 2. Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht notwendig, dass die zur Förderung des Verfahrens gebotene Tätigkeit gesondert für das Ordnungswidrigkeitenverfahren erfolgt. Erforderlich ist nur, dass die Tätigkeit auch die Ordnungswidrigkeit betroffen hat. Die beiden Schriftsätze des Anwalts der Klägerin haben sich mit der Frage befasst, ob die Klägerin den Verkehrsunfall fahrlässig herbeigeführt hat. Dies wurd...